Johannes Deppisch führt die Privatkellerei Deppisch in Erlenbach bei Marktheidenfeld in mittlerweile fünfter Generation.
140 Jahre Weingutgeschichte: Tradition kann eine Last sein, aber auch beflügeln. Theo Deppisch hat vor einigen Jahren die Verantwortung in des Sohnes Hände gelegt und der prägt seither die Politik des Traditionsbetriebs und die Stilistik seiner Weine.
Diese seien, in seinen Worten ausgedrückt, markant, bodenständig und verfügten über individuelle Persönlichkeit. Jahr für Jahr strebe er an, dass Wein für Wein bei ausgeprägter Fruchtigkeit die typischen Merkmale von Jahrgang, Rebsorte und Lage wiedergebe.
Tradition bedeutet für Johannes Deppisch nicht das Bewahren der Asche, sondern die Flamme am Lodern zu halten. In diesem Sinne lebt er Innovation, ohne die Wurzeln der großen Tradition seines Weingutes zu kappen.
Ob sich diese Philosophie auch in dem Rivaner spiegelt, von dem in diesem Feature die Rede sein soll ...?
von Robert Bock
Umweltschutz und naturnahes Wirtschaften nimmt Johannes Deppisch sehr ernst. Für sein umweltbewußtes Handeln wurde das Weingut als einziges im Landkreis Main-Spessart in den "UMWELTPAKT BAYERN" aufgenommen.
Der Betrieb baut, hauptsächlich aus den Lagen Erlenbacher Krähenschnabel und Homburger Kallmuth stammend, klassische Weißweine wie den Müller-Thurgau/Rivaner, Silvaner, Riesling, Bacchus, Scheurebe, Weiß- und Grauburgunder aus , aber mit dem Ehrenfelser auch eine seltene, exotische Spielart des Rieslings.
Im Segment Rotwein setzt man auf Domina, Dornfelder, Spätburgunder, Schwarzriesling und Regent.
Johannes Deppisch zählt sich zu den "Müller-Thurgau-Verrückten". Deswegen hat er sich um die Aufnahme in den Zirkel der Müller-Thurgau-Maniacs beworben. Er bietet Müller-Thurgau trocken und feinherb, in Schlegelflasche und Bocksbeutel aus drei verschiedenen Lagen an. Den Rivaner - leichfüßiger und niedrig im Alkoholgehalt - im großen und kleinen Bocksbeutel.
Heute geht es um seinen 2016er Rivaner im Bocksbeutel.
Das Etikett weist "Tauberfranken" und "Baden" als Herkunft aus. Erlenbach liegt aber im fränkischen Mainviereck. Das verwirrt mich ... Johannes Deppisch klärt mich auf:
Jener Rivaner, von dem die Rede ist, stamme aus dem alten Weinberg "Wüstenzeller Klosterberg". Wüstenzell sei der letzte Ort im Landkreis Würzburg. Früher gehörte diese Einzellage zu Franken, was er anhand alter Etiketten nachweisen könne. 1971 wurde dieser Weinberg der Lage "Dertinger Mandelberg" hinzugefügt und ist seither "Badisch". Die Weine werden in Freiburg bei der Qualitätsweinprüfung geprüft.
Seit über 25 Jahren sei sein „RIVANER trocken“, als moderner Typ des Müller-Thurgaus, sein erfolgreichster Wein. Sein Weingut vermarkte diesen nicht nur an Endverbraucher, sondern auch Gastronomie, Fachhandel und Feinkosthandel fragten seinen Rivaner erfreulich gut nach. Außerdem sei er sein wichtigster Export-Wein. Der wichtigste Grund für den Erfolg ist Deppischs Meinung nach der erfrischend-unkomplizierte Charakter, die pikante Fruchtigkeit und die angenehm-harmonische Säure die diesen Wein für einen großen Konsumentenkreis attraktiv machten.
Na, dann schau mer mal, ob unsere Verkostungsnotizen halten, was der Vorschusslorbeer seines Erzeugers verspricht ...
2016er Rivaner trocken QbA | Privatkellerei Johannes Deppisch | Erlenbach bei Marktheidenfeld | Tauberfranken/Baden | 11,5% Alc.
Im Glas (Spiegelau Weißweinkelch): Hellgelb, zart
In der Nase: Bei 8 Grad Celsius: Jasminblüten, Birnenkompott | zart, duftig, sehr floral / Bei 10-12 Grad Celsius: Weiße Johannisbeeren, weiße Gummibärchen, gelber Apfel
An Zunge und Gaumen: Bei 8 Grad Celsius: Zitrusfrüchte, Sternfrucht, Birne | zartes Moussieren, sehr süffig! / Bei 10-12 Grad: Ananas, kandierte Mango, gelber Apfel - sehr dezente, zurückhaltende Säure.
Fazit: Ein charmanter, filigraner und vor allem eigenständiger Rivaner, der bei Temperaturveränderung und Einfluss von Sauerstoff ein facettenreiches Spiel entfaltet. Mich erinnert dieser Rivaner an frische Sauvignon Blancs von der Loire. Das bitte ich als Kompliment zu werten.
Einfache Schoppen bleiben vom ersten bis zum letzten Schluck in der Flasche gleich - besondere Weine entwickeln sich und überraschen im Minutentakt. Den 2016er Rivaner von Johannes Deppisch rechne ich zu diesen besonderen Weinen. Um ihn aber zu den "großen Weinen" dieser Rebsorte zu zählen, ist er für meinen persönlichen Geschmack eine Spur zu leichtfüßig und nonchalant konzipiert.
Kein Wein zum Meditieren - ein (gut gekühlt) süffiger, charmanter Wein für jeden Tag, der auch als Speisenbegleiter punkten kann. Wir empfehlen ihn exemplarisch zu Spargel mit Hollandaise, hellem Geflügel, Gemüsegerichten (Artischoken!), hellen Risotti, Gnocchi mit Salbeibutter, Vitello Tonnato, Skrei mit Topinamburpüree.
Wir gratulieren Johannes Deppisch und seinem Team zu diesem charaktervollen Rivaner, der belegt, dass die Müller-Thurgau-Rebe in diesem Weingut noch ein echtes Zuhause hat, wertgeschätzt und mit Leidenschaft behandelt wird. Sonst entstehen aus dieser Rebsorte keine spannenden Weine. Johannes Deppisch darf sich mit Fug und Recht Müller-Thurgau-Maniac nennen.
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