Falls jemand diesen Artikel nur aufgerufen hat, um sich zu vergewissern, ob Franco Esposito, Wirt und Küchenchef des italienischen Restaurants Pielmühle tatsächlich Koi-Karpfen serviert, muss ich ihn enttäuschen: Francos edle Kois gründeln in der ihr eigenen Gemächlichkeit im Teich, der die überdachte Sommerterrasse gen Westen begrenzt und mit leisem Plätschern meditative Ruhe verbreitet.
Es war ein warmer, ja heißer Julitag und in der Luft wabern letzte Reste drückender Schwüle. Meine drei Begleiter und ich staunen nicht schlecht, denn der Koi-Teich, neben dem wir sitzen, spendet angenehm kühlende Frische.
Diese drei Menschen sind mir wichtig. Ich will, dass sie einen angenehmen Abend bei gutem Essen verbringen. Lange habe ich überlegt, wohin. Meine Wahl fiel auf Franco Espositos Lokal. Auch, weil mir zu Ohren kam, Franco habe seit meinem Erstbesuch im zurückliegenden Dezember in Sachen Weinkarte wenigstens drei Scheitel Holz aufgelegt. Der Wein war nämlich so ziemlich der einzige Aspekt, den ich damals zu monieren hatte. Zeit, sich nun im Sommer - Freiluftambiente statt Stube und Sommer-, statt Winterkarte - frische Eindrücke zu verschaffen!
von Robert Bock
Claudia und Jürgen Salzmann, zwei meiner Tischgenossen, sind Foodblogger aus Duisburg. Sie verstehen viel von guter Küche, sind beide versierte Hobbyköche und ihr Blog Gernekochen - mit Wein genießen ist mir stete Quelle kulinarischer und oenologischer Inspiration. Schaut bei Gelegenheit mal rein, es lohnt sich.
Claudia und Jürgen sind zum ersten mal in Regensburg, kennen Franco Esposito aber seit längerem virtuell aus einer Facebook-Gruppe, die sich - womit sonst? - mit Kochen beschäftigt, und wollen ihn heute mit ihrem Besuch überraschen.
Der Chef persönlich begrüßt uns per Handschlag und freut sich herzlich über den unerwarteten Besuch aus dem Ruhrgebiet.
Die Arbeit ruft, er verabschiedet sich in die Küche, der auch an diesem Abend in jeder Hinsicht vollkommene Service übernimmt das Ruder ...
Wir studieren die Karte ... Schöne Grillgerichte, reichlich Fisch - von frittierten Sardellen als Vorspeise über heimischen Saibling, hin zu Meeresfrüchten - Franco Espositos Speisekarte wirkt - wie schon im Winter - durchdacht und ist von Saisonalität und Regionalität geprägt.
Mittlerweile auch die Weinkarte. Ich bin beeindruckt. Auf eigene Faust habe er die zusammengestellt, erfahre ich von ihm. Er habe sich eingearbeitet ins Thema Wein und seine Frau und er hätten en passant ihre Leidenschaft für schöne Weine entdeckt.
Die Weinauswahl zeigt sich nicht ausschließlich italienisch. Das gefällt mir, denn - auch wenn viele Italiener dies, von ihrem Patriotismus irrgeleitet, anders sehen werden - auch andere Mütter haben schöne Töchter: Spanien, Frankreich, Deutschland ... Sehr schön, sehr kompetent, was Franco sich da überlegt hat! Nahezu jedem Gericht hat Franco ferner eine Weinempfehlung zugeordnet.
Der Preis pro Flasche bewegt sich im Gros zwischen 16 und 23 Euro. Das ist erschwinglich und die Qualität der sauber deklarierten Weine augenscheinlich für ein Restaurant dieser Kategorie in der Region konkurrenzlos. Es gibt aber auch eine Reihe offener Weine zu zivilen Preisen - man muss nicht zwingend eine ganze Flasche ordern.
Wir sind zu viert, wir wollen alle Fisch, bzw. Meeresfrüchte bestellen, wir einigen uns auf Jürgens Vorschlag hin auf einen Pfälzer Weißburgunder.
Ein wunderbarer, fruchtig, trockener Wein aus dem Hause Schönlaub aus Gleiszellen zu 17 EUR, perfekt gekühlt, serviert in einem mit Eiswürfeln unterlegten Flaschenkühler und kredenzt in hervorragenden Weißweinkelchen aus dem Hause Spiegelau.
So bringt man schönen Wein zur Geltung - so und nicht anders! Kein Vergleich zu meinem Erstbesuch vor knapp sechs Monaten. Bravo, Franco, bravissimo!
Ich schaue mich um: Alle Tische sind besetzt. An vielen haben die Gäste ganze Flaschen bestellt. Das war früher anders. Da dominierten die Weißbier - und Spezi-Gläser. Am Nachbartisch, nur als Beispiel, begeistert sich ein Paar fortgeschrittenen Alters für einen Barbera del Monferrato aus dem Piemont.
Man muss den Gästen eben nur ein spannendes Angebot machen, dann kommen sie schon auf den Geschmack ... Würde mich heute jemand fragen, wo man denn im Norden Regensburg ein schönes Fläschchen Wein trinken könnte, auch wenn man keinen großen Hunger habe - heute, anders als noch im Dezember, würde ich ihn hierher zu Franco schicken. Ein Tellerchen frittierte Sardellen, drei, vier Bruschetti oder einfach nur diese wunderbaren, ofenwarmen Brotkügelchen aus Pizzateig dazu, die Franco uns geschickt hat, und das Leben leuchtet.
Die Salzmanns bestellen Calamari vom Grill mit einem hochinteressanten Salat aus Brokkoli, Tomaten, Pinienkernen und Apfel sowie gegrillte Saiblingsfilets mit ebendieser Beilage. Beides zudem mit Beilagensalat.
Die Foodprofis aus Duisburg sind hochzufrieden, um die abgegriffene Vokabel begeistert zu vermeiden. Ich konnte lediglich die Optik begutachten: Präsentation vom Feinsten!
Meine charmante Begleiterin und ich entscheiden uns jeweils für Pesce Misto.
Die Calamaria sind in zweierlei Teig ausgebacken, ferner finden sich Garnelen und Sardellen auf dem üppig beladenen Teller.
Neben einem schönen Beilagensalat begleiten eine Tranche von mit Paprika gewürztem Schafskäse im Zucchinimantel und eine sehr schöner, nicht zu rasser Knoblauch-Dip dieses Gericht. Ausgezeichnet - und und für 16,90 EUR ein außerordentlich fairer Preis.
Zum Abschluß bestellen wir Espresso und Haselnuss-Likör. Beides von nicht verbesserungsfähiger Qualität. Franco findet Zeit und setzt sich zu uns. Wir plaudern noch ein halbes Stündchen. Das Internet ist eine feine Sache - wie hätten sich Claudia, Jürgen und Franco ohne diese epochale Erfindung kennengelernt? Gar nicht, höchstwahrscheinlich.
Satt und zufrieden verabschieden wir uns von Franco, seinem hervorragendem Servicepersonal und seinen Kois, die auch an diesem Abend unangetastet blieben. Das wirft die Frage auf: Wie mag ein Koi "Blau" wohl schmecken ...?
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