Montag, 1. Mai 2023

Am Maifeiertag im Landgasthof Spitzauer in Nittendorf

Bald wird es ein Jahr her sein, dass der traditionsreiche, idyllisch an der Naab gelegene Landgasthof Spitzauer in der Löweneckstraße 1 in Nittendorf wieder seine Pforten geöffnet hat.

Die gelernte Hotelfachfrau Stefanie Bösl hat das seit Generationen in Familienbesitz befindliche Lokal nebst 30-Zimmer-Frühstückspension von ihren Eltern übernommen und mehr als nur die Fenster weit aufgetan, um frischen Wind durch Küche und Gaststube wehen zu lassen.

Oft bin ich in den letzten drei Jahrzehnten an diesem Wirtshaus vorbeigefahren, aber bislang nie dort eingekehrt. Dies sollte sich am Maifeiertag zur Mittagszeit aus spontaner Lust auf bairische Sonntagsküche ändern ...

von Robert Bock ...

Das Anwesen präsentiert sich dem Gast mit großzügigem Parkplatzangebot und hellen, modern und stilvoll-schlicht eingerichteten Gasträumen in tiptop gepflegtem Zustand.

Noch ist die Biergartensaison nicht wirklich eröffnet, aber es lässt sich erahnen, dass man es hier bei gepflegten Eichhofener Bieren, Jakob-Weißbieren und typischer Biergartenküche an heißen Tagen gut aushalten können wird. Im Eingangsbereich habe ich den Inhalt des Weinkühlschranks überflogen: Alle Achtung, jede Menge wohlklingender Weingüter von Rang!

Für uns ist, nach einem Anruf vor zwei Stunden, ein Zweiertisch im lichtdurchfluteten, um 12 Uhr bereits gut gefüllten Wintergarten reserviert. Zwei frische Tulpen verbreiten Frühlingsstimmung. Die Stühle sind außerordentlich bequem und in ihrer Schlichtheit von ausgesuchter Eleganz. Unser Tisch wackelt. Die Chefin höchstselbst behebt das Problem binnen Sekunden klassisch: Mittels eines Bierfilzls.

Die Speisekarte ...

Die Speisekarte ist eine Loseblattsammlung auf einem Klemmbrett. Ist mir sehr sympathisch, zeigt es doch, dass man hier nicht das ganze Jahr hinauf und hinunter den gleichen Stiefel kocht, sondern saisonal orientiert und deshalb die Karte nicht einlaminiert oder gar hat für viel Geld drucken lassen.

Die Feiertagsküche zum Maifeiertag lässt kaum Wünsche offen: Vom obligarischen Schweinsbraten mit Knödel über Haxn und Schäuferl, geschmorte Ochsenbackerln, Rindsrouladen, Zwiebelrostbraten bis hin zur gebackenen Forelle aber auch hausgemachten Tagliatelle, ist für beinahe jeden Glust etwas dabei. 

Das Angebot an vegetarischen oder gar veganen Gerichten ist allerdings ausbaufähig. Käsespätzle mit Röstzwiebeln und Salat klingt beinahe schon ironisch, Gebackener Feta mit Ratatouille, Ruccola und Baguette nicht wesentlich besser - beides auf jeden Fall einfallslos. 

Wer als Gastronomiebetrieb Familien mit Kindern, insbesondere Töchtern in der Pubertät, für sich interessieren will, sollte in eigenem Interesse, was sein vegetarisches/veganes Speisen- und Getränkeangebot betrifft, umdenken. Da hilft alles Aiwangern nichts: Die Welt tut das was sie immer tat: sie ändert sich. Ob einem das gefällt oder nicht. Wer sich nicht anpasst, wird verschwinden ...

Auch die Dessertauswahl auf dem zweiten Blatt (ohne Bild) kann sich sehen lassen. Das alles im, meiner Meinung nach, perfekten Umfang: Weder zuviel, noch zu wenig. Die Zutaten sind weit überwiegend aus der Region und von hervorragender Qualität, wenn man die Liste der Lieferanten des Gasthofs auf dessen Website querliest.

Meine charmante Begleiterin bestellt sich das Wiener Backhendl vom Maishähnchen mit Kartoffel-Endivien-Salat. Das wäre auch in meiner engeren Wahl gewesen, aber ich lasse mir, da mir das letzte Schäuferl gerade von einem anderen Gast vor meiner Nase wegbestellt worden ist, den Schweinshaxn mit zwei Knödeln und Sauerkraut zubereiten.

Trank ...

Die "flüssige Nahrung" serviert uns Stefanie Bösl zügig: Für mich ein Jakob-Weizen vom Fass (unfassbar süffig! Kein Vergleich zu der Variante aus der Flasche!), für "Sie" ein Eichhofener Pils samt elegantem Glas.

Die Wartezeit aufs Essen ist im Bereich des Normalen und lässt uns Zeit, unsere ersten Eindrücke auszutauschen. Dann nähert sich schon die Chefin mit den Tellern ...

 

 

Speis ...

Das Wiener Backhendl - ich darf probieren - ist hervorragend zubereitet: Das Fleisch ist butterzart und schmackhaft, die Panade wunderbar crispy, wobei vermutlich ein wenig Panko im Paniermehl für diesen besonders eleganten Crunch gesorgt haben dürfte. 

Mich persönlich irritiert, dass nicht wenigstens ein panierter "Drumstick" mit Knochen das optisch schnitzelesque Backhendl ergänzte und auch die ansonsten häufig dazu servierte Remoulade fehlte, die für mich persönlich das Tüpfelchen auf dem Backhendl-i darstellt.

Der Kartoffelsalat ist rund abgeschmeckt, cremig-schlotzig und das Ensemble auf einem türkisfarbenem, rechteckigen Teller ohne viel Schnickschnack  ansprechend serviert. Meine Begleiterin ist sehr zufrieden, wenngleich ich ihr anmerke, dass die Portion gerne um etwa 10-15% größer hätte ausfallen dürfen.

Der vordere Schweinshaxn kommt sehr heiß,  mit oppulent gepoppter Schwarte und zwei Kartoffelknödeln in einer ungebundenen, kräftigen, vielleicht ein Gran zu salzig geratenen dunklen Sauce daher. Locker gestreute frische Schnittlauchröllchen brechen die ansonsten extrem schlichte Optik des Tellers.

Einen Schweinshaxn oder einen Schweinsbraten fürs Auge des Gastes gefällig anzurichten, das ist des Bajuwaren Anliegen beinahe nirgendwo. Warum eigentlich nicht?

Die beiden Knödel der Küche des Landgasthof Spitzauer sind ohne Kritik, weil sie weder besonders negativ noch positiv auffallen. Dabei können hausgemachte Kartoffelknödel - nur diese lasse ich etwas gelten - wie zum Beispiel im Brauereigasthof Goss in Deuerling oder so ziemlich überall in Oberfranken, eine regelrechte Sensation sein.

Das separat servierte Sauerkraut ist extrem schlicht zubereitet und für meinen Geschmack nicht rund genug abgeschmeckt: Es dominiert eine spitze Säure, der ein süßer Gegenpart gut getan hätte: Apfel(mus), Rübenkraut -  oder einfach eine großzügige Prise Zucker. Auch deutlich mehr Wacholderbeere und Lorbeerblatt, ja, auch Kümmelsaat, hätten es meiner Einschätzung nach zu einer Sensation geraten lassen. Aber das alles ist wie stets Geschmackssache: Meine Begleiterin beispielsweise mag dieses aufs Wesentliche reduzierte Sauerkraut, so wie es ist.

 Am 1. Mai nicht ohne Nachspeis ...

Meine charmante Begleitung wählt ein Ensemble aus Joghurt- und Basilikumeis (alle Eissorten hier hausgemacht) mit einem Pesto und frischen Erdbeeren mit Minze von der Karte, ich gehe es schlicht an und entscheide mich für zwei selbst zusammengestellte, schlichte Nocken aus einem Sahneeis von Verbene und einem Sorbet vom Grünen Apfel:


 

Für mich persönlich stellt sich das Erleben dieses Nachtischs so dar, dass ich alleine wegen dieser herausragend guten Eis- und Sorbetspezialitäten hier wieder herkommen würde. Vollendet aromatisch, nicht zu süß, schön cremig und einfach nur zu 100% nach Natur schmeckend. Die Nocken sind größer, als sie auf den Fotos zu wirken scheinen und insofern auch ihren Preis wert.

Ein Verbene-Eis habe ich bislang nirgendwo gegessen und bin begeistert von der Dichte und Präsenz der Aromatik dieses in der französischen Küche gerne verwendeten Krauts. Das Sorbet vom Grünen Apfel  bildet die ganze aromatische Wucht eines knackfrischen Granny Smith ab und begeistert mich mit seiner samtigen Textur. Wo andere Wirtshäuser zu widerwärtigem Industrieeis auf Pflanzenölbasis greifen oder bestenfalls mit einer Eisdiele kooperieren, wird hier eine haugemachte Eiscreme serviert, die ihresgleichen sucht. Ein echtes Alleinstellunsgmerkmal, das den Unterschied macht: So ein gutes Eis bzw. Sorbet muss man lange suchen. Chapeau!

Schade, dass die zweifarbigen Kecksröllchen aus den Untiefen industrieller Fertigung den Gesamteindruck beider Desserts etwas herunterziehen. Der Aufwand Solches oder Ähnliches  hausgebacken zu servieren ist überschaubar und würde der Qualität des Eis/Sorbets gerecht.

Fazit

Das Essen war gut, wir erkennen aber noch hie und da Verbesserungspotenzial. Die Eiscremes und Sorbets waren hervorragend und für sich gesehen schon ein Grund hier wieder einzukehren. Der Service durch Frau Bösl und ihre Mitarbeiterinnen freundlich, schnell und immer präsent: So soll das sein, so war es. Die Räumlichkeiten sind geschmackvoll und in sehr gepflegtem Zustand; sie spiegeln die Liebe und Leidenschaft, die Stefanie Bösl mit ihrem Team in ihren Traditionsbetrieb investiert. Das gefällt uns.

Unser Erstbesuch hat uns beiden Lust auf Wiederholung gemacht. Ich empfehle deshalb meiner geneigten Leserschaft gerne, dem Landgasthof Spitzauer in Nittendorf einmal einen Besuch abzustatten, um meine subjektiven durch eigene Erfahrungen zu ergänzen.

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