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Donnerstag, 5. Dezember 2019

Kellners Hausburger setzt Maßstäbe

Dass ich ein großer Fan der Kochkunst Manuel Kellners bin, dürfte den treuen Leserinnen und Lesern meines Blogs kaum entgangen sein.

Dass man im Gasthof Kellner in Gundelshausen in der Ecke Kelheim/Bad Abbach ausgezeichnete baierische Küche serviert und der Küchenchef auch formidable Ausflüge ins internationale Cross-Over-Terrain zu meistern versteht, hat sich mittlerweile herumgesprochen; nicht nur bei jenen, die die Kelheimer Schmankerlwochen als Gäste beehren.

Kellners prächtig aussehende, mundwässernde Burger kenne ich allerdings nur aus der Perspektive des Gastes, an dessen Nase sie der Service vorbeiträgt ... Das soll, das muss sich heute ändern! Mit vorgefasstem Beschluss Ochsenbacken, Bauernenten, Wildschweine, Saiblinge und Zander auf der Karte zu ignorieren, mache ich mich in charmanter Begleitung auf in den westlichen Zipfel Niederbayerns.
von Robert Bock

Der Eingangsbereich des Gasthofs ist vorweihnachtlich illuminiert und die gute Stube dem heraufziehenden Fest des schrankenlosen Schenkens und vorsätzlichen Völlerns gemäß dekoriert. Geschmackvoll, unterhalb der Kitschgrenze, sehr gediegen. Gut, dass ich reserviert habe, denn obwohl ein stinknormaler Sonntagabend ist, die Stube ist recht ordentlich gefüllt.

Die Speisenwahl ist schnell getroffen, denn heute ist nur ein einziger Burger auf der Karte. Aus der Vergangenheit weiß ich, dass es dann und wann auch drei bis fünf sein können. Aber wenigstens einen gibt es immer. Nicht aber am Sonntagmittag, da gibt es, weil es dann meistens brechend voll hier ist, ausschließlich klassische bairische Bratenküche. Anders lässt sich der hauseigene Qualitätsanspruch organisatorisch nicht verwirklichen.

Je ein Kellners Hausburger vom Rind, selbstverständlich nicht im Ladys Cut mit 180, sondern in der Männerportion mit 320 Gramm Beef zu 11,90€ sollen es für uns beide sein. Dazu jeweils eine Portion Pommes und ein Humpen Weltenburger Dunkel.

Frau Kellner, Manuels Mama, gesellt sich zu uns auf einen Ratsch. Sie ist die gute Seele dieses Hauses, eine Wirtin mit Leib und Seele wie ein Gast in Bayern sie sich wünscht. Ich mag die familiäre Atmosphäre dieses Gasthofs. Hier ist man Gast, hier darf man sein, hier fühlt man sich willkommen. Kein Klammern an verstaubte Wirtshaustraditionen - Familie Kellner meistert den Spagat zwischen der "guten alten Zeit" und dem "Heute" mit Fingerspitzengefühl.

Der Burger kommt ..! Eine duftende Augenweide! Die Buns sind selbstverständlich selbst gebacken, das Fleisch schmeckt ausgezeichnet. Wunderbare Röstaromen schmeicheln dem Gaumen. Saftiig ist das Fleisch, ohne das getoastete Brötchen durchzuweichen. Die Burgersauce stammt selbstverständlich aus der Hand des Küchenchefs, die Salatgemüse sind von erster Qualität und der Röstzwiebelberg obenauf - einfach nur großartig!

In meine Hände nehme ich das Kaliber nicht, ich verspeise das Prachtstück wie ein zivilisierter Mensch mit Messer und Gabel. Ich will ihn genießen, nicht verschlingen wie ein Raubtier. Von schönem Geschirr, nicht aus einer Pappschachtel auf einem Kunststofftablett mit Werbeflyer.

Manchmal wünschte ich mir, in Burgerlokalen möge jeder Gast sich einem Spiegel gegenübersehen, damit er sich beobachten muss, wie peinlich bis abstoßend er aussieht, wenn er seinen Burger mit den Händen verzehrt: den Kiefer ausrenkend wie eine Würgeschlange, Fleischsaft, Ketchup und Burgersauce am Kinn und an den Unterarmen hinunterlaufend ... Nein, mit Zivilisation hat proletarisches Burger(fr)essen nichts gemein. Ok, Menschen, die einen Honk wie Twittler wählen, können möglicherweise nicht mit Messer und Gabel umgehen, weil sie von Hinterwäldlern und Präriecoyoten großgezogen wurden. Wer Durchschnittsamerikaner je mit Essbestecken kämpfen sah, weiß, was ich meine. Aber auch in Mitteleuropa verleugnet mancher Zeitgenosse die kulturelle Errungenschaft von Esswerkzeug. Mangels Erziehungskompetenz und/oder -willens mancher Eltern oder einer weitverbreiteten Neigung zum Nihilismus und fehlender Selbstachtung? 

Einen Kellner'schen Burger dieser herausragenden Güte in aller Ruhe hier in Gundelshausen zu verspeisen, will ich jedem anraten, auch jenen, die mit Burgern kulinarisch wenig anzufangen wissen. Hier bewegt sich diese Ikone globalisierter Kochkunst auf Spitzenniveau. Ich kann mich nicht erinnern, je einen so guten Burger gegessen zu haben. Chapeau!

Ein Tipp ist auch die Pattiserie im Gasthof Kellner. Keine Einkehr hier, ohne Dessert. Keine Diskussionen über Kalorien. Du verpasst etwas, wenn du das auslässt!

Zweimal das unscheinbar klingende "Dessert des Tages", bitte!

Auf Schieferplatten rollen an: Hausgemachtes Limetten-Sauerrahm- und Waldbeereneis, eine hinreissende Haselnuss-Schokoladenpastete, die mich an die gute alte Hanuta-Füllung erinnert, die von damals, bevor Nestlé gute Zutaten durch Chemiedreck ersetzt hat. Die Älteren werden sich erinnern ...

Ein Topfenknödelchen und eine tiptop Crème Brulée versvollständigen, begleitet von einem Espresso, den Schlusssakkord dieses hocherfreulichen Sonntagabends.

Der Gasthof Kellner in Gundelshausen: Eine sichere Bank für alle Freunde der gepflegten, im besten Sinne "gut bürgerlichen" Gastronomie Ostbayerns. Maßstabsetzende Burger nicht zu vergessen. Wer noch nie dort war, sollte das ändern.



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