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Freitag, 21. September 2018

Jakob, Nittenau: Kleine Abzüge in der B-Note

Im September 2015 verschlug es mich zuletzt in den Brauereigasthof Jakob in Nittenau und heuer, drei Jahre danach, ein zweites Mal.

Damals brillierte die Küche mit tadelloser Kochkunst, derweil der Service und das Ambiente im Garten nicht auf Augenhöhe reüssierten.

Hat der Service aufgeholt, versteht es die Küche nach wie vor, die Gäste zu bezaubern? Irgendwas ist immer - und auch diesmal betrifft es den Service ...
von Robert Bock

Nach einer dreistündigen Wanderung durch wunderschöne, sanft hügelige Wiesen und Wälder zwischen Bernhardswald und Roßbach rührt sich der Hunger. Wohin ...?  Mich plagt ein Mörderdurscht, ich halluziniere: Ein Weißbier, trüb, strohgelb im schlanken Glas mit einem fluffig-festen Schaum gekrönt ... Ein Jakob. Das Nittenauer aber bittschön. Auf's Bodenwöhrer bekomm ich augenblicklich nach dem dritten Schluck Kopfweh. Weshalb das so ist, ist mir unergründlich, aber auch bei Weizenbieren anderer Brauereien ergeht es mir gelegentlich so.

So weit ist's nicht nach Nittenau, wenn wir nicht trödeln und uns verfahren, werden wir vor 13 Uhr im Gasthof sein. An einem Sonntagmittag werden sie, in Gottes Namen, für uns zumindest eine Brotzeit haben.

Tatsächlich ist das Lokal drinnen wie draußen auch kurz vor Eins noch gut besucht. Gerade wird im Garten ein Tisch frei; am Mäuerchen mit Blick auf den träge fließenden Regen. Hier gefällt es uns, hier wollen wir bleiben.

Die fesche junge Dame vom Service trägt - der Erwartungshaltung eines durchschnittlichen Landgasthofgastes angemessen - Dirndl und gute Laune vor sich her. Ich rieche sie nicht und das ist gut so. Vor drei Jahren trug die Servicekraft ihren Schweißgeruch zwei Meter gegen den Wind und Schlumbumbelklamotten als habe man sie gerade gewaltsam vom Sofa vor der Glotze weggeschleift. Ich hatte das in meinem Bericht moniert, jetzt ist das also anders als damals. Auch das Chaos links und rechts auf dem Weg vom Eingang in den Garten ist Geschichte. Mein Wiederholungsbesuch läßt sich vielversprechend an ...

Schäuferl, gefüllter Gockel, Schweins- und Kustenbraten seien leider schon aus, verkündet die junge Dame. Sie hat Glück: Früher hat man die Überbringer schlechter Nachrichten geköpft. Heute habe ich Verständnis, denn wir sind spät dran.

Eine Küche, die klassische Sonntagsküche unlimitiert schicken kann, kocht selten frisch. Es ist für mich ein Qualitätsmerkmal, wenn um 13 Uhr die Hälfte der Mittagskarte ausverkauft ist.

Was nehmen ...? Weizen, versteht sich von selbst ... Bevor ich Grünkernpflanzerl bestelle lass ich mir lieber eins mit der gusseisernen Bratpfanne überziehen ... Indianerschwanz ...Verzeihung: Currywurst? Schnitzel Wiener Art, Cordon Bleu ... Sogar das gute alte Geschnetzelte vom Schweinefilet und Zwiebelrostbraten seh ich auf der Karte, doch diese Klassiker aus altvorderer Zeit bestelle ich nur, wenn alle Stricke reißen.

Mein Blick fällt auf einen Salat ... Ja, tatsächlich! Ein Steirischer Rindstafelspitz-Salat mit Lauchzwiebel und Tomaten, dazu Kernöl, geröstete Nüsse und Knoblauchbrot. Wahlweise in einer kleinen Portion als Vorspeise zu 7,50 Euro oder als Hauptgang für 12,50 Euro. Das klingt nach kreativer Küche, nichts anderes will ich. Zu meiner Überraschung auch meine charmante Begleiterin.

Ein junger Ober in Leder-Kniebundhose serviert unser Bier und weil er schon da ist, nimmt er auch gleich unsere Essensbestellung auf. Und so genießen wir das wundervolle Weißbier, das diesmal weniger nach Banane, sondern nach Mandarinen und Zitronenzesten schmeckt und wundern uns, weshalb man auf das Nittenauer Weizen, im Unterschied zum Schneider-Weizen, nicht ständig aufstoßen muss.

Und so sitzen wir, ratschen und schauen dem Regen beim fließen zu und zu und zu ... Da kommt die junge Dirndldame angerauscht und fragt, ob wir schon Essen bestellt hätten. Wir bejahen, beim Kollegen, und wiederholen den Inhalt unserer Bestellung.

Sie trabt davon, um 5 Minuten später wieder aufzutauchen. Ohne Tafelspitz-Salat, aber mit einer Entschuldigung. Man habe unseren Salat leider vergessen ... Man werde sich beeilen.

Rund 40 Minuten nach der Bestellung steht er vor uns, der verspätete Salat. Man kann dem Service, oder der Küche, wer auch immer die Schuld für diesen Lapsus trägt, nicht lange böse sein, denn dieser Tafelspitzsalat ist eine Sensation!


Das Fleisch ist perfekt gegart, zart und saftig. Mit grünem Blattwerk, Radieserl usw. ist man verhältnismäßig sparsam umgegangen, dafür umso verschwenderischer mit den gerösteten Nüssen (Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne) und einer hinreissenden Mayonnaise (auf Joghurtbasis?), auf das das dünn aufgeschnittene Rindfleisch sich bettet. Das Kürbiskernöl ist außerordentlich aromatisch und das Knoblauchbrot geröstet, warm und getränkt mit feiner Knoblauchbutter.

Die Portion ist als Hauptgericht perfekt bemessen und der Genuss hallt lange nach. Wenn derart kreative, aus besten Zutaten bereitete und handwerklich tadellos umgesetzte Salate nur öfters auf Speisenkarten zu finden wären ...

Fazit: Die Küche des Brauereigasthofs Jakob in Nittenau begeistert mich erneut. Weil der Service und/oder die Küche unsere Bestellung verbummelt haben, gibt's Abzüge in der B-Note, die mir heute aber nicht die Laune trüben konnten, weil der Tafelspitzsalat und das Weizen so ausgezeichnet waren. Dort kann man wieder hin. Nächstes Mal will ich so einen gefüllten Gockel! Ich werde dafür zeitiger eintrudeln müssen ...

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