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Montag, 26. Dezember 2022

Anna Gabelsbergers Innovativ-Menü im Restaurant Schwögler

Die Ältern unter uns wissen, dass es den Landgasthof Schwögler in Bad Abbach schon wesentlich länger gibt, aber Helmut Schwögler feiert im Jahr 2023 die ersten 15 Jahre des Familienbetriebs unter seiner persönlichen Regie als Restaurant Schwögler. Und das mit einer großen Party am 25. Februar mit feinen Weinen verschiedener Winzer, Cocktails, Musik aus den 90ern und selbstverständlichem feinen Speisen, die "den Schwögler" zu einer kulinarischen Institution im Raum Regensburg haben werden lassen. 

In diesem Falle einem "flying" servierten 6-Gänge-Dinner nebst Mitternachtssnack aus der Küche von Anna Gabelsberger, Helmut Schwöglers Küchenchefin, und ihrem Team.

Obwohl selbst ein hervorragender Koch, der in jungen Jahren - geprägt von klassischer französisch inspirierter Sterneküche und der damals revolutionären, wilden Küche seines Schwagers Stefan Marquard - in Ostbayern für Furore und hohe Bewertungen in den maßgeblichen Restaurantführern sorgte, hat sich Helmut Schwögler nach und nach aus dem "Maschinenraum" seines  Restaurants zurückgezogen.  Zum einen, um sich verstärkt der Optimierung seines Weinangebots und seiner Leidenschaft für (Südtiroler) Weine zu widmen, zum anderen, um als charmanter Gastgeber, besser: Conférencier kulinarischen Erlebnisreisen, in seinem Restaurant für seine Gäste präsenter zu sein denn je.

Nach vielen erfolgreichen Jahren mit Herbert Kuffer als Küchenchef und einer kurzen Episode mit dem selbstverliebten, hinter den Erwartungen zurückbleibenden Tobias Stegmann führt seit Herbst 2019 eine Frau das Regiment in Helmut Schwöglers Küche: Anna Gabelsberger heißt die junge Dame und nie hat Helmut Schwögler einem seiner Küchenchefs mehr Kompetenzen und Freiheiten eingeräumt als ihr. Ob das eine gute Idee war ...?

von Robert Bock

Anfang Januar 2020, kurz bevor der unselige Corona-Sturm unser aller Lebensgewohnheiten durcheinanderwirbelte und das Gastgewerbe hart und in manchen Fällen tiefgreifend existenzgefährdend traf, war ich für lange Zeit zum letzten Mal "schwöglern". Meinen Geburtstag habe ich damals dort gefeiert und war begeistert vom Gesamterleben dieses Abends, insbesonders von der Leistung der Küche der damals frischgebackenen Küchenchefin Anna Gabelsberger.

Neulich war ich eingeladen, den Namenstag der langjährigen griechischen Olivenöllieferantin des Restaurants in Bad Abbach zu feiern. Spyridoula Kagiaoglou hatte als Gastgeberin mit der Küchenchefin bereits vorab das "Innovativ-Menü" der aktuellen Karte des Restaurants Schwögler für die vierköpfige Feierrunde vereinbart, Helmut Schwögler höchstpersönlich sorgte für die messerscharf auf die Speisenfolge abgestimmte, perfekte Weinbegleitung.

Helmut Schwögler & Spyridoula Kagiaoglou
 

Diese bestand aus Südtiroler Weinen, zuforderst Cuvees, die er selbst mit befreundeten Winzern aus dem Raum Bozen-Eppan-Kaltern nach seinen Vorstellungen assembliert und unter eigener Marke in seinem Restaurant als Speisenbegleitung sowie auch zum Mitnehmen anbietet.

Bin ich ansonsten kein ausgesprochener Freund Südtiroler Weine, weil ich sie - reinsortig ausgebaut - oft als zu parfümiert, ja penetrant erlebe, grenzen sich Helmut Schwöglers Cuvees erfreulich klar gezeichnet und ausbalanciert von diesen ab, tragen eine klare, von Sachverstand und Fingerspitzengefühl geprägte Handschrift und sind obendrein fair bepreist. Unbedingt probieren!

Anna Gabelsbergers "Innovativ-Menü" in 6 Gängen inklusive Sorbet und den Fischgang als Zwischengang für 89€ pro Person liest sich wie ein schwöglertypisch wilder Ritt durch die Gefilde klassischer Kochkunst und Avantgarde, greift aber auch altbekannte Signature-Komponenten des Restaurants wie die "Kalbskopf-Praline" und im Shotglas servierte Süppchen, hier eine hinreissend-aromatische Chicorée-Suppe, auf:

Man kennt dem Menü an, dass Anna Gabelsberger, lange bevor sie Helmut Schwögler zur Küchenchefin befördert hat, bereits Teil seines Teams war und so en passant die Schwögler'sche Küchenphilosophie von der Pike auf kennengelernt und verinnerlicht hat.

Was allerdings neu ist und ich bisher oft vermisst habe: Dieses Menü hat einen roten Faden, führt den (Stamm-)Gast durch geschicktes Aufgreifen der kulinarischen Historie des Lokals einerseits und einzelner Menükomponenten (hier vor allem das Thema "Ei") in sich schlüssig auf und nähert sich so meinem Ideal des Gesamtkunstwerks im Sinne des ästhetischen Verständnissses Richard Wagners an. 

Kein Gang steht völlig solitär, bar jedes Zusammenhangs - ein jeder ist Teil einer Geschichte, die die Küchenchefin erdacht und umgesetzt hat. Wer sich offenen Sinnes darauf einläßt und dem Speisen an Bedeutung mehr als blose Sättigung und Nährstoffversorgung beimisst, sondern Kochen, Essen und Genießen vielmehr als Zivilisationserrungenschaft und Kulturbeitrag versteht, der blickt zum guten Ende auf ein kulinarisches Erlebnis zurück über das, sich mit der Tischgemeinschaft austauschend, wunderbar philosophieren lässt.

Das Anna Gabelsberger die Kunst des ästhetischen Anrichtens "Schwögler-Style" beherrscht, belegen meine Schnapschüsse. Ich wünsche ihr, noch mutiger zu werden und noch mehr eigene Handschrift in die Tellergestaltung hineinzulegen.

Kürbis "a la Carbonara" /Kürbis Spagetti, Mendelspeck, Wachtelei, Parmesanchip, Schnittlauchöl




Aufgeschäumte Chicorée-Suppe, Kalbskopfpraline, Birne, Curry-Gel

Gebackenes Landei in der Kürbiskernkruste / Wachtelbrut, zweierlei Blumenkohl, Kakao

Millefeuille von Tuna & Süßkartoffel / Soja-Spinat, Kalamansi, Gioggia-Rübe

"Elektrische" Pflaume, Chili

Rinderfilet "Wellington" Schwögler-Style

Überraschungsei 2.0

Es existiert nichts, das nicht verbessert werden kann: Die Wachtelbrust und auch der Thunfisch waren eine Spur über dem idealen Garpunkt, die Kalamansi im Fischgang allenfalls in homöopathischer Dosis verarbeitet, der Sorbetgang zu nahe an einem vorgezogenem Dessert und zu wenig "rachenputzend" vor dem Hauptgang. 

Anna Gabelsberger & Spyridoula Kagiaoglou

 

Anna Gabelsberger wäre nicht sie selbst, wenn sie meine Verbesserungsvorschläge nicht dankend mit der Feststellung kommentiert hätte, dass man ohne konstruktive Kritik oft keine Ansatzpunkte für Verbesserung erkennen würde. Genau das ist die Einstellung aus der wahre Champions schöpfen und sich, und sei es nur in winzigkleinen Schritten, kontinuierlich verbessern. Helmut Schwögler hat großes Glück mit seiner Küchenchefin und tut gut daran, ihrer Kreativität auch in Zukunft so wenig Grenzen wie möglich aufzuerlegen.

Das Restaurant Schwögler in Bad Abbach war in den zurückliegenden wenigstens zwei Jahrzehnten ein kulinarisches Aushängeschild der Region Regensburg, ist es nach wie vor und wird es in dieser personellen Konstellation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bleiben. Deshalb wird es vermulich niemanden wundern, wenn ich einmal mehr eine uneingeschränkte Empfehlung ausspreche.





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