Samstag, 1. Oktober 2016

Lunch im Milians in Straubing

Einen Steinwurf vom Stadtturm entfernt, in der Fraunhoferstraße 17 in Straubing gibt es ein kleines, aber feines Geschäft mit angegliederter Konditorei-Pattiserie und Küche: Milians - Küche und Kaufladen - so sein Name.

Abends und am Sonntag haben Laden und Küche geschlossen. Man hat sich auf Mittagsgäste eingerichtet und bietet neben einer ansehnlichen Auswahl an festen, täglich frisch zubereiteten Gerichten ein täglich wechselndes, preiswert kalkuliertes Tagesgericht an. Das alles wollten wir uns einmal näher ansehen und statteten dem Milians an einem sonnigen Mittwoch einen Besuch zum Lunch ab.
von Robert Bock

Zunächst fällt auf: Patricia Brücker und Udo Müller, die beiden Geschäftsführer des Milians, haben eine klare Vorstellung von Feinkosthandel und Gastronomie und setzen diese konsequent um.

Beim Betreten des geschmackvoll wie unpräteniös eingerichteten Laden-/Lokals fallen die üppig mit Delikatessen wie Käsen, Schinken, Rohwürsten, Macarons und anderen süßen Schweinereien bestückten, blitzblanken Vitrinen ins Auge.

Dahinter eine Wand aus Weinflaschen, die der Eiger-Nordwand zur Ehre gereichen würde: Feinste Tröpfchen aus Deutschland (z.B. die guten Rheingau-Rieslinge von Robert Weil aus Kiedrich), Italien und anderen Anbaugebieten. Die liefernden Winzer stellen fast schon ein kleines Who is who der jeweiligen Weinbauregionen dar.
Erlesene Essige und selbstredend eines des besten Olivenöle der Welt - welches sonst als Spyridoula's 100%? - sogar in einer "Milians Sonderedition" in limitierter Auflage.

Man setzt oder stellt sich hier an große Tische mit massiven hölzernen Tischplatten. Es sei üblich, sich einfach dazuzusetzen, sagt uns der freundliche junge Mann, der uns begrüßt, als wir, wohl etwas enttäuscht dreinschauend, zur Kenntnis nehmen mussten, dass jeder Tisch schon besetzt war, wenn auch nur teilweise.

Männer in Business-Klamotten, auch Frauen im Hosenanzug, dem nicht erst seit Mutti Merkel nachgesagt wird, er verleihe ihrer Trägerin die magische Kraft, gläserne Decken zu durchbrechen, sind ins Gespräch vertieft, schnabulieren oder nippen am Espresso, der das Finale ihrer Mittagspause einleitet.

Ich bestelle mir bewußt das Gericht des Tages für 6,90 EUR: Putengulasch mit Reis und Pilzen.

Geschickt wird zügig. Anders darf das auch nicht sein, denn der meisten (Stamm-)gäste Mittagspausen sind knapp bemessen. Die in einem tiefen Pastateller mit breitem Rand servierte Portion wird dominiert von einem feinen, aromatischen buttrig glänzenden Reis, dem ich persönlich zwei bis drei zusätzliche Minuten Hitzeweinwirkung gegönnt hätte. Das Putenfleisch ist zart, die Sauce sauber gemacht und aromatisch-würzig. Alle Zutaten sind von sehr guter Qualität. Dieses Gericht hält qualitativ was der Eindruck beim Betreten des Lokals verspricht. Insgesamt ist mein Gericht in Ordnung, wird aber wohl nicht in bleibender Erinnung verhaften.

Meine charmante Begleiterin wählt einen Salat mit dem Tagträume auslösenden Namen "Fernweh" (9,80 EUR): Bunte Marktsalate, Putenstreifen, Ananas, Champignons, Erdnüsse, süß-saure Soße und fruchtiges Mangodressing.

Der opulent angerichtete Salat sieht verführerisch aus und schmeckt - ich durfte probieren - hervorragend: Rundum gelungen, feinste Zutaten kompetent verarbeitet. Dazu reicht die Küche hausgebackenes (!) Weißbrot. Ein besseres Weißbrot wird man hierzulande lange suchen müssen. Ich kenne es allenfalls aus Griechenland in dieser herausragenden Qualität: In Kefalonias Hauptstadt Argostoli weiß ich eine Bäckerei, der ich für ihr Weißbrot einen Oscar verleihen würde. Das Weißbrot des Milians kommt verblüffend nahe an meine griechische Referenz heran ...

Ich persönlich halte es normalerweise ja für Zeit- und Geldverschwendung in einem Lokal Hasenfutter (also: Salat) zu bestellen. Vor allem nicht bei vielen (nicht allen!) Italienern, die, würde es eine Salat-Inquisition geben, auf dem Scheiterhaufen der Grünzeugverschwendung und Dressingverpfuschung brennen würden. Salat bekomme ich, ohne meine Küchenkünste überhöhen zu wollen, zuhause selbst in 95% der Fälle mit einer Hand auf den Rücken gebunden kulinarisch toppen kann. Hier im Milians erfahre ich allerdings einen der bislang wenigen Fälle, die mich fragend zurücklassen, ob ich nicht vielleicht doch statt des Tagesgerichts wie meine Begleiterin einen der zahlreichen Salate auf der Speisekarte hätte bestellen sollen ... Große Klasse! Salat-Fans kommen im Milians zu 100% auf ihre Kosten. Ob's am Olivenöl liegt? Wahrscheinlich auch ...

Wir gönnen uns zum Abschluß einen Espresso . Hervorragender Kaffee, heiß, perfekte Crema, mit durchdringender Kakao-Note und dazu gibt's hausgemachte Cantuccini, mürb und aromatisch: sehr schön!

Kommen wir zum Fazit: Das Milians in Straubing hält was es verspricht. Freunde ehrlicher, hochqualitativer Küche und feiner Schweinereien für den heimischen Verzehr dürfen sich hier getrost im Schlaraffenland wähnen.


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