Dienstag, 29. September 2015

Istrien-Special, Teil 3: Der Westen

copyright 2015 Robert Bock
Im ersten Teil meines Istrien-Specials habe ich Euch mit Land und Leuten, mit Istriens Gastronomie und mit Istriens kulinarischen Spezialitäten in Grundzügen vertraut gemacht. Im zweiten Teil habe ich Euch in den Osten der größten Halbinsel der Adria entführt.
Heute führen unsere kulinarischen Streifzüge in den Westen Istriens. Auf der Landkarte erkennt Ihr die Lage der Lokale anhand der roten Sterne.
Der Westen Istriens ist eine Gegend landschaftlich gänzlich anderen Charakters als Zentralistrien und des Ostens; zudem stärker vom Fremdenverkehr geprägt.

Massentourismus verändert auch die Gastronomie einer Gegend - und das qualitativ nicht zwingend zu ihrem Vorteil. Vor allem dann nicht, wenn das Publikum überwiegend geringe kulinarische Ansprüche zu stellen scheint und die Qualität eines Lokals in erster Linie an der Portionsgröße bei zugleich niedrigen Preisen und fußläufiger Nähe zum Strand oder Campingplatz misst, damit man sich kollektiv volllaufen lassen kann und keiner fahren muss ...
von Robert Bock

Quelle: Wikicommons, Public Domain
Es gibt in der Tat auch im Westen Istriens - wie überall in touristisch geprägten Regionen dieser Welt - Unmengen an erbärmlich schlechten Lokalen. Man erkennt sie meist mit geschultem Blick von außen schon und kann sie meiden. Die Perlen unter den Lokalen zu finden, die authentische, ehrliche istrische Küche aus guten heimischen Zutaten anbieten, ist hingegen nicht einfach. Das mußten wir auch in diesem Sommer erfahren: es war nur eine einzige Konoba im Westen dabei, die uns einen zweiten Besuch wert war. Dies vor allem wegen einer Spezialität des Hauses, die neben den Labinske Krafe in Krsan (siehe Teil 2), die große kulinarische Entdeckung dieses Sommerurlaubs war ...

copyright 2015 Robert Bock
Es handelt sich hierbei um ein Stockfischpüree, das in der Konoba Milena in Bačva - zugehörig zum Ort Višnjan in ländlicher Idylle im erweiterten Einzugsgebiet von Poreč gelegen - als Vorspeise in zwei Varianten angeboten wird: "Natur" (25 Kuna/3,31 EUR für vier Kugeln) und als "Mix-Teller". Der besteht aus vier Varianten: Natur, mit Paprika, mit Oliven und mit Trüffeln (35 kn/4,64 EUR). Eine Delikatesse fürwahr, zum günstigen Preis ...

Unter der Marke "Baccalà de la Mamma" bieten die Wirtsleute ihre Spezialität auch in haltbar gemachter Form zum Kauf an. Diese haben wir nicht probiert; wir kennen lediglich die frischen, vor Ort hausgemachten Versionen.

Jede Variante ist für sich bewertet ein Gedicht: Von der Konsistenz erinnert dieses Stockfischpüree an einen Obazdn, der Geschmack ist nur zurückhaltend fischig, die Textur hat schönen Biss und die je nach Variante zugefügten Aromen verschaffen sich dezent und rund Geltung. Dieses Püree auf ofenwarmes Weißbrot gestrichen und ein gutes Olivenöl dazu - und das Glück ist perfekt.

copyright 2015 Robert Bock
Ein guter Weißwein als Begleitung wäre schön gewesen, aber - wie Ihr bereits aus dem ersten Teil wißt - mit genießbaren Weißweinen ist es in Istriens Konobe so eine Sache ... In der Konoba Milena ist der offene Wein - wie auch die völlig indiskutablen Weingläser - an sich keine Erwähnung wert. Die kostspieligeren Flaschenweine, so auch speziell der Schaumwein (Prsek) aus einem in der Nachbarschaft ansässigen hierfür gerühmten Weingut, steht zwar auf der Speisekarte, aber bei unseren beiden Besuchen ist dieser leider nicht verfügbar. Sehr, sehr schade!

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Als zweiten Appetizer bestellen wir im Rahmen unseres ersten Abends dort eine Portion in Salz eingelegte Sardellen, die mit milden Zwiebeln und ein paar Tropfen eines aromatischen Rotweinessigs angerichtet sind. Mit dem guten Brot der Konoba und ihrem sehr guten Olivenöl, ein schönes Entrée (25 kn/3,31 EUR).

Als Hauptspeise gibt es am ersten Abend Kalamari vom Grill sowie  Ćevapčići mit Mangoldgemüse, Ajvar und Salzkartoffeln als Beilagen: Gut, solide, nicht überwältigend und so, oder ähnlich, in so gut wie jeder Konoba der Gegend auf der Speisekarte. Nichts, weswegen man ein zweites Mal in den kleinen Weiler im Nordosten von Poreč fahren würde; zumindest nicht Madame und ich.

copyright 2015 Robert Bock
Das Dessert hingegen stellt sich - wie schon die Vorspeise - als etwas Besonderes im langweiligen Einerlei der Speisekarten des Westens Instriens heraus: Ein hausgemachtes Parfait von der Kornel-Kirsche. Wir sitzen unmittelbar neben dem Baum, an dem diese Früchte wachsen, aus dem das Parfait nebst Sauce gemacht ist. Sahnig das Halbgefrorene, süß-säuerlich die Sauce. Ein sehr schönes, jedoch ziemlich hausbacken präsentiertes Dessert, für 20kn oder 2,65 EUR pro Portion.


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Man kann in der Konoba Milena Lamm, Spanferkel und Kalbfleisch nach Vorbestellung essen. Das wollen wir ausprobieren. Ein gutes Kilo Lammfleisch, butterzart am Knochen im Ofen gegart (für zwei Personen) erwartete uns an unserem zweiten Abend (210 kn/27,82 EUR). Darunter Stücke vom Tier, die man ansonsten selten in unserer Gastronomie serviert bekommt.

Dazu bestellen wir als Beilagen Pommes Frites und Mangoldgemüse. Vorab gönnen wir uns erneut das himmlische Stockfischpüree und weil wir nach dem Hauptgang beide mehr als satt sind, fällt das Dessert diesmal aus.

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Aufs Haus gibt es zur Rechnung - wie schon beim ersten Besuch - entweder einen Espresso (von der kroatischen Marke Franck: sehr gut!) oder einen alkoholischen Verdauungshelfer in Form von Grappa oder Kruškovac (kroatischen Birnenlikör).

Dieser Likör hilft Madame sogar ein wenig über ihren Unmut den Service betreffend hinweg: Wir hatten einen Aperitif bestellt, der kam und kam nicht, trotzdem wir den Service daran erinnert hatten. Es weiß die linke Hand gelegentlich nicht, was die rechte tut in der Konoba Milena und das ist wenig geeignet, die Gäste zu begeistern. Der Chef ist zu oft mit Rauchen beschäftigt und zu selten mit dem Service am Gast. Das ist eine Frage der persönlichen Einstellung zu Beruf und Gast - nicht mehr und nicht weniger. Wenigstens tauchte der uns vorenthaltene Aperitif später nicht von Zauberhand auf der Rechnung auf. Auch das soll gelegentlich ja vorkommen ...

copyright 2015 Robert Bock
Freundlich und herzlich war der Service - für das Niveau des Publikums und dessen Benehmen zu Tisch, kann das Servicepersonal nichts. Diesmal schossen vier Gestalten aus der Triathlonhochburg Roth bei Nürnberg den Vogel im negativen Sinn ab. Es fühlen sich in Istrien nicht immer Niederländer oder Schwaben bemüßigt, die Rolle der Botschafter schlechten Benehmens für sich zu beanspruchen ... Offensichtlich haben auch Mittelfranken ihren Hut in den Ring geworfen.

Sehr positiv fiel uns im Kontrast dazu eine herrlich anzuhörende, breiten Dialekt sprechende Großfamilie mit Kelheimer Kennzeichen auf, deren Kinder sich außerordentlich interessiert an den istrischen Spezialitäten auf der Karte und weniger an Pommes Frites mit Schnitzel zeigten.  Das gipfelte in einer unterhaltsamen Diskussion, was denn nun ein Parfait im Unterschied zu einer Eiscreme sei, denn die Auskunft des Wirts, es handle sich hierbei um ein Semifreddo, hinterließ noch mehr Fragezeichen auf sämtlichen Gesichtern am Nachbartisch: In Kelheim wachsen junge Feinschmecker heran, die sich weder von ihren Eltern in Muscle-Shirt respektive Tigerprint-Legging, noch von Gastronomen ein X für ein U vormachen lassen werden ... Warm anziehen, liebe Gastronomen, in KEH und Umgebung!

copyright 2015 Robert Bock
Licht und Schatten also in der Konoba Milena in Bačva - aufgrund des sensationellen Stockfischpürees, des Kornel-Kirschen-Parfaits, der ansonsten soliden, jedoch nicht herausragenden  Küchenleistung und trotz des qualitativ dagegen abfallenden Weines und teils chaotischen Service, sprechen wir eine ausdrücklich positive Empfehlung aus.



Eine einzige Wirtschaft haben wir in unserem Urlaub 2015 besucht, die wir auch 2013 schon zweimal besucht hatten: Die Konoba Monica in Žbandaj bei Poreč. Nach endlosen 11 Stunden Anfahrt, stundenlangem Stau und Stopp&Go in Gespann- und Wohnmobilkolonnen auf den letzten Kilometern durch Slowenien, waren wir zu müde und zu genervt, um Neues auszuprobieren: Wir gingen dorthin, wo wir wissen, dass wir zwar keine kulinarischen Sensationen, aber solide, verlässliche Grill-Küche zu vernünftigen Preisen bekämen.

Die Chefin empfängt jeden Gast aufs Herzlichste und die Küche ist vor allem kompetent in Sachen "Grillgerichte". Sogar einen Gruß aus der Küche gab es heute, weil es heuer unser erster Abend war: fritierter Brotteig mit einer Creme aus Frischkäse und Ajvar. Schön angerichtet mit ein wenig Kürbiskernöl: "Nett" ...  Ein kreativ gestalteter Gruß aus der Küche ist keinesfalls Standard in Istrien!

So folgten wir an diesem Abend der Empfehlung des Hauses: der Grillplatte für 2 Personen (170kn/22,52 EUR) samt Beilagen in einer so beeindruckenden Portionsgröße, dass auch drei oder vier Personen satt geworden wären. Geschmacklich gut - aber nicht besser oder schlechter, als in Istrien üblich. Wir hatten nach einem Tag im Auto Hunger wie Bauarbeiter und leider den Fotoapparat vergessen ... Pech für Euch und die Konoba Monica, aber auch ohne Fotos: Die Konoba Monica kann man durchaus empfehlen - trotz des lästigen kleinen Hundes, den man dort neuerdings sein Eigen nennt und der sinnig "Chappi" heißt und nahezu pausenlos kläfft, was das Wohlbefinden des Gastes beim Speisen erheblich  beeinträchtigen kann. Ich ertappe mich dabei, dem nervtötenden Köter zu wünschen, sein Schicksal werde ihn schleunigst in das verwandeln, was sein Namen bedeutet (nomen est omen) ... "Chappi" war jedenfalls der Grund, weshalb wir in diesem Sommer nicht noch einmal hierher kamen. Wie dumm oder verliebt in ihr Haustier muss eine Gastronomenfamilie sein, dass sie sich so wenig in einen Gast, der im Urlaub in einer Atmosphäre der Ruhe und Entspannung zu speisen wünscht, hineinversetzen kann? So einen Mistköter muss man schlicht erziehen oder abseits des Restaurants unterbringen, nicht aber die Nerven des Gastes strapazieren. Ihn zu grillen wäre auch eine gute Alternative, auch wenn an dem Vieh nicht sehr viel dran wäre: Der Triumph des Gastes über die Lärmquelle würde den Genuss verzigfachen ... Hund schmeckt lecker ... ziemlich fett und daher von saftiger Fleischqualität. In der Schweiz gibt es Gegenden, wo man traditionell Hund zubereitet, wenn man sich ein wenig durchfragt. Auf der Karte steht er nicht. In China auch - das weiß man: Chow-Chow soll angeblich "Lecker" heißen ...

Abseits der kläffenden kleinen Bestie: Wir empfehlen das Lokal vor allen den Freunden überdimensionierter Grillfleischplatten und Kalamari-Orgien. Geschmacklich alles prima, aber ohne Highlights, die man nur dort bekäme. In eigenem Interesse - wie wir künftig - lieber Abstand vom weißen Tischwein nehmen, wie üblich einem Malvazija:  es sei denn, man ist immun gegen Kopfschmerzen und Sodbrennen. Der Wein in unserer Karaffe war eine völlig unzureichend, umgebungswarm temperierte, extrem alkohollastige saure Plörre. Besser ein Bier ... (Und das aus meinem Munde!).

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Wenn es noch nicht so spät und wir nicht so erschöpft gewesen wären, hätten wir noch einen Abstecher in den Trubel der historischen Altstadt von Poreč machen können und sei es nur, um in der Caffe Bar Una einen Espresso zu trinken. Dort servieren sie am Beginn der berühmten Decumanus-Straße mit ihrem antiken, speckigen Pflaster einen ausgezeichneten, starken, würzigen Kaffee zu für Poreč fairen Preisen und schönem Blick auf das flanierende Volk. Wer sich an Horden geschmacklos gekleideter Proleten beiderlei Geschlechts so delektieren kann, wie Madame und ich, wird dort einen nie versiegenden, ja sprudelnden Quell der Freude finden. Und dazu dieser wunderbare Kaffee - das ist für ein Stündchen Lebensqualität der anderen Art.

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Auch in Novigrad haben wir einen sehr gelungenen Espresso und Cappucino bekommen:In der Code Bar (Gradska vrate 20a). Der angeblich frisch gepresste Orangensaft hinwegen, war dort eine mit Wasser gepanschte Frechheit, von der ein Glas (18kn) mehr kostete als ein Espresso und ein Cappucino zusammen (16kn).

Der junge Mann im Service muss in diesem Schuppen erst noch lernen, dass Service bedeutet, aktiv für den Gast im Außenbereich da zu sein und nicht darauf zu warten, dass der von selbst in das Cafe schaut, wenn er etwas von ihm will ... es sei denn, man schriebe explizit "Self Service" an, was nicht der Fall war. Eierschaukeln bitte daheim - in der Arbeit hat der Gast im Mittelpunkt zu stehen!

Ebenfalls in Novigrad - in der Slastičarna Kairo (Mandrač 1) - gönnten wir uns jeweils eine Kugel mittelmäßigen Eises zu istrientypischen 7kn/0,93 EUR pro Kugel. Nicht cremig, zu viele Eiskristalle, handwerkliche Fehler. Nein - wir suchen diese Eisdiele künftig nicht mehr auf. Generell taugen die istrischen Eisdielen - obwohl gepriesen - selten etwas.

In Buici, ein paar Kilometer östlich von Poreč gelegen, befinden sich zwei Konobe. Die eine davon können wir ganz und gar nicht empfehlen und wir haben in Istrien selten so schlecht gegessen und waren selten mit derart unmotiviertem Personal konfroniert wie dort: Eine direkt an der Hauptstraße gelegene Konoba - sie macht viel Werbung und das hat sie auch bitter nötig, denn mit glaubwürdiger Mundpropaganda begeisterter Gäste wird man unseres Erachtens kaum rechnen können, wenn jeder Tag so läuft wie der, an dem wir dort zu Gast waren. Details, das Essen betreffend, erspare ich mir aus Mitleid mit den Gastronomen: mein persönliches Urteil würde zu vernichtend ausfallen und ich fürchte, das könnte möglicherweise schon wieder einem Anlockeffekt Vorschub leisten, den diese Konoba unseres Erachtens aber nicht verdient hat. Wir beschließen: Nie, nie, nie mehr wieder setzen wir einen Fuß über die Schwelle dieses Lokals, solange die gleichen Betreiber dort zuhause sind.

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Die andere Konoba hat einen vergleichsweise deutlich besseren Eindruck bei uns hinterlassen: Das Grill-Restaurant Ranch, auch unter dem Namen Stancija Barba Nane seit 1971 an Ort und Stelle bekannt und bei vielen Stammgästen aus Deutschland und den Niederlanden beliebt.

Herausragend schön fanden wir das Ambiente: Ein großzügig angelegter, sehr gepflegter Garten mit schattigen Lauben und blühenden Blumenarrangements, hohen Zypressen, Hortensien und riesigen Lorbeerbüschen erwartet die Gäste, die auf sehr bequemen Stühlen an Tischen mit Stofftischdecken Platz nehmen dürfen.

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Wir bestellen einen Liter Wasser und einen halben Liter des roten Tischweines, den uns der Juniorchef, dem verkaufsorientiert der Schalk aus den Augen blitzt, in höchsten Tönen anpreist. Selbst an- und ausgebaut sei der Wein des Hauses (Cuvée aus Teran, Cabernet Sauvignon, Pinot Noir), gereift sogar in einem über 40 Jahre alten Holzfass. Er ist überzeugt, dass dieses Fass außergewöhnliche Aromen an den Wein abgebe und dies seinen Wein so außergewöhnlich wohlschmeckend mache. Ob er es nicht anders weiß, oder ob er uns mit einer Märchenstunde den Abend versüßen will, weiß ich nicht. Was man hingegen in Expertenkreisen weiß:
"Barriques werden (...) höchstens drei Jahre benutzt und dann ausgemustert. Neues Holz, insbesondere Eiche, gibt dem Wein Tannin ab und beeinflusst ihn geschmacklich. Beides ist gewollt. Fässer, die mehrere Jahre lang benutzt wurden, geben hingegen kein Tannin mehr an den Wein ab. Sie sind geschmacksneutral."

Sei es wie es sei, vielleicht gibt es in Istrien ja Wunderhölzer: Der rote Hauswein der "Ranch" war leider ebenso schwer geniessbar und mittelmäßig wie alle anderen roten Cuvées, die uns als Hausweine serviert wurden. Viel Lärm um nichts ...

copyright 2015 Robert Bock
Wir ordern eine bunte Mischung an Gegrilltem (Kalamari, Grillgemüse), dazu Bratkartoffeln mit Speck, Weißkraut- und Gurkensalat, weil uns die behäbige Langeweile und Einfallslosigkeit der Speisekarte auf nichts anderes Lust zu machen vermochte.

Das Essen ist gut, einzig der Gurkensalat fällt durch die beinahe völlige Absenz von Gewürz auf. Der unten zu sehende Teller Grillgemüse ist zudem - gemessen an den Preisen der anderen Gerichten und einer unspektakulären Menge ebenso unspektakulären Gemüses - unangemessen teuer.

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Auf Nachfrage bringt uns ein anderer Ober wenigstens eine kleine Karaffe Olivenöls, nachdem wir ihm verständlich gemacht haben, dass wir das in der Menage am Tisch befindliche (billige) Sonnenblumenöl weder Gaumen noch Stoffwechsel zumuten wollten. Zickige Gäste, diese Deutschen, mag er sich gedacht haben ... Den lauten Holländern in Badeschlappen drei Tische weiter mags sonstwo vorbei gehen, welches Öl sie ihrem Körper zumuten und der durchschnittliche Schwabe am Nachbartisch gönnt dem Motor seines Daimlers aus Gründen der Sparsamkeit ("d'Sach zammahalda") möglicherweise ein zigfach teureres Öl, als seinem Herzen. Wir sind an das wunderbare griechische Olivenöl von Spyridoula gewöhnt - und da hängt die kulinarische Latte dann eben - leider für uns und alle Gastronomen - ziemlich hoch.

Zum Abschluß gabs noch Kruškovac für Madame und für mich einen 54%igen Grappa aufs Haus. Auch der Grappa angeblich hausgemacht und in irgendwelchen Wunderhölzern gelagert: in Wahrheit ein schlimmer Rachenputzer mit viel zu hohem Alkoholgehalt. Aber: einem geschenkten Gaul ...

Unterm Strich war der Abend in der Ranch in Buici nicht Fleisch, nicht Fisch und einen zwingenden Grund hierher zurückzukehren, konnten weder Madame noch ich auf dem Heimweg nennen.


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Vergleichbar wird unser Fazit leider auch für die in in Webforen überwiegend hochgelobte Idila Rakovci im Weiler Rakovci südlich des Städtchens Baderna ausfallen. Auch hier: Wunderschönes Ambiente - mittelmäßige Küche und sehr verkaufsoffensives Personal. Das Lokal liegt auf einer kleinen Anhöhe, von der man im Schatten alter Nadelgewächse einen weiten Blick über die hügelige Landschaft, Olivenhaine und Weingärten genießen kann.

Auf der Speisekarte die uns hinlänglich bekannten 08/15-Gerichte. Nein, bitte nicht schon wieder Prsut und Fuzi oder Tagliatelle mit Boscarin-Rind oder die gegrillten Kalamari, die in diesen Mengen tagtäglich verspachtelt, nie und nimmer alle aus der Adria stammen können. So viele Boscarin-Rinder könne es doch gar nicht geben, wie auf den Speisekarten istrischer Konobe, zu Fleischgerichten verarbeitet, angeboten werden, rätselt Madame und ich überlege laut, wer denn wohl diese Karin Bosch gewesen sei und warum sie offenbar niemand vermisse ... Madame kennt meinen Humor und nimmt ihn mir immer seltener krumm, auch wenn er nicht zwingend den Appetit fördert ...


copyright 2015 Robert Bock
Als Vorspeise wählen wir ausnahmsweise istrischen Schafskäse: Sir. Der kommt adrett zur Sonne angerichtet mit ein wenig Krimskrams der geschmacklich den feinen Käsegeschmack übertüncht, ja erschlägt. Wir fragen uns: Was soll das? Ein paar Weintrauben, eine Feige - und alles wäre gut. Aber eine eingelegte Pepperoni zum feinen Käse? Der Rotwein dazu (billig muss nicht gut sein: 0,5l zu 20kn/2,65 EUR) ... wie gehabt. Ich erspare Euch die ewig gleichen Kommentare zu austauschbar mittelmäßigen bis ungenießbaren Tischweinen in Istrien.

Weil wir gar so unschlüssig bezüglich des Hauptganges sind, lassen wir uns von der Dame, die uns heute abend betreut und vermutlich Eskimos Eisschränke verklopfen könnte, eine Empfehlung geben. Sie legt uns eine, bei den Gästen angeblich überaus beliebte Fleischgrillplatte mit Beilagen ans Herz. Und weil wir beide angesicht der Austauschbarkeit und Überraschungslosigkeit auf dieser Speisekarte so verzweifelt sind, folgen wir sogar ihrer Empfehlung und bekommen - wie schon in der Konoba Monica - eine Portion für zwei Personen, angesichts derer jeder Veganer an Hölle und ewige Verdammnis denken dürfte.

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Wie hat es uns geschmeckt? Ich sag mal so: Bei Monica und Chappi war die Fleischgrillplatte eine Klasse besser, da vielfältiger und auch mit sehr passablen Würsten bestückt. Aber was soll man bei Gerichten wie diesem groß falsch machen können? Es handelt sich um standardisierte Touristenabspeisung: Nicht schlecht, nicht überragend: OK. Wer ein Leben ohne Höhen und Tiefen, sondern im behäbigen Schwipp und Schwapp des Mittelmaßes schätzt, wird auch diese Fleischplatte mögen und dazu vermutlich ein Spezi oder Mezzo-Mix bestellen. Wer solcherlei Getränke zur Speisenbegleitung bestellt, hat meines Erachtens ohnhin jedes Recht auf kulinarische Glaubwürdigkeit und Relevanz seines Urteils in Fragen guten Geschmacks verwirkt ...

Wir zucken beide übersättigt die Schulter und verstehen uns ohne Worte: Hierher müssen wir nicht mehr und ein Dessert dürfen wir uns hier aus Gründen der Selbstachtung nicht zumuten: Außer den üblichen kreuzlangweiligen Palatsinke gibt es hier ohnehin auf der Karte nichts - zumindest nichts, was unser Interesse wecken könnte. Der größte Minuspunkt: Die aufgesetzt freundliche und ein Routineprogramm abspulende Verkäuferin im Service.

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Woher wir das wissen? Am Nebentisch bestellte eine russischsprachige Familie und ließ sich von dieser ebenso resoluten wie sprachbegabten Kroatin beraten. In Niederbayern kennt man für weibliche Menschen dieses Zuschnitts den Begriff hantige Ziefern ...

Unschwer zu erraten, was den Tischnachbarn mit annähernd identischen Worten wie uns (Madames Muttersprache ist Russisch und sie verstand jedes Wort ...) angepriesen wurde: Die Fleischplatte. Dito später einer britischen Familie.

Im Unterschied zu uns bestellte die Russisch parlierende Dame das Fleisch ausdrücklich für den Herrn Gemahl, der einen Romanow für Arme gab und seine Frau verhandeln ließ, als sei Konversation mit der Dienerschaft jenseits seines Standes und unter seiner Würde, "Very Well Done".

So lange russische Männer - erstens - weder Marnieren im Umgang mit ihren Frauen noch mit Servicekräften haben und - zweitens - gutes Fleisch zu Tode braten lassen, bewegen sie sich kulinarisch wie charakterlich für mich persönlich auf dem Niveau kaukasischer Blindschleichen.

Für kulinarische Verbrechen wie das Durchdurchdurchbraten von Fleisch, sollte kein Tier sein Leben lassen müssen. Es ist beschämend, wie respektlos man in einem Fall wie diesem, Lebensmittel behandelt! Schade, dass wir die Verkäuferin nicht gebeten hatten, uns das Fleisch höchstens Medium braten zu lassen - wir bekamen es ungefragt "Well Done", als Schuhsohlen, auf denen wir auf steinigsten Pfaden Sibirien von West nach Ost hätten queren können.

Nein: Das war unterm Strich nicht der Rede wert, was die Idila Rakovci uns zu bieten hatte. Ambiente und Aussicht sind vom Feinsten,aber die Küche biederer istrischer Durchschnitt. Ob man deswegen in eine Einöde fahren muss, soll jeder selbst für sich entscheiden. Wir werden es künftig unterlassen.

copyright 2015 Robert Bock
Bleibt noch, von einem letzten Gasthaus zu berichten, das wir im Rahmen unserer kulinarischen Entdeckertouren ausgekundschaftet haben: Die Konoba Danijeli in Tinjan, inmitten des Nirgendwo zwischen Poreč und Pazin gelegen, mußten wir lange suchen. Werbung, Hinweisschilder: Fehlanzeige. Schließlich hoppelten wir über Schotterwege und hätten uns nicht gewundert, wären die Nachkommen versprengter venezianischer Ritter, die seit Jahrhunderten durch die istrische Macchia irrten in vollem Harnisch vor die Kühlerhaube gelaufen wären, verfolgt von bislang unentdeckten, letzten Dinosauriern. Doch dann rumpelten wir plötzlich beinahe an der versteckten Konoba vorbei und hatten - naja - Glück: Nur ein einziger Tisch war noch nicht reserviert oder besetzt. Das deutete auf Gutes hin ... Wir sollten uns täuschen.

Wenn jemand den gleichen Fehler immer wieder macht, verdient er es, dass man ihn der Dummheit verdächtigt: wir bestellten Rotwein: Ein fürchterlich herber Schädelspalter, der sich und die Konoba Danijeli uns beiden am Folgetag nachdrücklich in Erinnerung brachte. Das Essen hätten wir ansonsten wahrscheinlich längst vergessen.

copyright 2015 Robert Bock
Zur Vorspeise bestellen wir Rohschinken - Prsut. Schmeckt so, wie er überall schmeckt und wurde serviert, wie er überall serviert wird. Mehr gibts nicht zu sagen.

Wir hätten zu gerne die Istrische Wurst auf der Karte probiert. Die gibts aber nur im Winter, sagt die Dame vom Service und wir denken uns, was sind wir doch für Dummerchen: Zu glauben, dass Gerichte, die auf der Karte stehen auch bestellbar sind ...?  Wie siehts mit Lamm oder Spanferkel vom Grill aus, Fräulein? - Gibts erst ab zwei Personen - Wir zählen nach: Wir sind zu zweit?! - Ja, aber sie haben nicht vorbestellt - Aha ... Wo steht das bitte in der Karte, dass man das hätte bei diesen Gerichten tun müssen? - Das wissen unsere Gäste - Aha ...

Mittlerweile schürt ein weißbeschürzter Mensch im Grill ein loderndes Feuer, das uns und anderen Gästen, die unglücklicherweise in der Nähe platziert sind, an diesem schwülheißen Abend den Rest gibt: Der Schweiß läuft in Strömen. Und weil wir weder von Lamm noch Spanferkel etwas abbekommen werden, hält sich unser Verständnis für diesen Vorgeschmack auf die Hölle in Grenzen.

Nachdem ein Bestellwunsch nach dem anderen mit Geht nicht/Gibts nicht/Nur im Winter/Nur wenn sie sich selbst am großen Zeh lutschen können/Nur wenn Kroatien Fußballweltmeister wird abgeschmettert wurde, zäumen wir den Gaul von hinten auf und fragen: Was gibts denn überhaupt für uns heute von den Gerichten in der Karte? - Pasta oder Njoki mit - Überraschung! - Karin Bosch - Verzeihung: Boscarin ... Pasta oder Njoki mit Trüffeln ... Pasta  oder ... Stop! Es reicht. Wir kennen die ewig gleiche Litanei auf istrischen Speisekarten inzwischen auswendig ... Mein Hals war ungelogen inzwischen soooo dick.

copyright 2015 Robert Bock
Madame bestellt Tagliatelle mit Boscarin (65 kn/8,61 EUR) und einen gemischen Salat (12kn/1,59 EUR)- die Dame wiederholt derweil sie notiert: Einmal Lasagne mit Boscarin - Nein, wirft Madame ein: Tagliatelle ... Bandnudeln - Ja: Lasagne ... - Nein, keine Lasagne! (Madame denkt wie jeder andere Mensch außerhalb der istrischen Macchia an einen Nudelauflauf ...) - So nennt man hier die Bandnudeln: Lasagne. Aha. Ich frage mich: Sagt man hier vielleicht auch Tisch zum Stuhl und umgekehrt ...? Aber egal: Hauptsache es mundet, oder?

Ich bestelle ebenfalls ein Karin-Bosch-Ragout (mittlerweile unser persönlicher interner Running-Gag ...), jedoch mit Njoki, nicht mit Pasta (65kn/8,61 EUR).

Das Ragout ist sehr, sehr gut gelungen. Ordentlich große Fleischstücke, beinahe wie bei einem Gulasch, die Sauce wurde mit viel Gemüse und Rotwein lange eingeköchelt und ist daher herrlich aromatisch und sämig.

copyright 2015 Robert Bock
Die Tagliatelle/Lasagne von Madame sind ebenfalls akzeptabel, jedoch nicht hausgemacht, meine Njoki allerdings am Rande einer Zumutung. Madame beschreibt sie in unserer verbalen Nachbereitung des Abends treffend als Kartoffelteigstrang, der einfach nur mit dem Messer geteilt und die Nocken ohne weitere Bearbeitung ins Wasser geworfen wurden.

Niemand hatte sich die Mühe gemacht, Nocke für Nocke mit den Zinken einer Gabel eine Signatur zu verpassen, damit die Sauce besser haften bleibt, geschweige denn ihnen die typische Form italienischer Gnocchi zu verleihen. Die Dinger sind pappig, das Gegenteil von leicht und fluffig, wie gute Gnocchi sein können, und kleistern meinen Magen zu. Ich esse sie nicht auf: Diese Njoki empfinde ich persönlich als eine Gemeinheit jedem Gast gegenüber. Auf beiden Tellern wäre der Küche kein Zacken aus der Krone gebrochen, hätte man wenigstens ein Blättchen Petersilie zur Dekoration und als Farbtupfer geopfert. Die Präsentation der Speisen verströmte den Charme eines Einwohnermeldeamtes, Schalter E-K.

Der Höllenfürst im weißen Kittel  heizt weiter ein, ich selbst schwimme mittlerweile im eigenen Saft und habe die Schnauze gestrichen voll. Madame ebenfalls. Nichts wie weg! Vorher lassen wir noch 237 kn/31,40 EUR plus angemessenem Trinkgeld da. Das in solchen Lokalen übliche Verdauungsschnäpschen aufs Haus: Fehlanzeige. Servicewüste Tinjan. Konoba Danijeli? Einmal und nie wieder! Hoffentlich verirren wir uns nicht auf dem Heimweg oder geraten in eine Zeitschleife und müssen fortan für den Rest unseres Lebens wieder und wieder hier essen gehen ... Der Kater am darauffolgenden Morgen mahnt uns, unseren Vorsätzen nicht untreu zu werden.

Abschließend unser persönliches Fazit unserer kulinarischen Erfahrungen zweier Istrien-Urlaube: 

Die Behauptung, Istrien sei ein kulinarischer Geheimtipp oder ein aufsteigender Stern am Himmel internationaler Gourmet-Loacations, ist unserer persönlichen, völlig unmaßgeblichen sowie sehr lückenhaften Erfahrungen nach, reichlich übertrieben. Ich persönlich will nicht soweit gehen wie Madame - sie ist der Meinung, Istriens Gastronomie sei für sie unterm Strich, gemessen an unseren Erfahrungen, über weite Strecken eine kulinarische Wüste mit wenigen Oasen.

Möglicherweise wäre unser Urteil anders ausgefallen, wenn wir uns ausschließlich auf die wenigen, in Gourmetführern besprochenen Lokale beschränkt hätten - aber die kulinarisch-gastronomische Qualität einer ganzen Region ausschließlich an "Sternetempeln" zu verzurren, wird der Realität der breiten Masse an Gastronomiebetrieben nicht gerecht. Schon gar nicht der finanziellen Wirklichkeit der meisten anspruchsvolleren Istrien-Urlauber, die für ihr hart verdientes Geld eine ehrliche Küche mit guten Zutaten und Liebe erwarten - keine frivol bepreisten Zirkusnummern, die auf Mokka-Löffelchen serviert werden.

Was die landestypischen Spezialitäten und Agrarprodukte betrifft: Olivenöl und Trüffel haben wir durch die Bank persönlich als sehr gut erlebt, ebenso die Qualität der Kaffee-Spezialitäten - jedoch nicht besser als anderswo - und das Olivenöl im internationalen Vergleich unangemessen teuer. Istriens Weine, vor allem der gepriesene Malvasjia Istarska, enttäuschten uns auf ganzer Linie.

In Erinnerung bleiben werden uns das ausgezeichnete Stockfischpüree in der Konoba Milena in Bacva, die Labinske Krafe in der Konoba Stare Staze in Krsan und die schlichten Krostole in der Humska Konoba in Hum. Lobende Erwähnungen: Die Cremsnitte des Velo Kafe in Labin und die Liköre von Aura in Buzet - insbesondere deren Teranino.











1 Kommentar:

  1. Ich kenne Opatija seit ca.1967/68, seitdem bin ich aus irgendwelchen Gründen fasziniert von Kroatien. Damals - ist wirklich schon lange her - gab es kalte Speisen und warme Getränke. Das hat sich seit den 70er Jahren wenigstens geändert, es gibt jezt wenigstens überall Kühlschränke auch in den Wirtsgärten. Juchhu!
    Das Essen ist und da bin ich voll und ganz Ihrer Meinung: "wüstig", das war so und wird so bleiben - zumindest in meiner Lebensära.
    Vor einigen Jahren als die freie Marktwirtschaft den Kommunismus doch endlich verdrängt hatte, schwappte das übergroße Selbstbewußtsein der Kroaten an die Oberfläche - man träumte davon eine zweite Cote Azur zu werden, die Preise bewegten sich in diese Richtung.
    Leider war halt überhaupt nichts vergleichbares vorhanden, außer Wasser und Landschaft.
    Mit großem Amusement las ich Ihre Ausführungen, gerade weil wir nächste Woche wieder nach Opatija und Dalmatien
    fahren. Wir haben jeweils eine FW gemietet und freuen uns selbst kochen zu können. Das ist in diesem Land unbedingt nötig.
    Vielleicht, solten sich lohnenswerte Tipps ergeben, berichte ich.

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