Trifft es sich, dass ich zur passenden Zeit an Würzburg vorbeifahre, verlasse ich die Autobahn an der Anschlussstelle Kitzingen-Schwarzach und mache Station im Gasthof zum Stern in Sulzfeld.
Jeder Umweg lohnt sich, denn die Küche des Stern zählt für mich persönlich zur absoluten Spitzenklasse in der Kategorie "traditionelle fränkische Landgasthofküche".
Abgesehen davon mag ich das mittelalterliche Städtchen sehr gerne und wer noch nie in Sulzfeld war, sollte sich wenigstens eine halbe Stunde Zeit nehmen, die engen Gässchen innerhalb der uralten Stadtmauern per pedes zu erkunden.
von Robert Bock
Ich weiß nicht weshalb, aber noch nie hatte ich bisher ein Schäufala mit Klöß im Stern bestellt. Auf der Karte stand es immer. Schließlich sind wir in Franken. Heute also meine Stern-Schäufala-Premiere.
Ich habe schon viele, viele Schäuferl, Schäuferle und Schäufala in meinem Leben verdrückt. Querbeet in ganz Franken und in der Oberpfalz, wo der spezielle Zuschnitt der Schweinsschulter, der ein Schäufala erst ermöglicht, zur gewachsenen, regionalen Metzgertradition zählt. Ich nehme für mich also - in aller mir eigenen Bescheidenheit *hüstel - in Anspruch, qua Erfahrung urteilsbefähigt zu sein ...
In Main-/Weinfranken zählt das Schäufala, anders als in Bierfranken, nicht zu den Superduperoberklassikern auf der Speisekarte eines Wirtshauses. Auch dass man es mit einem Schoppen Wein begleitet nicht. Hier schon. Die Tropfen vom Sulzfelder Cyriakusberg oder der Lage Maustal - beide Lagen kann man sich, was ich empfehlen kann, auch erwandern - sind einfach zu gut, um statt ihrer ein Bier zu bestellen.
Die hauseigenen Eigenbauweine des Stern vermitteln allerdings einen Eindruck davon, wie der Frankenwein vor 30 Jahren überall geschmeckt hat: Derb, fränkisch-trocken, auf Quantität, statt filigrane Qualität getrimmt. Selbst die zarte, zungentänzelnde Scheurebe ist zum Knüppel aus dem Sack geraten.
Ja, einem Wirt muss sein Wein für ein ganzes Jahr reichen. Ist bei uns im Baierweingebiet nicht anders. Schlimme, schlimme hauseigene Drei-Männer-Weine werden in den Weinstuben in Bach an der Donau serviert ...
Ich versteh die Denkweise dieser Wirte, aber rate - im Sinne des Gastes - trotzdem ab von den offenen Schoppenweinen im Stern und empfehle eine Flasche eines der renommierten Weingüter des Ortes zu bestellen (Brennfleck, Roland Staudt, Bernard kann ich auch zum Weineinkauf vor Ort empfehlen) , sofern man nicht grad alleine unterwegs ist und sich anschließend im Suff im Labyrinth der malerischen Gassen zu verirren droht.
Der Beilagensalat ist ohne Tadel. Knackige Blattsalate, alles tiptop frisch und das Dressing ausgewogen in Süße und Säure.
Das Schäufala duftet nicht nur herausragend (ein Schuss Weißwein in der hervorragenden, gebundenen Soße?), es sieht auch so aus.
Anders als in vielen Fällen, hat man das Fleisch nicht überbraten und hat es intelligent in die Reine geschlichtet, so dass die Kruste resch und das Fleisch an der Flanke nicht ausgetrocknet ist. Das Fleisch fällt vom Knochen. So eine schmackhafte, butterzarte Schweineschulter habe ich mein Lebtag nicht gegessen.
Unter der vergleichsweise großflächigen Kruste eine fingerdicke Fettschicht. Und dieses Fett schmeckt einfach hinreissend. Ohne Zweifel: Dieses Schwein hatte ein gutes Leben mit Auslauf und gutem Futter. Und genau das macht den Unterschied in der Fleischqualität aus.
Aber auch die Zubereitung ist nicht unwesentlich: Ich tippe auf "Rückwärtsgaren" à la Stefan Marquard, der nur wenige Kilometer von Sulzfeld aufgewachsen ist. Bei niedriger Temperatur (Sous Vide womöglich) vorgaren, dann für vergleichsweise kurze Zeit in den Backofen und aufknuspern. So bleibt der Saft im Fleisch, so wird es butterzart und die Fettschicht unterhalb der Kruste entschwindet nicht im selben Maße in den Soßenansatz, wie bei klassischer Zubereitung, sondern bleibt unter der Kruste erhalten.
Die gekochten Klöß sind großartig! Buttrig-zart, fluffig, luftig und sie schmecken nach guten Kartoffeln, wie man sie wohl nur in Franken und Teilen der Oberpfalz findet. Liegt es an den Sorten, liegt es am Boden? Ich weiß es nicht, aber fränkische Kartoffeln haben eigenen Charakter. Breggala dürfen natürlich nicht fehlen; sie fehlen auch nicht.. Nur der Goss in Deuerling hat meiner Meinung nach noch bessere Knödel. Allerdings Halb-und Halb. Ein unstatthafter Vergleich deswegen ...
Unterm Strich: Ein besseres Schäufala mit Klöß und Salat habe ich bislang nirgendwo gegessen. Für mich meine neue Referenz.
Zum Abschluss einen Erdbeer-Mascarpone-Traum und einen sehr guten Kaffee italienischer Art - ein schlichtes aber wundervolles Dessert, das ich nicht zum ersten Male hier bestelle. Wobei: Müssen es im Herbst unbedingt Erdbeeren sein ...?
Fazit: Der Gasthof zum Stern in Sulzfeld am Main ist eine sichere Bank für jeden Liebhaber traditioneller fränkischer Küche mit dezent gesetzten, internationalen Tupfen. Hier kocht man im besten Sinne konservativ mit hervorragenden Zutaten. Egal was man bestellt, eine Enttäuschung ist nahzu auszuschließen. Wenigstens, was meinen Geschmack betrifft, der freilich niemandes Referenz sein soll.
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