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Montag, 9. Mai 2016

Beim 6. Fränkischen Bratwurstgipfel in Pegnitz

Street Food boomt. Aber das meiste Street Food, das Madame und mir bislang unter die Nase kam, war der Rede nicht wert, ja teils waren kulinarische Frechheiten darunter, dass ich mich manchmal frage, weshalb um diesen überteuerten Imbiss allgegenwärtig so ein medialer Hype veranstaltet wird. Das beste am ganzen sind oft die aufgemotzten Foodtrucks und die Typen darin. Aber ihre Speisen ...? Bessere Studentenküche. Nicht immer. Wenn Profis am Herd stehen, kann Street Food direkt gut schmecken!

Dabei ist "Essen auf die Hand" doch ein uralter Hut. Gerade wir Regensburger wissen doch, dass der Imbiss im Grunde hier bei uns erfunden wurde: In der Wurstkuchl an der Steinernen Brücke. Bratwürste gibt es heute dort vornehmlich - und um Bratwürste und wenig anderes geht es beim alljährlich Anfang Mai im oberfränkischen Pegnitz ("Bängerz") veranstalteten Fränkischen Bratwurstgipfel.

Heuer treten zum sechsten Mal Metzger aus Ober-, Unter- und Mittefranken an, um Titel zu gewinnen. Ja, Metzger nennen sich diese Fleischwarenvirtuosen und ihre Betriebe heißen Metzgereien und nicht "Wurstmanufakturen" oder wie sonst bekiffte Marketingschnösel andernortens ihrer Klientel einreden, dass ein Fleischhandwerksbetrieb des 21. Jahrhunderts zu heißen habe.
von Robert Bock

Am Muttertag 2016 traten 16 Metzgereien in jeweils zwei Kategorien ("Klassische Bratwurst" und "Kreative Bratwurst") an. Als gebürtiger Pegnitzer ("Bängerzer") ist es für mich ein Pflichttermin dort zugegen zu sein - und da Madame (treue Leserinnen und Leser werden sich erinnern), obschon in der ehemaligen UdSSR großgeworden, meint, im Grunde sei sie so etwas wie ein "Fränkin im kulinarischen Geiste", müssen wir da selbstverständlich hin.

2016 war das Wetter erheblich besser als voriges Jahr. Bereits um 11:15 Uhr, eine Viertelstunde nach offiziellem Start, ist das Gelände am Wiesweiher bereits zu 90% ausgelastet.

Unter strahlend blauem Himmel braten 16 Metzger aus Franken je zwei Sorten Bratwürste und das zu tausenden versammelte und tiefenentspannt wirkende Volk steht geduldig an den Verkostungsständen an.

Eine Live-Band spielt Klassiker der Pop-/Rockmusik. Alles smooth, alles ziemlich gechilled. Das Fränkische Bratwurst-Woodstock gewissermaßen. Slow Food eben - nicht sein Gegenteil. So eine Fränkische Bratwurst bedarf zum gepflegten Verzehr einer gewissen Muße ...

Alle 20 Kilometer würden in Franken die Bratwürste einen eigenen Stil aufweisen, referiert einer der teilnehmenden Metzger am Mikro - da ist etwas dran. Wer die Fränkische Bratwurst kennt, fragt sich weshalb man das Zeug aus Thüringen so hochjubelt. Naja, irgendwas brauchen unsere Ossis wohl fürs Selbstwertgefühl. Identifiziert sich, wer nie Fußballwelt- oder Europameister war, vielleicht ersatzweise mit einer Bratwurst ...?

Es lohnt sich hier anzustehen, aber 32 Bratwürste packen selbst hartgesottene Bratwurstfans wie Madame und ich nicht ansatzweise!

Nachdem wir uns 2015 eher auf die "klassischen Wettbewerbsbeiträge" konzentriert hatten, beschließen wir, 2016 den "kreativen Bratwürsten" den Vorzug einzuräumen. Vier aus Sechszehn wurden es - dann war Schicht im Schacht. Wer Frankens Bratwürste kennt weiß, dass das ordentliche Brummer sind. Ausnämlich der eher winzigen Nermbercherer Broadwerscht - aber ob an der Legende etwas dran ist, dass die Metzger die Dimension ihres besten Stückes zum Vorbild nehmen, werden Nürnbergs Metzger vermutlich ins Reich der Lüge verweisen ...

Runde 1 läutet für uns der Loggalmaddador Klaus Lindner aus Pegnitz mit seiner "Biertreberbratwurst mit Hopfen und Malz" ein. Hätte mans nicht vorab gewusst, man hätte es nicht geschmeckt, dass da Biertreber, Hofpen und Malz enthalten waren. Auch von Textur und Farbe her geriet uns dieser Wettbewerbsbeitrag als nicht überzeugend. Und das sage ich als gebürtiger Pegnitzer natürlich sehr ungern: Der schwächste Beitrag, den wir kosteten - aber am Ende reichte es für den Lindners Klaus zu Platz 2 im Gesamtfeld für seinen Kreativbeitrag! Der Heimvorteil ...?

Griebnbratwurst links, Pulled Pork Griller rechts
Runde 2 und 3 zeitgleich (Madame an einem, ich am anderen Stand angestellt): Der Pulled Pork Griller (Fränkisch: "Bulld Borg Grilla") der Metzgerei Freund aus Sommerkahl, Unterfranken) und die Gr(ieben)apfel-Bratwurst der Metzgerei Deininger aus Markt Einersheim - ebenfalls Unterfranken.

Der Pulled-Pork-Griller wird mit einer sehr überzeugenden Barbecue-Sauce im Weggla geliefert, hat eine schöne fasrige Textur und schmeckt ungemein würzig. Sehr schön! Dieser kreativen Wurst wünschen wir eine Zukunft!

Die Gr(ieben)apfel-Bratwurst ist meiner und Madames persönlicher Höhepunkt des heutigen Tages. Wie wunderschön schmiegen sich die feinen Apfelaromen und die knusprigen Grieben ans Bratwurstbrät! Perfekt gebraten ohnedies - eine sensationelle Neukreation! Bravo, Metzgerei Deininger! Platz 3 am Ende im Feld der 16 Kreativbratwürste.

Unsere vierte und letzte Runde gehört der Gourmetbratwurst mit Käse und Spinat, die bei uns beiden knapp hinter der Griebengeschichte auf Rang zwei respektive 3 (Madame) notiert. Die Wurst präsentiert sich mit einer eher fluffigen Konsistenz, was nicht einladend klingen mag, aber in der Wirklichkeit sehr überzeugt.
Der Spinat schmeckt nach Spinat und erzeugt die typische Rauhheit an den Zähnen, der Käse schmeckt dezent und zieht leicht Fäden. Sehr schön! Sehr, sehr schön - aber der Grieben-Konkurrent hat leicht die Nase vorn.

Wir bekommen Durst: Weine aus Oberfranken sind angesagt - ein paar Zipfel Weinbaugebiete Frankens ragen tatsächlich in diesen Regierungsbezirk. Der Silvaner und der Kerner, den wir am Stand eines hiesigen Weinhändlers ordern, überzeugt uns nicht. Mag auch am Glas gelegen haben - so ein Glühweinhumpen mag zwar praktisch sein, schmeichelt aber einem Wein als Trinkwerkzeug mitnichten.

Die Mehrheit hier trinkt Bier - klar, wir sind in Oberfranken = Bierfranken - aber den wenigen, die hier Wein trinken, mags wohl, wie den Biertrinkern auch, eher auf die Dröhnung als auf den Genuss ankommen ...

Etwas Süßes bevor wir uns auf den Heimweg machen? Logisch! Seit Wochen liegt mir Madame mit dem Spritzgebäck der Bäckerei-Konditorei Lang aus Bayreuth vom vergangenen Jahr in den Ohren. Ob es das wieder gebe und wenn nein, was dann, usw ...?

Die Langs waren gottlob wieder da, wie auch andere Kuchenanbieter, deren Vitrinen ausgesprochen lecker anzusehende Kuchen, Dordn und Blädderdeichbasdedn offerierten.

Es gab das frisch und vor Ort in Schmalz herausgebackene und mit Kristallzucker überzogene Spritzgebäck - und es war schier unübertreffbar lecker geraten, so lecker, dass Madame schon abgebissen hatte, bevor ich eine Chance hatte, den Fotoapparat zu zücken!

Ein süßes kulinarisches Highlight ersten Ranges, so unspektakulär es daherkommt. Für alle Fans von Schmalzgebäck ein ganz, ganz heißer Tipp für den kommenden Gipfel in Pegnitz!

Die Jury bei der Arbeit
Am Ende sahnte die Metzgerei Rösch aus Neustadt/Aisch in Mittelfranken souverän sowohl den Preis für die beste klassische und die kreative Bratwurst ab - beide hatten wir leider nicht probiert. Wie gesagt: 32 Bratwürste zu probieren gliche Harakiri und selbst wenn wir uns jede geteilt hätten ("Versuchala"), wäre das bei einem Preis von 3 EUR pro Bratwurst mit 96 EUR zu Buche geschlagen ... Das rechnen wir geschmeidig in Weinkartons und Kalorien um und beschränken uns beim Bratwurstschmaus.

Wir empfehlen diese Veranstaltung als eine der bestorganisierten und stimmungsvollsten "Streetfood-Events" Bayerns! Entschuldigung ... Frankens! Zudem mit wirklich durchgängig leckerem Essen und so ziemlich frei von veganem Bullshit-Fraß. Hier: artgerechte Nahrung für den Homo frankoniensis.


1 Kommentar:

  1. Also die "Versucherla" haben nur 1,50 Euro gekostet und zu dritt oder zu viert war es schon zu schaffen,alle 32 zu probieren.Zu zweit zugegebenermassen schon schwierig.Gruß Werner.

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