Freitag, 6. Mai 2016

Im Gasthof Zum Stern in Sulzfeld am Main

Wer ins Maindreieck fährt, sei es zum Weineinkauf oder einfach nur so, kommt kaum umhin sich das wunderschöne mittelalterliche, südlich von Kitzingen gelegene Städtchen Sulzfeld anzuschauen.

Wer zudem Glück hat und einen der raren Tische im Gasthof Zum Stern in der Peuntgasse 5 ergattert, dem steht das wunderbare Vergnügen bevor, original Mainfränkische Küche aus regionalen Produkten, zubereitet wie von Mama oder Oma erleben zu dürfen.

Für Madame und mich ist ein Abstecher nach Sulzfeld jedenfalls ein sine qua non, wenn wir in der Nähe sind - selbst wenn der Kofferraum voll mit Rheingau-Weinen ist, wie diesmal, auf der Rückfahrt aus dem schönen Rheinland. Gut, dass das die Franken nicht wissen - möglicherweise erhielten wir künftig Einreiseverbot ...

Wir schlugen Ostersonntags, kurz vor halbzwölf in Sulzfeld auf und hatten tatsächlich Glück: Wir kommen früh und der Gasthof ist selbstverständlich lange vorab ausreserviert. Das ist er am Wochenende meistens, an Ostern umso mehr - aber für ein Stündchen wäre noch ein Tischlein für uns frei, sagt uns die Wirtin in schönstem Mainfänkisch. Eine Stunde? Das werde genügen, meint Madame, die sich schon vor der Hinfahrt in den Rheingau auf die Rückreise über Sulzfeld gefreut hatte ...
von Robert Bock


No, dann werf mer hald amal an Bligg auf die Dageskadde:

Handgeschrieben, übersichtlich, lammlastig heute, aber selbstverständlich auch ein Schäufele ... Es ist Ostern - also für uns beide Lamm. Ich ein Lamm-Häxle, Madame Lammrückenfilet. Dazu je einen Schoppen Wein, versteht sich. Nachspeise? Schau mer mal ...

Die Wirtsleute Staudt bauen ihre eigenen Weine in den Sulzfelder Lagen an und aus. Trockene, erdige, ortstypische Gewächse. Wir entscheiden uns nach drei Tagen "Riesling satt" im Rheingau diesmal für einen trockenen Kerner (0,25L zu 3,00 EUR). Krass wie die Säure zupackt und der Speichelfluss schon beim ersten Schluck sich regt!

Ja, was die Rheingauer Rieslinge an leichtfüßiger Brillianz bisweilen verströmen, kontert ein fränkischer Kerner mit satter, vollmundiger Fülle. Windhund gegen Berhardiner sozusagen. Beide Weinstile haben ihren Reiz. Heute ist es vor allem der Kontrast, der uns fesselt.

Weiter hinten auf der Standardkarte gäbe es noch eine Sulzfelder Spezialität, die wir jedem Sulzfeld-Novizen ans Herz legen können: Die Sulzfelder Meter-Bratwurst.

Das Ding ist tatsächlich einen Meter lang und ordentlich dick. Was den Geschmack einer fränkischen Bratwurst angeht, dazu brauch ich den Kennern nichts erzählen: Diese schlagen gar bei den uninspirierten Fleischhandwerkern nahezu jeden Regensburger Metzger, der sich in diesem Metier für Spitzenklasse hält.

Aufgerollt zu einer Schnecke und gebraten mit Kraut und/oder Bratkartoffeln ist die Sulzfelder Meterbratwurst eine kongenial komponierte Ergänzung zu einem ehrlichen Silvaner, Bacchus oder Kerner.

Ein andermal wieder - heute Lamm. Und was für eines! Sensationelle, würzige Fleischqualität, gebraten, wie es besser kaum hinzubekommen ist.


Lammrückenfilet in Kräutersauce mit Kloß und Salat (15,80 EUR)

Madame bittet um Ersatz für den Kloß - solche mag sie nicht sonderlich leiden. Bratkartoffeln gibts heute leider nicht (Küche unter Ostersonntag-Vollbelastung!), aber Kartoffelsalat sei möglich. Gut, dann den. Bratkartoffeln in guter Qualität brauchen Zuwendung, das verstehen wir an einem Großkampftag für jedes gute Wirtshaus. Der Katroffelsalat war saugut.

Madame mag mich leiden: Ich durfte probieren. Was den Gargrad des Filets anging - ihr seht es ja selbst. Man möchte es wie ein Bonbon lutschen, dieses herrliche Fleisch in seiner nicht minder herrlich kräftigen, kräutrigen, leicht gebundenen Sauce. Der Beilagensalat vom Feinsten. Frisch, knackig, vielfältig - Dressing zum Küssen.

Lamm-Häxle mit Kloß und Salat (13,80 EUR)

Das Fleisch fällt vom Knochen, so zart ist es dem Chef gelungen. Der Kloß: So fluffig und regelrecht leichtfüßig habe ich fränkische Klöße selten erlebt. Die Breggala im Kern sind schön rösch angeröstet worden, bevor sie in den Kartoffelteigmantel gehüllt wurden. Kurzum: Ein Spitzenkloß. Die Sauce? Siehe oben. Gut bürgerliche, fränkische Küche auf höchstem Niveau.

Nougat-Panna-Cotta mit Madelschaum (5,00 EUR)

Ja, dann doch noch zwei Desserts - jene von der Tageskarte. Dazu ein Gläschen hauseigener Traminer Auslese (0,1L zu 3,00 EUR). Feines Tröpfchen für sich gesehen - aber leider etwas zu wenig Körper, zu filigran für unseren Geschmack als Begleitung zu beiden Desserts.

Die Nougat-Panna-Cotta ist sehr aromatisch, aber der Mandelschaum stellt sie glasklar in den Schatten. Geiles Zeug. sorry - muss man so sagen. Mandelschaum, das merk ich mir ... Die zu sauere Kiwi hätte man lieber weggelassen und ein paar geröstete Haselnüsse und Mandelsplitter zugegeben. Man kann dieses Dessert aber durchaus etwas geltenlassen.

Erdbeer-Mascarpone-Traum (5,00 EUR)

Madame wars nicht süß genug - das fand ich gerade so bemerkenswert! Die mit wenig Zucker angemachten und pürrierten Erdbeeren harmonierten ausgezeichnet mit dem leicht säuerlichen, mit Schlagsahne aufgeschlagenen Mascarpone. Recht viel mehr war außer dem Minzblatt unseres Erachtens nicht an diesem schlichten Dessert. Jedes weitere Element hätte seine Stimmigkeit wohl auch zunichte gemacht. Bravo, Familie Staudt - das Ding bestelle ich künftig gerne wieder!

Satt und sehr zufrieden räumten wir um faire 48,60 EUR plus Trinkgeld erleichtert, fristgerecht unseren Tisch für die nächsten Gäste. Leider regnete es draußen mittlerweile in Strömen, so dass wir keinen Verdauungsspaziergang mehr durch die pitoresken Gassen Sulzfelds unternahmen. Ein andermal - wir kommen wieder. Ein Sine qua non.

Aber gleich wieder auf die Autobahn? Nein - ab nach Iphofen. Kaffeetrinken. Schließlich ist Ostern. Und Ostern ohne Kuchen ist möglich, aber sinnlos. Ist Jesus dafür auferstanden? Bestimmt nicht ...

Das Gästehaus Fröhlich in der Geräthengasse 13 in dieser ebenfalls sehr sehenswerten mittelalterlichen Stadt (Tipp: man kann sie auf der alten Stadtmauer per pedes umrunden!), servierte uns zwei sensationelle Kuchen:
Einen gedeckten Apfelkuchen mit Nüssen (2,50 EUR)...

und ein Stück von der "Rumkuppel" (2,50 EUR), einer Art Charlotte - O wie lecker, aber mutmaßlich alkoholreicher als ein Glas Wein ... ;)

Genug gesoffen und gefressen, ab nach Hause - ab morgen Diät. Strikt. Unerbittlich. Keine Widerrede! Der Wein im Kofferraum ist ohnehin noch reisekrank und will in Ruhe gelassen werden ...

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