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Freitag, 13. Juli 2018

In Goss we trust

Zwar lehrte uns Heraklit von Ephesos, man könne nicht zweimal in den gleichen Fluß steigen und obendrein ist sein berühmtes πάντα ῥεῖ meinem Blog als Motto vorangestellt, doch gibt es Wirtshäuser, da ändert sich von Besuch zu Besuch gefühlt nichts.

In den meisten Fällen bedauere ich das, aber im Fall des Brauereigasthofes Goss in Deuerling ist es der Grund an sich, dort wiederholt vorbeizuschauen, weil Chefin Gabriele Goss auf ihrem traditionellen Holzofen erstens hervorragend kocht und zweitens ihr Mann derart ausgezeichnetes, eigenständiges Bier braut, dass ich inständig hoffe, es möge sich auch künftig nichts, aber auch bittschön gar nichts ändern.

Gut, irgendwas ist ja immer, so auch in Deuerling, aber Küche und Bier überstrahlen die Verbesserungspotenziale derart souverän, dass ich mich kaum getraue zum Nörgeln anzusetzen ...
von Robert Bock

Im April hat sich mein Erstbesuch beim Goss zum ersten Mal gejährt. Einmal sah ich mich gezwungen unverrichteter Dinge wieder abzuziehen, weil man ohne Reservierung tatsächlich kaum eine Chance hat, an einem Sonntagmittag hier zwei Plätze zu ergattern.

Diesmal also "mit" ... Und zweimal Schäuferl mit Knödl haben meine charmante Begleiterin und ich  sicherheitshalber en passant auch gleich vorbestellt.

Nein: keine Experimente! Die Schäuferl - und erst recht die Kartoffelknödel von Chefin Gabriele - haben uns beide seit damals einfach nimmer losgelassen.

Schäuferl findest in der Gegend rund um Regensburg nicht allzu häufig auf der Karte und regelmäßig schon gleich gar nicht. Zu ungewöhnlich ist der Zuschnitt der Schulter der Sau für unsere hiesigen Metzger. Weiter droben im Norden der Oberpfalz und natürlich in Franken, sind Schäuferl oder Schäufala unabdingbarer Bestandteil auf der Speisekarte von Gasthäusern regionalen Zuschnitts.

Doch nicht nur das butterzarte, gschmackige Fleisch, auch die großartige, sauberst nach allen Regeln der Handwerkskunst gezogene Soße gelingen der Goss'schen Küche zum Niederknien gut, auch die Knödl.

Welche ein Glanz und wie fluffig sie sich aufreissen lassen! Dieser Duft erstklassiger Kartoffeln und erst ihr buttriger Geschmack ... Rund ein Viertel größer sind sie als die widerwärtigen Industrieknödl, die in unserer Gegend mittlerweile gefühlt 8 von 10 dieser Verräter an bairisch-fränkischer Esskultur ihren Gästen an-, statt ihre Knödl selbst von Hand zu drehen.

Auch nach der heutigen Erfahrung ist und bleibt der Goss'sche Kartoffelnödl im Großraum Regensburg meine persönliche Referenz. Christian Streiers Interpretation in der Schlosswirtschaft Heitzenhofen reicht zwar nahe heran, doch fehlt ihm die exorbitante Buttrigkeit des Deuerlinger Primus.

Der im Preis von 9,90 Euro fürs Schäuferl inbegriffene Beilagensalat ist von A bis Z handgemacht und besticht durch Qualität und Vielfalt seiner Komponenten: Radi, Kartoffelsalat, Karottensalat, Gurkensalat, Rotkrautsalat und Blattsalate. Kritikastern auf hohem Niveau: Die dunkelgrünen, etwas ledrigen äußeren Blätter eines Kopfsalates würde ich dem Gast nicht unbedingt servieren.

Helles Bier ist nicht mein Fall, das Goss'sche Märzenbier kenn ich, da es mein Getränkeabholmarkt führt, recht gut - den Josefi-Bock, den der Bräu in Restbeständen heute noch in der Kühlung hat, der juckt uns und so soll er unser beider Begleiter zum Schäuferl sein.

Trotz optimaler Kühlung rinnt der schwarzbraune Gerstensaft mit seinen 6,8% Alkoholgehalt herzerwärmend und süß, doch trotzdem schmeckbar hopfig die Kehle hinunter. Sobald man ihn in die viel zu schlanken 0,25er-Biergläser verbracht hat, ohne dass diese zu 2/3 voller Schaum sind ... Ein klassisches Halbekrügerl wäre als Trinkgefäß angebracht gewesen.

Noten von Schwarzbrotrinde und Karamell füllen breit die Mundhöhle; typische Töne der Folge von Maillard-Prozessen, würde ein Chemiker sagen. Kardamom und Nelken, Mandarine, herbe kräutrige Töne, schwer im Detail zu dechiffrieren leider, aber egal: Der Josefi-Bock 2018 vom Gossbräu in Deuerling ist ein ganz und gar großartiges Bier!

Eingangs stellte ich fest, es habe sich nichts geändert. Nicht nur - gottlob! - an der Qualität von Speis und Trank - auch der Service ist wie zuletzt freundlich, flott und ohne jeden Tadel. Reicht die Soße? Nein ...? Schon steht eine Sauciere auf dem Tisch. Vorbildlich!

Gut, das Schäuferl kostet 30 Cent mehr als vor rund einem Jahr. Das liegt deutlich über der offiziellen Inflationsrate ... Das Gebäude und alles drumherum ist nach wie vor keine Augenweide und wirkt, rein äußerlich beurteilt, noch immer wenig einladend. Die Toiletten sind alt aber gepflegt. Die Putzkraft sollte jedoch in der Herrentoilette den Blick gelegentlich gen Decke heben, dann fielen ihr die Spinnweben in den Winkeln auf. Den meisten Männern fällt sowas nicht auf, sind sie doch zu sehr damit beschäftigt, ihr bestes Stück in Händen zu bewundern. Oder zu zielen ...

Fazit: Ein Besuch zu Schäuferl, Klos und Goss'schem Bier ist meines Erachtens ein Pflichtbesuch für jeden, der beides noch nicht kennt.

Wie die anderen Speisen beim Goss schmecken weiß ich nicht, da ich keine je probiert habe. Wie die Goss'schen Biere munden, die ich noch nicht kenne, werde ich herausfinden, fand doch ein gemischter Kasten davon seinen Weg in meinen Kofferraum. Bierflaschen in einem Zwanzigertragerl klingeln anders als Weinflaschen im Sechserkarton ... Ja, man muss hervorragende Getränke mit geschärften Sinnen genießen, und zwar mit allen!

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