Freitag, 7. April 2017

Im Brauereigasthof Goss zu Deuerling

"Früh müssen wir dort erscheinen, wenn wir an einem Sonntagmittag ohne Reservierung einen Platz ergattern wollen!" --- "Aber schon um 11 Uhr? Das ist nicht dein Ernst ...?" --- "Und ob das mein Ernst ist, wirst schon sehen!"

Gut, dass ich darauf bestanden habe, eine Stunde vor Mittag in der Gaststätte der Brauerei Goss in Deuerling aufzukreuzen: Gerade noch zwei Plätze hatte man für uns und wären wir nur eine halbe Stunde später eingetrudelt, hätte es obendrein kein Schäuferl mehr gegeben. Das wäre jammerschade gewesen. Schaut Euch dieses Prachtexemplar von Schweineschulter nur an!

Dabei war dieses Schäuferl nicht einmal das kulinarische Highlight unseres Sonntagmittags im schönen Tal der Schwarzen Laber ...
von Robert Bock

Unumwunden gesagt: Von außen her wirkt der Brauereigasthof alles andere als einladend. Normalerweise hätte ich ihn links liegenlassen und mir eine schmuckere Adresse gesucht, aber manchmal bin ich dankbar, wenn mein Bauch den Kopf überstimmt.

Die Website des Goss-Bräu hatte daheim mein Interesse geweckt:

"Wir bieten klassische oberpfälzer Wirtshausküche mit Braten und Pfannengerichten.
Wir setzen auf regionale Produkte und Qualität aus der Region.
Unsere Küchenchefin Gabriele Goss schwört auf Ihren Holzofen und auf traditionelle handwerkliche Zubereitung."


Genau so etwas lese ich gern. Wenn dann auch die Umsetzung stimmt, kann's ein schöner Sonntagsschmaus werden.

Die Begrüßung fällt sehr herzlich aus. Der Chef läuft uns im Hausflur über den Weg und begleitet uns auf unsere Frage hin, ob noch Platz für zwei hungerige Mäuler sei, in die Gaststube. Bis halb eins wenn wir fertig wären ja, meint er. Das passt.

Die Stube ist piccobello gepflegt, obschon keine schicke Sensation. Ein bairisches Dorfwirtshaus eben: Zinndeckelkrüge, Siegerpokale, kupferne Reliefansichten. Wir nehmen Platz an einem österlich geschmückten Tisch mit Stofftischtuch. In meinem Rücken löffelt ein vereinzelter Gast geräuschvoll seine Leberspätzlesuppe. Sie hörten den Landfunk, die Sau sprach selbst ...

Die Chefin klärt uns auf, welche Biere man im Ausschank habe. Wir entscheiden uns, weil Sonntag ist, für zweimal dunklen Bock. Wenn man schon ein Bier nach mir benannt hat, muss ich es auch kosten ;-) . Es hätte zwar auch Frankenweine vom renommierten Julius-Spital in Würzburg gegeben, aber wenn man schon in einer Brauereigaststätte speist ...?

Keine 30 Sekunden nach der Bestellung stehen Flaschen und Krügerln vor uns, bestens temperiert duftet das Bier beim Einschenken wie ich das sonst nur von Wein kenne. Nach Schwarzbrot riecht es. Nach knuspriger, malziger Rinde. So schmeckt es auch! Doch bockuntypisch nicht süß, sondern dezent hofpig bitter.

Eine runde Sache sei dieses Bier, meint meine charmante Begleiterin und leckt sich den Schaum von der Oberlippe. Sie ist von diesem dunklen Bock derart begeistert, das sie sich zum Abschied ein Sixpack-Tragerl aus Karton für sechs Euro mit nach Hause nehmen wird.

Die Sonntagskarte hält, was die Website versprochen hat: Ein Blatt DIN A4, oberpfälzer Bratenklassiker plus ein paar Schnitzelgerichte, die die Kundschaft allerorten sonntags gerne isst.
Kein Einschleimen bei essgestörten Veganern  - sehr gut! Fleisch heißt das Gemüse des Tages!

Der Gast am Nebentisch ist mittlerweile beim Hauptgang angelangt. Er hat einen zweiten Knödel zum Braten bestellt, den ihm die Chefin auf einem Extrateller bringt. Meine charmante Begleiterin wundert sich, dass einer alleine so viel verdrücken kann ...

Wir bestellen beide das Schäuferl mit Knödel und Salatteller für 9,60 EUR.

Der Salatteller fliegt förmlich herbei. Bei McDonalds wartet man doppelt bis dreifach so lange wie beim Goss Bräu auf sein Essen.

Alles frisch, nichts aus dem Glas. Beide Daumem hoch. Kartoffel-, Karotten-, Rotkohl, Gurken- und Weißkohlsalat mit Speck nebst Tomaten und ein paar Blättern Blattsalaten.

Das Dressing ragt zwar nicht in kulinarische Himmelssphären, ist aber absolut in Ordnung. Ein großer Beilagensalat ist das, und er ist im Preis inbegriffen. Selbstverständlich ist auch das leider nicht mehr überall ...

Noch weniger selbstverständlich ist - wenigstens in Regensburg - dass die Knödel handgemacht sind. Hier sind sie es und in einer Qualität, die ihresgleichen sucht. Ohne aufgefordert worden zu sein, räume ich der Wirtin gegenüber unumwunden lobend ein, schon lange nicht mehr so einen hervorragenden Kartoffelknödel gegessen zu haben. Sie bedankt sich, freut sich aber verhalten. Sie weiß, was ihre Küche kann.

Fluffig wie hausgemachte Gnocchi, eine himmlisch unperfekte, da ungleichmäßige Textur, die man in einem Indusrieknödel niemals so finden wird, und ein betörend buttriger, kartoffeliger Geschmack. Kurzum:  

Der Kartoffelknödel im Goss Bräu ist eine Sensation! 

Meine Begleiterin, ansonsten eine Knödelverächterin vor dem Herrn, ist das erste Mal in ihrem Leben angetan von dieser Beilage, ja sie verzichtet sogar zu meinen Gunsten auf rund ein Drittel ihres Schäuferls, damit der Knödel ganz in ihren Magen passt. Später wird sie kommentieren, sie verstehe nun besagten Gast am Nebentisch: Wenn ein Knödel so schmecke wie hier, dann bestelle sogar sie sich gerne einen zweiten dazu.

Das Schäuferl, ja, das Schäuferl ... Ein Prachtstück. Und so zart gegart, dass es vom Schaufelknochen fällt. Die Kruste ist klein, aber köstlich, die Soße kräftig, kümmelig, sauber und mit Liebe gezogen. Gabriele Goss und ihr Holzofen sind Freunde fürs Leben, das schmeckt man.

Drei reife Damen - Modell "Teenager Spätlese" - gesellen sich mit an unseren Tisch. Wir kommen ins Plaudern. Sie seien Stammgäste, erzählen sie, weil es hier immer so gut sei. Sie verputzen ihren Kalbsrahmbraten, wie es ein Schwarm Pirhanas nicht gründlicher hätte tun können. Respekt - aber wo packen die zarten Persönchen diese Portionen bloß hin?

Wir verlassen die Gaststätte der Brauerei Goss in Deuerling mit dem guten Gefühl, für 25,40 EUR plus Trinkgeld eine echte Entdeckung gemacht zu haben und wandern auf Schusters Rappen entlang der Schwarzen Laber ins Örtchen Laaber und wieder zurück.

So geht bairische Küche. Warum aber nur auf dem Land, warum kaum irgendwo in der Stadt?  Es ist und bleibt mir ein Rätsel ...


Obwohl ich einen Vorschlag für den ersten Schritt zum Besseren hätte:  


Liebe Gastronomen, die's betrifft, fangts wieder an, Eure Knödel mit der Hand zu drehen, statt Euren Gästen diese geklonten Industrie-Gummibälle zu servieren - einer wie der andre und ein jeder hier wie da! 

Dieser Goss-Knödel schafft dem Wirtshaus einen "Unique Selling Proposition" (Wos mechst, haah ...?) Einen USP, ein Alleinstellungsmerkmal, wie man unter Marketing-Dampfplauderern sagt. Es ist nicht der einzige, den der Brauereigasthof Goss vorzuweisen hat und deswegen hat er's nicht nötig, z.B. aufs Guinnessbuch der Rekorde zu verweisen, um Gründe aufzuführen, warum man ihn besuchen sollte.

Der Knödl, die Schweinsbratenkruste und ein unverwechselbar schmeckendes Bier - das ist mein persönliches, aufs Elementare konzentrierte Dreigestirn bairischer Wirtshausküche an einem Sonntagmittag. Die Liste ließe sich erweitern ... Die Soß', der Beilagensalat, die kernig-freundliche Bedienung ... Was meint Ihr: Worauf kommt's Eurer Meinung nach an?

Genug geredet: Wer meint, ich übertreibe mit der Knödelschelte, probiere von diesen Deuerlinger Sensationsknödeln. Für einen Sonntag sei Reservierung allerdings dringend empfohlen.

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