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Donnerstag, 21. Juli 2016

Müller-Thurgau-Maniacs (VI): Maggie Schauner aus Iphofen

Foto: Weingut Von der Tann
Man mag es nicht für möglich halten, aber die gute Margarete Schauner hat als Nei'gschmeckte, wie man in Mainfrankens Winzerkreisen Menschen nennt, die nicht aus einer Winzersfamilie stammen, mit ihrem ersten selbstausgebauten Wein bei der Fränkischen Weinprämierung eine Silbermedaille eingeheimst!

Von diesem Wein und seiner Schöpferin soll heute hier die Rede sein: Ein 2015er Müller-Thurgau halbtrocken Kabinett vom Iphöfer Kronsberg.

Wobei - wäre es nicht unfair den Mann im Weinberg zu verschweigen? Der Mann, der ihr - holterdiepolter - ein Fass voll 3000 Litern seines frisch gekelterten Müller-Thurgau-Rebensaftes vor die Nase stellte und zu ihr sagte: "Zeig, was du kannst, Maggie! Zeig mir, was ich dir in den zurückliegenden sieben Jahren, seit wir beide uns kennen- und lieben gelernt haben, beigebracht habe!"

3000 Liter eingefangenen Sonnenscheins und Knochenarbeit für einen Erstversuch riskieren? Wer würde da nicht weiche Knie bekommen ... Maggie handelte ihren Liebsten auf 600 Liter herunter, aus denen sie schließlich 500 Liter ihres ersten eigenen M-Th ausbaute. Diese Menge, meint sie, hätte man notfalls noch selbst trinken können, wenn's in die Hose gegangen wäre ...
von Robert Bock 

Steffen von der Tann heißt der mutige junge Winzer, der so viel Vertrauen in die Dame seines Herzens investiert hat. Kein Nei'gschmeckter, sondern Winzer im Iphöfer Weingut von der Tann in mittlerweile dritter Generation. Maggie und Steffen führen das Weingut, ein Stück außerhalb, nordöstlich des pitoresken mittelalterlichen Städtchens  gelegen, mittlerweile gemeinsam.

Foto: Weingut Von der Tann
Steffen ist der Mann in Wingert und Keller, Maggie kümmert sich ums Marketing, organisiert Veranstaltungen, hält gemeinsam mit Steffen Weinproben ab und hilft bei allen Arbeiten im Weinberg - soweit ihr Master-Studium (Literatur und Medien) in Bamberg und ihr Job in der Vinothek Iphofen ihr Zeit lassen. Maggie scheint mir einer der wenigen Menschen zu sein, die die Vorsehung mit einem 36-Stunden-Tag gesegnet hat ...

Foto: Wiengut Von der Tann
Gut die Hälfte der zweieinhalb Hektar Rebfläche des Weinguts von der Tann sind mit Müller-Thurgau bestockt. Steffen und Maggie sind experimentierfreudig und versuchen mit verschiedenen Reinzuchthefen und Ausbaumethoden unterschiedlichste Schattierungen aus ihren M-Th-Trauben herauszukitzeln.

Maggie Schauners 2015er Müller-Thurgau resultierte aus dem Einsatz einer eher untypischen Reinzuchthefe namens "Anaferm Frucht", die normalerweise für fruchtige Rotweine verwendet wird. Das Lesegut wuchs auf den sonnenverwöhnten Lagen des Iphöfer Kronsbergs auf Gipskeuperböden am Rande des Steigerwaldes.

Unterschätzt sei die Rebsorte Müller-Thurgau Maggies Meinung nach. Sie möchte unkomplizierte Weine kreieren, die nicht nur ihr schmecken, sondern auch andere begeistern und die Sorte Müller-Thurgau aus der - ihrer (und unserer) Meinung nach - unverdienten Versenkung holen.

89 Grad Oechsle, komplett gesundes Lesegut - keine Handbreit Raum für Ausreden, Steffens Vorarbeit im Weinberg sei schuld an einem möglichen Desaster.

Der Wein wurde im Edelstahlfass ausgebaut und ruhte etwa drei Monate auf der Feinhefe. Alle paar Wochen rührte Maggie diese auf, um ein Maximum an Aromatik aus dem Rebensaft zu kitzeln.

Im Anschluß Ruhe. Ein junger Wein, sagt Maggie, brauche seine Zeit, damit er sich voll entfalte ... Dann ab mit dem Tröpfchen in elegante dunkle Schlegelflaschen und die Etiketten appliziert. Die Etiketten hat Maggie selbstverständlich selbst gestaltet und gedruckt - irgendwie muss die sechsunddreissigste Stunde ihres Tages schließlich sinnvoll genutzt werden.

Nun sitzen Madame und ich also vor zwei Weißweinkelchen und Maggies erstem eigenen Wein - jenem Müller-Thurgau, der sie zu einem Müller-Thurgau-Maniac qualifizieren soll, in Reih und Glied mit lauter gestandenen Winzern und Weinmachern - schreiten wir zur Verkostung:

2015er Müller-Thurgau halbtrocken Kabinett | Iphöfer Kronsberg |Margarete Schauner - Weingut von der Tann | Iphofen - Franken (Steigerwald)

Alk 12% | Rz 7,4 g/L | Gs 6,4 g/L | Schlegelflasche mit Schraubverschluss | 7,50 EUR/0,75L ab Weingut

Im Glas (Spiegelau Authentis Weißweinkelch und Zalto Universalglas): Hellgelb, zarte Schlierenbildung am Kelch.

In der Nase: Zarte florale Noten, im Vordergrund Holunderblüten | Pfirsich, Grapefruit, Zitrone - im Zalto-Glas kommen hinzu: Mispel, Birne, dezentes Eisbonbon

An Zunge und Gaumen: Gelber Apfel, Quitte, schwarze Johannisbeere | fantastische Gipskeuper-Mineralität, beinahe kaubarer Grip

Foto: Weingut Von der Tann
Fazit: Madame fasst ihr persönliches Urteil (sie bevorzugte das Spiegelau-Glas für diesen Wein) knapp zusammen: "Ein richtig, richtig, richtig geiler Wein!" - Mir persönlich gefiel das Zalto-Glas für diesen Wein besser und reihe ihn unter die drei besten Müller-Thurgau-Weine ein, die ich je getrunken habe: Die Wucht des Müller-Thurgau "Große Tradition" von Christoph Hammel aus der Pfalz, gepaart mit der verspielten Eleganz des Rivaner halbtrocken vom Weingut Bender (Pfalz) - so in etwa darf man sich diesen herausragenden Müller-Thurgau vorstellen.
Beide sind wir aber schwer enttäuscht: Die Flasche war viel zu schnell leer! Für ihren ersten Müller-Thurgau eine schier unglaubliche Leistung von Maggie Schauner, zu der man sie und ihren Freund Steffen Von der Tann uneingeschränkt beglückwünschen kann. Der Wein ist "halbtrocken" deklariert - seine lediglich 7,4g Restzucker erwecken, gepaart mit der knackigen fränkischen Säure, den Eindruck eines trockenen aber fruchtigen Weines - eine Kombination, in der ein Müller-Thurgau meines Erachtens seine Stärken voll ausspielen kann. Ein wunderbarer Wein, der riesig Spaß macht!



Ab sofort darf Maggie ihre hochgestecken Ziele auch im Weinberg verfolgen, denn Steffen hat ihr ein kleines Stück Weinberg - selbstredend bestockt mit M-Th - zur Verfügung gestellt, wo sie sich nun auch den ersten Teil ihrer Weinkreationen bei Wind und Wetter in Eigenregie managen darf. Auf Maggie Schauners 2016er Müller-Thurgau vom Weingut von der Tann in Iphofen dürfen alle Freunde des Müller-Thurgau gespannt sein.


Maggie Schauner im Genussmenschen-Interview auf genussverliebte.de


Hinweis für Weinschaffende: Ich verleihe mit dieser Artikelserie, meiner Leidenschaft für diese Rebe und die Macher moderner Müller-Thurgau-Weine Ausdruck. Winzer, die sich angesprochen fühlen, wenn man sie in den Kreis der "Müller-Thurgau-Maniacs" einreihte, sind herzlich eingeladen, sich bei mir via eMail oder Facebook zu melden ... R.B.





9 Kommentare:

  1. Hallo Herr Bock, bei aller Aufmerksamkeit, die junge Winzer(innen) wie Maggie Schauer verdienen-halten Sie es wirklich für sinnvoll, wenn ein Wein seinen Geschmack von einer Reinzuchthefe mitbekommt und nicht von seiner Herkunft bzw von seiner Rebsorte? Kann und soll so die Zukunft des fränkischen Weinbaus aussehen, wenn neutral schmeckende Reben wie MT mit Labortechnik zu " richtig, richtig geilen Weinen" getunt werden?

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    1. Die Wahrheit liegt allein im Glas. Wenn ich an den derzeitig gehypten, leider oft widerwärtig schmeckenden Mist im Bereich der "Orange-Wines" denke und diese mit einem Wein wie diesem vergleiche, weiß, ich was ich persönlich bevorzuge. Getuned wird immer - ob das Barrique-Ausbau ist oder andere weinrechtlich zulässige Spielereien. Es gibt zig Parameter, an denen ein Winzer drehen kann, um einen Wein mit Charakter und Genusserlebnis zu schaffen. Wer's puristisch mag, sollte bitte auch nur autochtone Rebsorten eines Gebiets konsumieren - da wirds dann aber häufig verdammt dünn...

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  2. Hallo Herr Bock, keine Angst: die ideologisch-verkopfte Diskussion um orange wines steht hier gar nicht im Raum! Aber zwischen Most vergammeln lassen und ihm beliebiger Aromen zu verpassen dank Wahl der Reinzuchthefe liegen auch nochmal Welten. Und da frage ich mich, welchen Sinn es macht, aus einem fränkischen MT von einem ganz bestimmten Standort einen Allerweltswein zu designen, der so auch aus der Neuen Welt oder sonst wo herkommen könnte, dort zudem billiger erzeugt und grossräumiger vermarket werden könnte.
    Ach ja, " wer´s puristisch mag, sollte bitte auch nur autochtone Rebsorten eines Gebietes konsumieren- da wirds dann aber häufig verdammt dünn..." -nö, wirds nicht, ganz im Gegenteil! Selbst im technikgläubigen, reinzuchthefevernarrten, primäraromenergebenen Franken gibts zB jede Menge spannender, urwüchsiger und unterschiedlicher Sylvaner, da wird gar nichts dünn, da gibts spannende Entdeckungen genug zu machen!

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    1. Silvaner ist eine autochtone Rebsorte Österreichs. Weitere Vorschläge für auitochtone fränkische Rebsorten. ferner: Irgendeine Hefe MUSS wohl zum eisnatz kommen, wenn man keine natürliche Vergärung a la Orange-Wine vorhat. Wer sind Sie, dass Sie entscheiden wollen, welche Hefen genehm oder nicht genehm sind? Mir mutete das alles zu sehr nach im Wortsinne geschmäcklerischer Geschmackspolizei an. Abgesehen davon: Wenn man einen konkreten Wein (noch) gar nicht probiert hat, sollte man mit seinen Urteilen zurückhaltend sein, meine ich. Wenn Sie diesen M-Th verkosten erfahren Sie eine glasklare Handschrift des Terroirs in dem er gedieh und entstand. Das hat mitnichten mit Allwerweltsweinen z tun. Gerade was M-Th angeht, ist dieser Wein alles andere als ein Allerweltstropfen ... Können Sie aber leide rnur theoretisch bewerten, da sie den Wein ja nicht kennen. Trinken Sie bitte, was sie wollen, aber hören Sie auf, anderen vorschreiben zu wollen, was sie zu trinken haben.

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    2. Ich als die betreffende Winzerin muss mich hier mal kurz einschalten. Erstmal verstehe ich Ihre Angst bzw. Abneigung gegen zu viel 'rumgeschraube' an einem Wein vollkommen und teile diese sogar mit Ihnen. Allerdings muss ich auch sagen, dass wir Winzer zwar dank Reinzuchthefen verschiedene Geschmacksrichtungen einer Traubenart herauskitzeln können, allerdings keinesfalls dem Wein grundsätzlich Geschmack zuführen können. Qualität und Geschmack werden immer noch - wie seit Anbeginn des Weinbaus - im Weinberg gemacht. Boden, Klima, Rebsorte; da haben wir Winzer nur bedingt Einfluss darauf.
      Zum Thema Spontis: Die meisten spontanvergorenen Weine, die ja wie Sie richtig bemerkt haben auf den Zusatz von Reinzuchthefen aktiv verzichten, nehmen diese passiv dennoch auf. Ich garantiere Ihnen, Sie finden in fast jedem Keller Spuren von Reinzuchthefen, die sich im Mauerwerk über die Jahre festgesetzt haben. Die meisten 'wilden' Hefen sind auf Reinzuchthefestämme zurückzuführen.
      Ich finde es schade, dass Sie alle (fränkischen) Winzer über einen Kamm scheren, denn wir in Deutschland sind viel mehr an Gesetze und Regeln gebunden - nicht so wie beispielsweise in den USA - und, ich denke ich dann da für alle meine Kollegen/innen sprechen, wir lieben das was wir tagtäglich tun.

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  3. Sehr geehrte Frau Schauner, betrachten Sie meinen Kommentar bitte auf keinen Fall als Herabsetzung Ihrer Arbeit! Ich habe grossen Respekt vor Menschen wie Ihnen, die die Weinszene dadurch lebendig halten, dass sie neue Wege wagen. Ich möchte auch keine ideologische Diskussion zum Thema Reinzuchthefe/Sponti führen. Mir persönlich wäre ein Wein, bei dem eine weisse Aromasorte mit einer rotweinhefe vergoren wird, nur einfach zu viel der geschmacklichen Verfremdung. Aus gleichen Gründen möchte ich auch keinen Grünen Veltliner trinken, der nach Sauvignon duftet und schmeckt oder einen Sangiovese, der Bordeaux spielt. Desweiteren beklage ich die Uniformität vieler fränkischen Weine, die in meinen Augen sehr stark auf ein Schema F setzen ( hohe Primärfruchtigkeit dank passender Hefewahl, Kaltvergärung, Zuckerschwänzchen, Gärkohlensäure) und wo ich mich dann frage, was an diesen Weinen noch typisch fränkisch sein soll und ob das die Zukunft der fränkischen Weinbautradition sein kann und soll.

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    1. Mit Verlaub gesagt,

      wenn man einen Wein nicht probiert und auch keine Ahnung von Weinbau hat, denn dann wüsste man, dass Reinzuchthefe als solche weder positiv noch negativ ist, und nichts zum Geschmack des Weines hinzufügt, was die Trauben nicht mitgebracht haben, und man wüsste vielleicht auch, dass es im Handel Reinzuchthefen gibt, die aus den Kellern berühmter spontanvergärender Winzer vermehrt wurden, dann könnte man sich solcherlei verunglimpfende Kommentare doch eigentlich sparen!
      Ich habe mir den 2015 Müller-Thurgau und auch den 2016er Nachfolger OMG bestellt und bin gespannt!

      Überhaupt empfinde ich die Idee der Müller-Thurgau-Maniacs total klasse, denn obwohl mein Weinkeller voll ist mit Riesling etc. gehört eine Müller-Thurgau-Spätlese, die ich vor fast zwei Jahrzehnten trinken durfte, zu den Weinen, an die ich mich bis heute erinnere.

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  4. Jetzt habe ich ihn im Glas, den "halbtrockenen" Müller-Thurgaus aus dem Jahr 2015. In der Nase ist der Wein wunderbar komplex und tiefgründig, am Gaumen frisch und zugleich von schöner Tiefe und einigem Extrakt. Das man so einen Wein aus der Müller-Thurgau Rebe keltern kann, alle Achtung!!! Wieder einmal wird deutlich, wie unnötig die Diskussion spontanvergoren versus Reinzuchthefe ist, denn würde die Winzerin mir diesen Wein als spontanvergoren einschenken, ich würde ihr aufgrund der Komplexität dieses Weines in der Nase und am Gaumen Glauben schenken. In der Tat, die Wahrheit liegt im Glas! Großes Kompliment an die Winzerin!!
    Ein kleiner Kritikpunkt sei mir gestattet: Weshalb das Prädikat Kabinett? Auch der OMG, den ich spätestens morgen probieren werde, trägt dieses Prädikat, das ich bei Weinen dieses Kalibers nicht für besonders aussagekräftig halte. Wäre, liebe Frau Schauner, einfach weglassen nicht auch möglich?

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    1. Lieber Stephan,

      erstmal vielen Dank für Ihr Lob - die Pseudo-Winzerin schwebt grad zwei Zentimeter über dem Boden!
      Warum Kabinett? Das liegt hauptsächlich an der Tradition bei uns im Betrieb. Bei uns kommt kaum ein Wein unter Kabinettniveau auf die Flasche, bei vielen unserer Kunden hat sich das einfach als ein Merkmal eingebrannt - ein 'Problem', das ich bereits mehrfach mit Kollegen diskutiert habe und das wir Winzer uns mit der Qualitätspyramide meiner Meinung nach selbst 'gezogen' haben. Bei uns steht eben jene Pyramide für Qualität und über diese rechtfertigen wir im Weinbau - leider!!- noch viel zu oft einen gewissen Preis. Wenn es nach mir ginge und würde ich komplett darauf - genauso wie auf die Prüfung im Allgemeinen - verzichten.

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