Gestern Abend führte mich der klassische Dreiklang aus a) stressiger Arbeitstag, b) Bärenhunger und c) akute Unlust daheim selbst etwas zu kochen, spontan entschlossen in das Restaurant 5inque in der Pfarrstraße 22, nahe der Dorfkirche im Zentrum Hainsackers. Meiner noch unterentwickelten Ortskenntnis nach, hieß das Lokal bis November 2020 "Da Romana" und noch früher befand sich hier einst eine Metzgerei ...
von Robert Bock
Im Eingangsbereich vor der Tür zur Gaststube warten heute um 18 Uhr
zahlreiche "Abholer", im Gastraum ist noch ein Tisch für meine charmante
Begleiterin und mich frei.Von außen her wirkt das Lokal durchaus einladend, der Innenraum hingegen, erinnert eher an einen Imbiss: Rustikale Tische und Stühle, betagte Energiesparbirnen mit viel zu kaltem Licht, Plastikpflanzen und eine kitschige beleuchtbare aber nicht beleuchtete Wanduhr, auf der es tagein tagaus Viertel nach Sieben ist. Hier ist die Zeit nicht nur auf der Uhr stehengeblieben. Weil es im Restaurant 5inque so gemütlich ist, verweilt hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemand. Das kann man mit etwas Liebe schöner machen.
"36-Zentimeter-Holzofenpizza" kommuniziert die schlichte Speisen- und Getränkekarte im praktischen A4-Doppelfalzformat, das prima in jeden Briefkasten passt. Ein großer Pizza-Holzofen und unter Hochdruck arbeitende Pizzabäcker, denen man bei ihrer schweißtreibenden Arbeit zusehen kann, prägen ferner das Ambiente. Sie scheinen alle viel zu tun zu haben, denn die letzte Grundreinigung mit Staubwedel und scharfem Blick für kränkelnde Echtpflanzen, Gerümpel und Elektrokabelsalat dürfte eine Weile her sein.
Das Personal ist freundlich, das Jakob-Weißbier aus Bodenwöhr süffig, die Wartezeit zur Abholer-Stoßzeit allerdings lang. Unsere beiden Pizzen stehen 35 Minuten nach der Bestellung vor uns - und sie entschädigen uns für alle weniger schmeichelhaften Eindrücke meines Erstbesuchs in diesem Lokal.
Meine "Pizza Deliciosa" ist beeindruckend groß, sieht mit ihrem üppigen Belag von Tomaten, Käse, Vorderschinken, Salami, Champignons, Paprika und Sardellen sehr gut aus und duftet köstlich. Dito die "Pizza Salciccia Piccante" meiner charmanten Begleiterin, großzügig belegt mit Tomaten, Käse, scharfer Salami, frischen Tomatenstücken und scharfem Öl.
Das Pizzabesteck, das man hier reicht - Detail am Rande - ist hervorragend. Man sieht und riecht eine Pizza nicht nur, man kann sie mit dem richtigen Besteck auch knuspern hören. Mein erster Happen jeder Pizza entspringt in meinem Falle stets dem Rand. Weshalb es Menschen gibt, die ihre Pizza von innen nach außen verspeisen, werde ich nie verstehen, denn ist der Rand nicht gut, kannst du im Regelfall den Rest ebenfalls vergessen.
Der Boden ist meiner Überzeugung nach die Seele einer guten Pizza und ist der Teigfladen schön dünn ausgezogen und kompetent im richtigen Ofen bei der perfekten Temperatur gebacken, dann brauchst du im Grunde nur ein gutes Olivenöl dazu und du bist - ganz ohne weiteren Belag! - im Himmel. Der Rand unserer beiden Pizzen jedenfalls ist fantastisch: Wunderbar knusprig, aromatisch-brotig, die Röstaromen genau im rechten Maß wie auch die Salzigkeit.
Meine Deliciosa schmeckt in allen Komponenten des Belages hervorragend. Die Einzelzutaten sind aromatisch trennscharf, der Tomatensugo sensationell fruchtig, Salami und Vorderschinken sind von sehr guter Qualität. Besser kann man eine Pizza diesen Stils meiner Meinung nach nicht machen. Bravo!
Auf der scharfen Pizza meiner Begleiterin ist die Schärfe - wie versprochen - klar vorhanden aber von einem Maß, das die kaum fassbare Fruchtigkeit der frischen Tomatenstücke (eine Prise Zucker wirkt auch bei Winterfrüchten Wunder!) nicht übertrumpft wird. Die Süße der Tomaten verbindet sich im Mund mit der Schärfe der Wurst und des Chiliöls zu einem schlichten und gerade deshalb so großartigem kulinarischem Erlebnis.
Es kommt nicht oft vor, dass ich, obschon meine Pizza erst zur Hälfte aufgegessen ist, den Service heranwinke und ein Lob ausspreche, aber diese Pizza ist mir/uns ein kulinarisches Erlebnis, das dies beinahe unumgänglich macht. So gelassen allerdings, wie die junge Dame mein Lob zur Kenntnis nimmt, muss ich annehmen, dass dies hier im 5inque im Herzen Hainsackers alltäglich ist.
Zwar werde ich auch künftig, wenn mich die Lust auf die unvergleichliche weiße Pizza "Da Carmine" packt, bei Davide de Lorenzis, seiner Frau Annalisa Coluccia und beider Kinder in der Regensburger Isarstraße aufschlagen, aber dass mich das 5inque in meiner neuen Nachbarschaft nicht zum letzten Mal gesehen haben wird, davon ist nach diesem fantastischen Pizzaerlebnis am gestrigen Abend auszugehen.
Meine Empfehlung: Pizza dieser Klasse unbedingt vor Ort verspeisen: Glutheiß und knusprig, direkt aus dem Ofen auf den Teller verfrachtet! Labbrige Pizza aus der Pappschachtel (Abhol- oder Lieferpizza) ist im Vergleich dazu in etwa so, wie ich mir Sex mit einer aufblasbaren Puppe vorstelle: Dämpft zwar auch den nackten Trieb/Hunger, aber das wars dann auch schon an Genuss. Schmeckt eine Pappschachtelpizza daheim genauso wie im Lokal, dann ist die Pizza a priori nix gewesen. Isso, glaubt mir. Das Leben ist zu kurz, um es mit Pappschachtelpizza zu vergeuden ...
Knusprig und lecker;)
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