Samstag, 11. Januar 2020

Perfekter Abend bei Schwögler in Bad Abbach

Bereits zum sechsten Mal in der Geschichte meines Blogs widme ich dem Restaurant Schwögler in Bad Abbach einen Beitrag.

Meine Kritiken waren aus gutem Grunde stets in der Tendenz positiv, aber Anlass zu konstruktiver, dem Anspruch des Lokals angemessener Kritik gab es bisher leider immer.

Über die Jahre hinweg haben Helmut Schwögler und ich uns besser kennengelernt und mittlerweile bewegt sich unser Verhältnis irgendwo zwischen "guter Bekannter" und "Freund", Begriffen, die viel zu unscharf sind, um den Facettenreichtum der Sympathie zweier Menschen treffsicher und unmissverständlich zu erfassen.

Es gibt vieles, was ich an Helmut als Mensch schätze: Sein großes Herz, seine Hilfsbereitschaft, seine Großzügigkeit, seinen Ehrgeiz, seine Kunst, seine Mitarbeiter zu begeistern und zu motivieren, seine Fähigkeit mit Kritik wie ein Mann umzugehen, konstruktive Vorschläge anzunehmen, über sie nachzudenken und gegebenenfalls auch umzusetzen. Im Laufe des Jahres 2019 habe ich ferner gelernt, dass er sich von Rückschlägen  ("Causa Stegmann") mitnichten unterkriegen läßt, sondern gemeinsam mit seinem Team, das wie eine Wand hinter seinem Chef steht, erst so richtig zur Höchstform aufläuft.

Würden letzte Zweifel meinerseits bestanden haben, spätestens an meinem Geburtstag Anfang Januar, hätten sie sich in Luft aufgelöst. Den habe ich nämlich in Helmuts Restaurant gefeiert und dem Patron unbeschränkte Freiheit eingeräumt, meiner charmanten Begleiterin und mir ein Menü nebst Weinbegleitung zusammenzustellen ...
von Robert Bock

Vorgeschichte


Meine treuen Leserinnen und Leser wissen, dass ich dem Restaurant Schwögler einen Stern im Guide Michelin zutraue, jedoch, auf Basis meiner unmaßgeblichen wie subjektiven Einschätzung, bislang Dies und Das und Jenes nicht stimmig, nicht konstant, nicht rund genug lief, wenn ich zu Gast war.

Mal ein Lapsus in der Küche, mal des Service, mal Menüfolgen ohne mir klar erkennbar roten Faden: Irgendwas war immer ... Und wenn immer etwas ist, dann ist es für 15 statt 13 Punkte im Gault&Millau und einen Stern statt Bib Gourmand im Guide Michelin dann eben nicht genug ...



Große Hoffnung hatte ich persönlich Anfang 2019 in den neuen Küchenchef Tobias "Tobi" Stegmann gesetzt, dessen Kochkunst mich allerdings weniger berauschte als dieser selbst sie, umgeben von Claqueuren, wahrnimmt. Die Umstände seines schnellen Abgangs kenne ich. Helmuts Entscheidung, den zu selbstverliebten einstigen zweiten Sieger einer TV-Kochshow den Laufpass zu geben, war meines Erachtens letztendlich ein Gewinn fürs Restaurant und dessen Betriebsklima.

Nicht weil Helmut schieren Dusel hatte, sondern weil Fortuna stets mit dem Tüchtigen im Bunde ist. Statt sich in Enttäuschung und Selbstmitleid zu verlieren, hat Helmut Schwögler sich ab August wieder auf seine ureigensten Tugenden konzentriert und, aufbauend auf ein eingeschworenes, funktionierendes Team, seine gastronomische Landkarte neu eingenordet.

Jetzt führt Anna Gabelsberger, ausgestattet mit "Schwögler'schem Stallgeruch" von den ersten Momenten ihrer Kochlaufbahn an, das Szepter in Helmuts Küche. Nachdem sie bei anderen Adressen ihre Kunst erweitert hat, ist sie an alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. Sie kocht nicht nur Schwögler-Style, sie ist, wie Helmut es ausdrückt, fleischgewordene Küchenphilosophie des Patrons. Der bringt sich seit dem Abgang seines langjährigen Weggefährten Herbert Kuffer, für den und dessen Ära er nach wie vor und stets nur gute Worte findet, wieder stärker kreativ in der Küche ein.

Alexandra Fröhlich
Das hat dem Restaurant sehr gut getan, denn Helmut ist selbst ein hervorragender, üppig-kreativer Koch. So gut, dass ich einen rundum gelungenen Abend erleben durfte.

Das war nicht nur Küchenchefin Anna Gabelsberger und ihrem Team in der Küche, sondern auch Alexandra Fröhlich zu verdanken, die uns, wie zuletzt im März, auf sehr persönliche, charmante Art gemeinsam mit Helmut im Service durch den Abend begleitete. Stets präsent, nie prätentiös, ungeheuer fachkundig bis in die Details der Zutaten und deren Zubereitung jeden Ganges hinein und beschlagen, was das Thema Wein und Winzer angeht. Eine Servicekraft wie Frau Fröhlich ist wie eine Perle in der Auster: Selten und unschätzbar wertvoll für Gast und Gastgeber.

An meinem Geburtstag hat von A bis Z alles gepasst: Hervorragende Qualität der in der Küche verwendeten Produkte, kompetente, kreative Zubereitung, hochästhetische Präsentation; die Menüfolge schlüssig, an die Jahreszeit angepasst und - in sich stimmig - mit rotem Faden und wohlüberlegten Brücken von Gang zu Gang, sei es in Farben, Texturen oder Einzelkomponenten vollzogen. Kurz: perfekt komponiert.

Die Weinfolge, die Helmut mit Alexandra Fröhlich für mein Geburtstagsmenü ausgesucht hatte, korrespondierte hervorragend zu den Speisen.

Viel Südtirol, aber auch Venetien und Tauberfranken. Wahre Schätze darunter ... Gang für Gang in Kombination ein kulinarischer Höhepunkt.

Ambiente, Speisen, Wein und Service führten in ihrem Zusammenwirken zu einem Ausklang meines Geburtstages, den ich mir nicht schöner und genussreicher malen hätte können. Nicht unwesentlich dabei: Helmuts häufige Präsenz an unserem Tisch. Danke für manch amüsante Anekdote und deine Zeit, mein Freund.

Das Menü

 


Ich will nicht viele Worte über die einzelnen Gänge verlieren, sondern will mich heute aufs Zeigen und eine abschließende Würdigung am Ende der Fotostrecke beschränken:

Apero: Verschiedene Brotsorten, Frischkäse mit einem Hauch Limette
1. Gang: Galantine vom Bauerngockel/Herbsttrompeten/Portweingelee/Feige

2. Gang: Schaumsuppe vom Chicoree/gebackener Kalbskopf / Pysalis / Karotte: GROSSARTIG!
Gruß aus der Küche: Geflämmter Lachs / Gnocchi /Wirsing
3. Gang: Dreifaltigkeit vom Hummer / Melone / Süßkartoffel: GROSSARTIG!
Zwischengang: Passionsfruchtsorbet / Minze
4. Gang: Rinderfilet in der Dattelkruste / zweierlei Schwarzwurzel / Apfel / gelbe Karotte
5. Gang: "Kirsche"

Fazit


Wäre statt meiner an diesem Abend ein Tester des Guide Michelin diesem Menü teilhaftig geworden, die verdiente Verleihung eines Sterns wäre meiner Meinung nach lediglich Formsache. Zwei großartige Gänge der Speisenfolge waren sogar derart gelungen, dass ich persönlich sie auf 2-Sterne-Niveau einordne.

Es hat einfach alles gepasst an diesem Abend. An Helmuts Stelle würde ich Anna Gabelsberger und Alexandra Fröhlich Verträge auf Lebenszeit anbieten. Helmut und sein gesamtes Team, auch jene, die mir nicht in Erscheinung traten, haben ihre geballte Kompetenz und Erfahrung frei von Flüchtigkeitsfehlern zu 100% auf den Platz gebracht, auf dem nach alter Fußballerweisheit bekanntlich die Wahrheit liegt.

Das erlebe ich nicht oft. Ein Gesamtkunstwerk dieser Güte Tag für Tag, Tisch für Tisch zu schaffen ist die Herausforderung, die es zu meistern gilt. Helmut und sein Team leben das japanische Kaizen-Prinzip, grundlegende Philosophie modernen Qualitätsmanagements: Beharrliche Verbesserung in kleinen und kleinsten Schritten führen im Effekt zur Perfektion. Das Restaurant Schwögler in Bad Abbach ist auf gutem Weg ein großes Stück vorangekommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://auswaertsessenregensburg.blogspot.de/p/rechtliches.html) und in der Datenschutzerklärung von Google (https://policies.google.com/privacy?hl=de).

Dein Kommentar wird sichtbar, sobald er von mir geprüft wurde. Spam und Verstöße gegen die Nettiquette sind Ausschlußkriterien.