copyright 2015 Robert Bock |
Und Hand aufs Herz: Sahen ihre Zart geschmorten Ochsenbackerl mit Kartoffelpüree und gebrateten Pfifferlingen zu 13,90 EUR nicht auch so aus, als wenn sie ausgezeichnet schmecken würden?
Madame war so freundlich mich probieren zu lassen und nicht nur sie, auch ich darf sagen: Da standen echte Könner am Herd des Brauereigasthofes Jakob in Nittenau im schönen Regental. Doch ich greife vor, also der Reihe nach ...
von Robert Bock
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Madame mag Bier vor allem, wenn es süß ist: Ein dunkles Radler schien ihr so die beste Wahl, denn diesmal wollte sie nicht ihren klassischen Fehler begehen und in einem Brauereigasthof einen Wein bestellen. Es stand zwar ein Grüner Veltliner und ein Zweigelt auf der Karte, aber das dunkle Radler war ausgezeichnet malzig, süß und nicht zu kohlensäurelastig, ohne dabei träge zu sein. Auch ich muss sagen: sehr gut!
Mein helles Weißbier stand naturtrüb im Glas, auch in diesem Fall: Die Kohlensäure dezent und zurückhaltend, der typische, mich persönlich nervende typische Weizeneffekt (Aufstoßen) kein Thema. Das Bier sehr aromatisch, fluffig und duftig der Schaum, weich und cremig im Antrunk fruchtig-frisch und mit langen Nachklang an reife Bananen. Ein Weltklasse-Weizen soweit ich mir so ein Urteil mit meiner, zugegeben, nicht sehr ausgeprägten Bier-Affinität erlauben darf. Ich reagiere leider auf manche Weißbiere sensibel mit Kopfschmerzen - beim Weizen von Jakob keine Spur. Indiz, dass hier nach allen Regeln der Braukunst meisterhaft gebraut wird. Eine echte Entdeckung und wer es noch nicht kennt: Probieren!
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Bis unsere Biere auf dem Tisch standen, dauerte es allerdings acht Minuten. Damit deutete sich bereits früh ein erster Schwachpunkt im Brauereigasthof Jakob an, der sich durch den Abend ziehen sollte: Es dauerte alles sehr, sehr lange. Lag es am Ausschank, an der Küche, langen Wegen in den Garten oder dem burnoutvermeidenden Schritttempo der beiden Servicedamen - wir wissen es nicht und es zählt am Ende nur eines: Das Ergebnis und die Zufriedenheit des Gastes.
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Keinerlei Knödel, keine Bauchstecherla ... oha? Dafür Spätzle? Stehen hier etwa "Zuagroßte", gar Schwaben am Herd? Wir sind in der Oberpfalz - die Oberpfalz ist Kartoffelland ... Wenigstens Kartoffelpüree gibts und das in ausgezeichneter Machart mit ordentlich Butter dran, damit es besser an den Hüften haftet. 50/50 ist die Relation, die beispielsweise Johann Lafer favorisiert. Irgendwann trau ich mich am heimischen Herd es ihm nachzutun ...
Auf der Karte finden sich leider auch die mir verhassten "Putenstreifen" - allerdings, und das relativiert vieles: ausdrücklich Pute aus Freilandhaltung. Das zeugt von Qualitätsbewußtsein bei der Wahl der Zutaten, speziell des Fleisches, und dies bestätigte sich dann auch bei den von uns bestellten Gerichten.
Auffällig auf der Brotzeitkarte: Kein Obatzder, dafür der selten gewordene Stramme Max. Grundsätzlich gleicht die Brotzeitkarte - für einen Brauereigasthof in Altbayern - einem Rohbau. Da kann man, da muss man mehr bieten.
Und gebackener Schafskäse? Den bestelle ich beim Griechen, aber in einem bayerischen Lokal hat dieser meines Erachtens nichts verloren. Camembert - selbst paniert und in Butterschmalz gebacken - das wäre unseres Erachtens die Alternative der Wahl. Oder ein im Speckmantel gebratener Ziegenkäse aus regionaler Ziegenwirtschaft. Aber bitte kein griechischer Feta ... Ein gastronomisches Konzept sollte konsistent und konsequent sein - so finde ich zumindest. Ob von daher auch die möglicherweise leckeren Tagliatelle mit Sommertrüffeln in einem Brauereigasthof in Nittenau zwingend sein müssen ...? Ich will es nicht vertiefen. Unsere Tischnachbarin bestellte sie statt der Trüffel mit Rahmpfifferlingen - manchmal tut die Küche gut daran, auf solche Signale des Gastes zu hören.
Sehr zufrieden waren wir mit unseren beiden Hauptgerichten. - abgesehen von annähernd 30 Minuten Wartezeit, die aber meinem Gericht geschuldet waren, das schneller kaum in guter Qualität an den Tisch zu schicken sein dürfte.
Madame, wie bereits erwähnt, war hin und weg von ihren Ochsenbackerln: "Fleisch sehr zart; Kartoffelpüree sämig, butterig, sehr lecker; Pfifferlinge: ein leichter, angenehmer Hauch von Knoblauch, die Sauce so gemacht, wie sich das gehört: mit Zeit, Liebe und besten Zutaten, veredelt mit einem luftigen sahnigen Schäumchen, zarte, knusprige Zwiebelringe obendrauf. Die Größe der Portion nicht zu klein und nicht zu groß - gerade richtig."
Auch für einen Mann, erlaube ich mir zu vermuten. Ich selbst habe alle Komponenten dieses Gerichtes einzeln goutiert und war begeistert von der Aromenexplosion an Zunge und Gaumen. Dieses Gericht würde sich Madame jederzeit wieder und ich beim nächsten Mal bestellen. Oder doch lieber die Rehpflanzerl mit Pfifferlingrahmsauce und Kartoffelpürree, die an den Nachbartischen gern bestellt wurden? Die sahen auch sehr ansprechend aus.
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Beginnen wir mit dem Vogel ... Der Laie mag sich fragen, was, in Gottes Namen, ist denn eine Maispoularde? Wikipedia schreibt dazu:
"Poularden sind junge Masthühner, die mit sieben bis zwölf Wochen, also noch vor ihrer Geschlechtsreife, geschlachtet werden. Sie wiegen von 1200 bis zu 3500 g und mehr. Maispoularden sind schwere (über 1200 g Verkaufsgewicht) Exemplare des Maishuhns. Ein Maishuhn ist ein Huhn, das überwiegend mit Mais gefüttert wurde. Haut und Fleisch der Maishühner sind gelblich."
Quelle
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Der Kartoffelsalat war gut, wenngleich keine Weltsensation, der Kapern-Zitronen-Dip eine unkonventionelle, aber schöne Alternative zu den klassischen Preiselbeeren. Die Zitronenschnitze wurden neben und nicht auf dem Backhendl serviert - das ist Liebe zum Detail, denn ansonsten besteht das Risiko, dass die Panade lokal zu früh durchweicht. Summa summarum: Eine runde Sache und jederzeit wieder eine Fahrt nach Nittenau wert. Ein Schlag mehr Kartoffelsalat für ein ausgewachsenes Mannsbild wie mich und ich wäre in die Küche gegangen, um Koch oder Köchin, die ihr Handwerk verstehen, persönlich zu gratulieren. Josef Kögl von den Winzerer Weinstuben hat in Nittenau ernstzunehmende Konkurrenz, was dieses Gericht betrifft ... und das will viel heißen.
Ausgezeichnete Hauptgerichte also - da droht Gefahr, dass die Küche beim Dessert mit einer Arschbacke wieder alles einreisst, was sie zuvor aufgebaut hat. Um ein Haar wäre das tatsächlich geschehen ...
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Was ich bekam, war von der Portion her in Ordnung, aber geschmacklich leider nicht der Knaller. Hätte ich nicht gewußt, dass Weißbier enthalten sei, ich wäre nie von selbst darauf gekommen. Viel zu süß und pappig, ausdruckslos. Eine interessante Idee, aber eine flaue Umsetzung.
Nein - damit braucht man wahrscheinlich nirgends auf Fans hoffen. Auf der Karte für 4,50 EUR ausgelobt - auf der Rechnung mit 5,50 EUR berechnet. Leider fiel mir das erst daheim auf. Das darf einem seriösen Betrieb unter keinen Umständen passieren und deswegen muss ich den Fauxpas leider öffentlich auch so erwähnen. Schade ... Aber irgendwas ist halt immer.
Madame bestellte Lauwarmen Schokokuchen mit Vanilleeis zu 5,50 EUR. Es kamen beide Komponenten plus eine hinreissend leckere Mousse von Weißer Schokolade mit einer säuerlich fruchtigen Sauce von der Johannisbeere, die sensationell mit dieser Mousse harmonierte.
Das Vanille-Eis war Vanille-Eis, das lauwarme Küchlein im Glas war leider nicht durchgebacken. Sollte das dem Wunsch des Publikums nach einem "flüssigen Kern" entgegenkommen, sei der Küche verraten, dass es sich hierfür empfiehlt eine Schokopraline oder ein Stück guter Schoggi vor dem Backen in den Kuchen zu platzieren - jedoch einfach den Kuchen nicht durchzubacken, so dass mittig pappiger, flüssiger Teig steht? Das geht so aus kulinarischer Sicht meines Erachtens ganz und gar und überhaupt nicht. Das läuft für mich - speziell bei diesem Teig - unter handwerklicher Fehler.
Wartezeit für das Dessert: Erneute 30 Minuten. Zu viel, liebes Team vom Brauereigasthof Jakob, uns zumindest dauerte das zu lange. Wir würden solche Wartezeiten allenfalls dann in Kauf nehmen, wenn uns das Dessert als Entschädigung anschließend die Schädeldecke wegblasen würde. Tat es aber nicht. Mit Ausnahme der Weißen Mousse und der zugehörigen Sauce würden wir persönlich diese Desserts nicht ein zweites Mal bestellen. Zudem der Fehler zulasten des Gastes auf der Rechnung ... Schade.
Kommen wir zur Rubrik "Dies&Das":
Unsere Bedienung hatte anscheinend schon einen anstrengenden Tag im Biergarten hinter sich. Das roch man. Gegen Schweißgeruch gibt es Deodorants. Die sollte man in einem schweißtreibendem Job, gerade im Sommer, auch unbedingt benutzten, meinen wir als Gäste.
Die Dame dutzte die Gäste, gleich welchen Alters und gleich, ob sie Stammgäste waren oder "Ersttäter" wie wir. Wir finden das zwar sehr sympathisch, sind aber nicht sicher, ob dies jederman so ginge. Dass beide Bedienungen gekleidet waren, so wie sie möglicherweise zuhause auch auf der Couch vor der Glotze anzutreffen sein könnten, findet vielleicht nicht jeder Gast, der mit Bedacht einen gut bürgerlichen Gasthof statt einen Döner-Imbiss oder modischen Street-Food-Strich aufsucht, passend. Wir jedenfalls freuen uns über wohlriechendes Servicepersonal in einer ordentlichen, gepflegten Kluft, die "regional passenden Charme" versprüht. Was man im Regental in einem bayerischen Brauereigasthof sich darunter vorstellen könnte, kann sich jeder selbst ausmalen. Das Spektrum von "Landhausmode" bis "Tracht" reicht weit.
Dieser leicht schmuddelige, unordentliche Touch setzt sich im Durchgang vom Eingang zum Biergarten fort: Links und rechts zweigen Türen in Räume ab, die der Gast besser in diesem Ordnungszustand nicht zu sehen bekommen sollte: "Rumpelkammern" ist ein höflich gewählter Ausdruck für das Bild, das sich uns darbot. Türen zu! Noch besser: Dieses befremdliche Chaos beseitigen und zwar schleunigst! Wie betriebsblind muss jemand sein, dass ihm so etwas weder auffällt noch die Schamesröte ins Gesicht treibt?
Auch in die Küche konnte jeder Gast auf dem Weg in den Garten einen flüchtigen Blick werfen: Hier gibt es unsererseits keinerlei Anlaß und Anhaltspunkt zu diesbezüglicher Kritik und das ist gut und richtig so. Nichts was man hervorheben sollte, denn an sich selbstverständlich.
Auch von den Toiletten darf der Gast einen Zustand erwarten, der das Attribut Tiptop verdient. Sowohl die Herren-, als auch die Damentoilette waren in gutem Zustand, allerdings fehlte in beiden Örtlichkeiten Handtücher oder Luftgebläse zum Händetrocknen. In der Herrentoilette lag im Papierkorb eine aufgebrauchte Küchenrolle - alles was Recht ist: Ich persönlich reisse ungern Blätter von einer Rolle ab, die andere Menschen vor mir schon in der Hand hatten. Hierfür gibt es hygienisches Profi-Equipment und das sollte man sich in Nittenau unserer Meinung nach auch dringend anschaffen. Die Toiletten sind die Visitenkarte eines Lokals, sagt man. Hier versteht man unterm Strich, warum das so ist. Qualitätsstreben zeigt sich auf den scheinbar nebensächlichen Spielfeldern - nicht nur in der Küche.
Fazit:
- Der hervorragenden Biere und der in jeder Hinsicht exzellenten Hauptspeisen wegen, würden wir dem Brauereigasthof Jakob jederzeit wieder einen Besuch abstatten und freuen uns auf künftige saisonal angepasste Karten.
- Unsere Desserts fielen leider in Relation zu den Hauptspeisen, was unseren Geschmack angeht, zu deutlich ab.
- Das Preis-Leistungsverhältnis der von uns probierten Speisen sowie die Portionsgrößen waren grundsätzlich gut.
- Küche und "der Rest" weisen leider eine zu große Qualitätsspreizung auf: Ein Lokal das auf sich hält, sollte bei so guter Küchenleistung die von uns wahrgenommenen Schwachpunkte kritisch im Team hinterfragen: Habitus des Sevicepersonals, Unordnung in den dem Gast einsehbaren "Rumpelkammern", fehlende Handtücher in den Toiletten ...
- Sehr, sehr lange Wartezeiten und das an einem Montagabend mitten in den großen Schulferien.
Ruhetag: Mittwoch.
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