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Samstag, 23. September 2017

In der Alten Mainmühle zu Würzburg

Das fränkische Gasthaus am Main, so lautet der Claim auf Website und Kassenbon. Dichter am Main kann der Würzburgbesucher tatsächlich kaum speisen.

Unmittelbar am östlichen Brückenkopf der Alten Mainbrücke, die den Strom hier, vergleichbar mit der Prager Karlsbrücke oder unseren Steinernen Brücke zu Regensburg, überspannt, residiert das mehrgeschossige fränkische Gasthaus Alte Mainmühle in touristisch optimaler Lage.

Man ist geneigt hier eine Touristenfalle zu vermuten, wie es sie in Regensburg mittlerweile leider allzu häufig gibt. Allerdings liest sich die in Deutsch und Englisch verfasste Speisekarte überraschend bodenständig, die Weinkarte - ausschließlich fränkische Weine - nicht minder, und - das ist das Alleinstellungsmerkmal an einem heißen Mittwochmittag im August - es ist ein schattiger Tisch mit Blick auf den Main und die Festung Marienberg im Obergeschoss der zweistöckigen Terrasse frei.
Um uns herum viele US-Amerikaner. Man erkennt sie, ohne dass sie den Mund auftun müssen, denn die linke Hand ruht in ihrem Schoß, während sie speisen. Die meisten sind anscheinend seit Jahrzehnten verheiratet. Ehejahre erschöpfen das Gespräch ...
von Robert Bock

Meine charmante Begleiterin und ich haben gerade eine ausgiebige Besichtigung der Würzburger Residenz hinter uns und sind auf dem Weg zur Alten Mainbrücke hier und dort abgebogen.

Es ist heiß, wir haben Durst, wir haben Hunger und keine Lust auf langes Suchen eines Lokals, wo man uns einen Happen fränkischer Küche serviert.

Sie bestellt auf mein Anraten hin „Fränkisches Hochzeitsessen“ - Kalbstafelspitz in Meerrettichsauce mit gebratenen Semmelnudeln und Preiselbeeren (16,80 €) und dazu nach langem Für und Wider einen 2015er Muschelkalk Riesling, Weingut am Stein Würzburg (1/4 Liter 5,90 €).

Das "Hochzeitsessen" ist eine kulinarische Meisterleistung der Küche der Alten Mainmühle und schwer verbesserbar.

Das Rindfleisch ist perfekt gegart, die Meerrettichsauce würzig, scharf, aber nicht zu scharf und kontrastiert schön mit dem großzügigen Klecks Preiselbeeren.

Der eigentliche Höhepunkt dieses Tellers sind aber diese perfekt gegarten Bandnudeln in einer wundervoll buttrigen Semmelbröselbutter, der Frühlingszwiebeln einen Hauch ihrer Aromen leihen. Bandnudeln in einer Semmelbröselbutter geschwenkt, das habe ich so noch nirgendwo gesehen. Großartig!

Dass ein Riesling in der Lage Würzburger Stein im Regelfall gut gelingt, ist dem Weinkenner kein Geheimniss, dass meine charmante Begleiterin allerdings zu dem Urteil gelangen würde, dies sei der beste Riesling, den sie in ihrem Leben bislang getrunken habe, war so nicht zu erwarten.



Ich bestelle mir die "Hausgemachte Sülze mit Radiesle-Schnittlauch-Vinaigrette und Bratkartoffeln" (9,60 €) und dazu einen 2015er Weißburgunder, trocken, Muschelkalk, Biodynamischer Anbau, Weingut am Stein, Würzburg (1/4 Liter 5,90 €).

Die Sülze mutet von der optischen Machart her einem weißen Pressack an - aber das mag hiesigem Lokalkolorit des Metzgerhandwerks geschuldet sein. Schmecken tut diese "Sülzwurst" in dünnen Tranchen ausgezeichnet. Die Senf-Vinaigrette harmoniert sehr schön mit dem frischen Senfölen des Radischens.

Die Bratkartoffeln sind prima, wenngleich etwas leise gesalzen, bestechend ist ihr feines Butteraroma.

Unterm Strich läßt auch dieses Gericht keinen Wunsch offen. Auch der Weißburgunder nicht - der Würzburger Stein ist eben eine Bank.

Gehobene fränkische Küche, exzellent zubereitet  mit Produkten aus der Region - man wünschte sich Vergleichbares bei uns in der Nähe der Steinernen Brücke. Keine Currywurst und keine Burger auf der Karte, keine Pizza und sonstige dislocierten Speisen - gehobene oberpfälzer Küche, oberpfälzer Bier und Baierwein. ich weiß, ich renne gegen Windmühlen an ... Die Alte Wurstkuchl bietet in Regensburg wenigstens mittelfränkische Küche an - man mache mir nicht weiß, dass fingerkleine Bratwürste auf Kraut eine typische Spezialität der oberpfälzer Küche sei: Sie ist der Nürnberger Küchentradition entlehnt ...



Wir verlassen die Alte Mainmühle satt und zufrieden und haben 38,20 EUR ohne Trinkgeld bezahlt. In bester Würzburger Lage mit toller Aussicht. Keine Spur von Touristennepp - im Gegenteil. Führt Euch der Weg nach Würzburg, sei Euch die Alte Mainmühle guten Gewissens und uneingeschränkt empfohlen.



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