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Freitag, 9. September 2016

Im Biergarten des Landshuter Hofs zu Straubing

Der Biergarten des Landshuter Hofs zu Straubing:  Einer meiner liebsten Biergärten - und das seit Schulzeiten, als ich in fußläufiger Entfernung das hiesige Ludwigsgymnasium besuchte und in der Oberstufe, weit vor der Allgemeinen Hochschulreife, zur Biergartenreife gelangte. Hier habe ich mit meinen Kameraden, gemeinsam mit ansehnlichen Anteilen des Lehrkörpers, nach dem Schlußgong so manche Halbe Münchner Augustinerbieres zu politischen Diskussionen konsumiert.

So gehörte sich das in Straubing und in Bayern überhaupt, als der Ministerpräsident noch Franz Josef Strauß hieß, so ist es und so wird es immer sein. Immer ...? Überall? Was Straubings Biergartenkultur angeht hab ich keine Bedenken - die Regensburger Mittelmaßbiergärten, vor allen Dingen jene, die von Peissn für Ihresgleichen und Tagestouristen aus aller Herren Länder geleitet werden, bereiten mir diesbezüglich erheblich mehr Stirnrunzeln. Doch davon soll hier und heute nicht die Rede sein, jetzt, da sich die Biergartensaison 2016 bedenklich rasch wie absehbar ihrem Ende zuneigen wird. Heute wird über ein nahezu perfektes Biergartenerlebnis zu berichten sein - aber irgendetwas ist ja immer. Selbst hier in der Gäubodenstadt ...
von Robert Bock

Im Biergarten des Landshuter Hofes wurzeln üppigen Schatten spendene Kastanien, die man sie sich prächtiger nicht vorzustellen vermag.

Besucht man das Lokal an einem perfekten Sommerabend, an einem Freitag oder Samstag gar, braucht man Glück, um einen Platz zu ergattern. Wir waren an einem Samstagmittag zur Brotzeit hier. Da gab es diesbezüglich keinerlei Problem.

Es hat sich nicht allzuviel verändert in den mittlerweile 31 Jahren seit meinem Abitur. Der Ringlstetter Ringo - Markenzeichen: die speckigste Lederhosn, die sich ein Preiss vorzustellen vermag und sein dunkelbrauner Strickjanker - ist zwar schon lange nimmer der Wirt, aber das Publikum ist nach wie vor ein bunter Querschnitt durch die Straubinger Gesellschaft.

Beispielsweise der muskelbepackte, volltätowierte Glatzkopf am Nachbartisch gewährt uns, der räumlichen Nähe geschuldet, unfreiwillig Teilhabe an seiner Weltsicht: So ziemlich jeder Mitmensch, von dem er seinem Gegenüber, einem distinguierten älteren Herrn (seinem Vater?), erzählt, fällt in die Kategorien "Arschloch" bzw. "Vollidiot" und über den Daumen gepeilt jedem zweiten von ihnen verspricht er, werde er gleich am Montag gründlich die Meinung geigen ... Bayerns Biergärten sind voll von solchen Maulhelden, die niederbairischen vielleicht sogar noch ein Quentchen voller und wir amüsieren uns prächtig! Das ist der Landshuter Hof ... Nicht nur das Publikum hat sich kaum verändert, auch die Bedienungen tendieren nach wie vor in Richtung "Typus hantige Ziefern". Der Biergarten des Landshuter Hofes - ein Ort der Kontinuität in Zeiten tiefgreifenden globalen Wandels.

Der Tisch ist eingedeckt mit Stofftischdecke. Eine im Stich gelassene Kaffeetase und ein überquellender Aschenbecher warten auf den Service. Der wird beides erst nach Aufforderung unsererseits beseitigen. Irgendwas ist immer, ich sagte es bereits ...

Wir studieren die Karte, die klassische Brotzeiten und eine überschaubare Auswahl warmer, überwiegend bairischer Speisen auf rund zwei Seiten DIN A4 offeriert. Das ist im Rahmen. Mehr sollte nicht sein.

Auf einer großen Tafel lobt die Küche die Empfehlung des Tages aus: Eine Gemischte Brotzeitplatte, wahlweise für eine oder zwei Personen. Das klingt gut, die wollen wir nebst einem Hellen und einem Radler bestellen. Die hantige Ziefern im Lederrock im Landhausmodenstil schaut uns entgeistert an: Jo mei, die Tagesempfehlung, die gebe es erst am Abend. ---  Ah so? Aha ... Na dann?

Diese Logik muss spezifisch niederbairischer Natur sein, denn der Wortklauber in mir wendet ein, dass die Empfehlung des Tages dann eigentlich Empfehlung des Abends heißen sollte ... Sei es wie es sei, wir disponieren um und ordern zwecks Brotzeitquerschnitts einmal Obazdn, einen Kalten Braten mit Kren und einmal Pressack Rot & Weiß mit Essig und Öl. Schließlich will ich meine charmante Begleiterin, die keine Hiesige, sondern eine Neigschmeckte oder Zuagroaßte ist, mit bairischer Brotzeitkultur vertraut machen ... Ein Bildungsauftrag sozusagen. Ich opfere mich gerne ...

Alle drei Brotzeiten schickt die Küche - zwei sehr konzentriert arbeitende junge Köche, die wir durch die offene Küchentür bei der Arbeit beobachten können - in, gemessen an Regensburger Geiz-Portionen, üppiger Dimensionierung und in jeweils ausgezeichneter Qualität zu fairen Preisen. Mit gutem Sauerteigbrot und reichlich Radi, Radieserl, Essiggurken und Zwiebelringen. Optisch jeder Teller ein Erlebnis.

Das gilt für alles, was der Service an die Tische trägt: Die Wiener Schnitzel werden oft bestellt, wie's scheint, und sehen herrlich aus,.Der Schweinsbraten mit Semmelknödel lässt uns beiden das Wasser im Munde zusammenlaufen. So soll es sein - so ist das hier im Landshuter Hof zu Straubing. Michael Kramheller, der Pächter, ist seines Zeichens Küchenmeister und Diätkoch - das bürgt für Kontinuität und handwerklichen Sachverstand in der Küche.

Mein persönliches Highlight ist der Kalte Braten. Zweierlei Art schichtet er sich auf das Holzbrett und ist unsagbar gelungen, da von richtig fettem Fleisch, so wie es sein muss, dass es auch schmeckt. Wenn ich Carpaccio vom Schweineleichnam bestelle, dann soll sich die Kalorienbombe doch  geschmacklich lohnen, oder? Der Kren ist ausgezeichnet, schmeckt frisch und sollte er aus dem Glas gewesen sein, ist er von herausragender Qualität.

Der Obazde folgt knapp hinter dem Kalten Braten in meiner persönlichen Gunst. So vollendet wie derjenige aus dem alten Cairo-Biergarten, der mittlerweile einem leidlich frequentierten Einkaufszentrum weichen musste, ist er nicht, aber trotzdem besser als jeder Obazde, den man in Regensburg serviert. Der Cairo-Obazde floss al-ondra über den Pappteller wie ein perfekt gelungenes Risotto, so cremig-sahnig war der ... Es ist nicht so, dass ich nachts von diesem bairischen Manna träume, aber viel fehlt nicht.

Der Pressack kommt in drei großen Scheiben (zwei Rot, eine Weiß) und mit reichlich Marinade und Gedöns. Besser kann man den in Altbaiern wohl kaum machen, aber das Problem ist das: Wer "Pressack mit Musik" aus (Ober-)Franken kennt, der wird mit dem recht faden niederbairischen Verwandten nicht so ohne weiteres Freund. Dafür kann die Küche des Landshuter Hofes aber nichts - das liegt in der Natur der hiesigen Fleischhandwerkstradition und seinen langweiligen Rezepturen.

Wir zahlen knapp über 26 EUR für drei üppige Brotzeitteller, zwei Radler und ein kleines Helles (nein, ich schwöre, ich habe diese Schnapsglasdimension nicht bestellt!) und verlassen satt und zufrieden diesen - abgesehen von kleineren Schwächen des Service - hervorragenden Biergarten.

Ein letztes Foto von der Fassade, dann geht es wieder heimwärts. Hier kann man her, hierher komm ich gerne wieder.

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