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Mittwoch, 11. August 2021

Auf der neuen Terrasse der Ritterschänke Burg Randeck

Es gibt Gastronomen, die nutzten die pandemiebedingten Lockdownphasen zum Jammern und Greinen - und es gibt Gastronomen wie Familie Sturm, die die Zwangspausen nutzten, um ihren Betrieb zu modernisieren und für die nächsten 30 Jahre fit zu machen.

Im Fall der Ritterschänke Burg Randeck in Essing war es ein triefgreifender Umbau der Gebäudesubstanz, eine nagelneue, größere Aussichtsterrasse und weitere Details mehr, die den Aufenthalt für die Restaurant- und Übernachtungsgäste noch annehmlicher als ohnehin gestalten.

Noch ist das Werk nicht vollständig vollbracht, aber Team Sturm ist einsatzbereit! Allen voran Spitzenköchin Johanna Sturm, in ihren Lehrjahren u.a. durchs Stahlbad der 2- und 3-Sternküche in St. Moritz und bei Christian Jürgens in Rottach-Egern gegangen, mit Gatte Kayetan - ein überragend sachkundiger Sommelier aus Südafrika - Mama Waltraud, Köchin und gute Seele der Küchencrew, Schwester Maximiliane (Hotelkauffrau und Konditorin) und Papa Max Sturm, der als Metzger wie kaum ein zweiter mit dem in der Ritterschänke servierten hervorragendem Fleisch umzugegen versteht. 

Ob selbstgeräucherter Rehschinken oder eine 13 Stunden im Smoker slow gegarte Ochsenschulter von der noch zu reden sein wird: Das Attribut "gut-bürgerlich" wäre für die Küche der Ritterschänke pures Understatement. Gepaart mit der phänomenalen Ausblick über das Altmühltal und sanfte Waldlandschaft gen Süden bis fast zum Horizont kann einem hungrigen Gast an einem lauen Sommerabend im Grunde hoch über Essing nichts die Laune trüben ...

von Robert Bock

Ein anstrengender Tag liegt hinter mir und erträglicher wurde er im Grunde nur durch die Vorfreude auf sein Ausklingen auf der Terrasse der Ritterschänke. 


Johanna grüßt aus der Küche mit einer Amuse-Bouche-Variante eines Gerichtes, das sich auch in ausgewachsener Portion auf der Tageskarte findet: Vitello tonnato. Ein Klassiker, den wohl jeder wenigstens einmal schon genossen hat - aber nicht unter einer Glaskuppel mit Rauch serviert mit einem wachsweichen halben Wachtelei (hohe Kunst dieses so zuzubereiten!), Kapernknospen, Kapernapfel und Microgreens. 

Leider verschlafe ich den Moment fotographisch, da unsere Bedienung (tadellos freundlich und stets aufmerksam um jeden Gast bemüht!) die Glaskuppel lüftet und das Foto zeigt  so "nur" die Speise ohne die Rauchschwaden, die ein lindes Lüfterl allzu rasch verweht. Doch sagt selbst:  Kann man Vitello tonnato aufregender anrichten?

Geschmacklich ist das Gesamt rundum in allen Komponenten qualitativ erstklassig und rund abgeschmeckt. Das Kalbfleisch zergeht förmlich auf der Zunge. Kurz gesagt: Ich erinnere mich keines besseren Vitello tonnato! Unbedingt bestellen, falls es sich auf der Karte findet.

Nach diesem unverhofften Auftakt serviert man mir, was ich von der Tageskarte geordert habe: 13 Stunden im Smoker gegarte Ochsenschulter mit Burgundersauce und hausgemachtem Kartoffelsalat. 13,80€ kostet die üppige Portion. Ja, tatsächlich!

Das Fleisch ist von feinster Qualität, butterzart und einfach großartig. Die Sauce ist in ihrer Art so kaum verbesserbar, allenfalls die Essigsäure im Kartoffelsalat ist meinem Gaumen ein wenig zu spitz. Eine Prise Zucker mehr hätte diese womöglich gefälliger gerundet. Das Auge kommt dank schönem Geschirr und Anrichtung ebenfalls auf seine Kosten und so ist es reine Freude und Genuss dieses Gericht zu verspeisen. Dazu genieße ich einen Blauen Zweigelt aus Österreich, der schön zu diesem Gericht passt.


Im Grunde bin ich satt, und begnüge mich mit einem Espresso zum Abschluss, während meine Begleiterin sich eine tadellose Panna cotta mit Beerenfrüchten gönnt und wir bereits ans Zahlen denken ... 

Doch dann überrascht Sommelier Kayetan mit einem erneuten Gruß aus Johannas Küche! Und aus seinem Weinkeller!

Beides zusammen setzt diesem Abend kulinarisch die Krone auf: Geaschter Ziegenkäse mit Brotchips, gerösteten Nüssen, Beeren, Feigensenf und Chiliöl. Viele würden dieses Detail womöglich nicht würdigen: Der Hauch von grobem Pfeffer obenauf - zum Zungeschnalzen, wie sich die unterschiedlichen Schärfenuancen von Senf, Chili und Pfeffer verbinden!

Dazu ein trockener, ungemein duftiger Sauvignon Blanc aus Württemberg, der alle Vorurteile bezüglich Weinen dieser Region Lügen straft. 

Wir fragen uns: Weshalb gibt es Desserts dieses Stils nicht häufiger? Entweder findet sich eine langweilige Käseauswahl mit ein paar herumdrappierten, viel zu oft unreifen Weintrauben und ein Klacks Industriefeigensenf auf der Karte oder eben diese immergleichen, oft pappsüßen klassischen Desserts mit Obstdeko oder gar endlangweilige, verdammte "Schokoküchlein mit flüssigem Kern" die nichts weiter als banales "Perfektes-Dinner-Niveau" spiegeln.

Einer Dessertkreation diesen Stils kann ich persönlich mich in einem Restaurant nicht erinnern. Würde ich sofort bestellen. Einfach nur wundervoll! Dank an Johanna & Kayetan für diesen Kracher!

Fazit: Enttäuschungen gibt es in der Ritterschänke Burg Randeck schlicht und einfach nicht. Ob Mittags, Abends oder auch anlässlich Familienfeiern wie Hochzeiten (bei einer war ich selbst schon hier zu Gast; Grüße an E. und O. an dieser Stelle). Höchste Professionalität und familiäre Herzlichkeit sind hier Trümpfe, die mit leichter Hand gekonnt ausgespielt werden. 

Das atemberaubende Ambiente hoch über dem Altmühltal bietet die Leinwand für wundervolle Genusserlebnisse. Deswegen erneuere ich gerne meine uneingeschränkten Empfehlungen zurückliegender Besprechungen eines meiner Lieblingsrestaurants der gehobenen gut-bürgerlichen Küche. Zeit, dass die Tester des Guide Michelin vorbeischauen. Eine Auszeichung "Bib Gourmand" sollte meiner unmaßgeblichen Einschätzung nach mühelos möglich sein.

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