Freitag, 16. Oktober 2015

Spanferkelleber im Gasthof Parzefall in Burgweinting

copyright 2015 Robert Bock
Im Gasthof Parzefall in der Obertraublinger Straße 54 im Regensburger Stadtteil Burgweinting ist Samstag "Lebertag".

Madame und ich essen beide sehr gerne Innereien und gern und regelmäßig Leber - und statt uns am heimischen Herd, wie gewöhnlich, den "Klassiker" (rosa gebraten mit Zwiebeln und Apfelringen) auf eigene Faust zu bruzzeln, beschließen wir, uns zur Feier des Tages, zwei andere Varianten zubereiten zu lassen.

"Einfach gut essen" - so der unmissverständliche Claim auf der Website des Gasthofes der Familie Bartz - davon wollten sich Madame und ich selbst ein Bild machen. Und was soll ich sagen? Die Küche hält durchaus, was der Claim verspricht. Wobei, naja: irgendwas ist halt doch immer ...
von Robert Bock

copyright 2015 Robert Bock
Wir sind schon ziemlich oft an diesem Gasthof im Herzen Burgweintings vorbeigefahren und man kann ihn kaum übersehen. Auch die ansehnliche Zahl von Autos auf dem  hauseigenen Parkplatz nicht: das deutet darauf hin, dass man dort in jeder Hinsicht etwas erwarten darf.

Um im Biergarten zu sitzen, dafür ist es an diesem Samstag im September schon zu frisch, so nehmen wir in der Gaststube Platz, die 50 Gästen Raum bietet. Darüber hinaus gibt es noch eine Stube mit 70 und ein Stüberl mit rund 20 Plätzen. Man kann auch Übernachten: 12 Gästezimmer warten auf Erholungssuchende.

copyright 2015 Robert Bock
Die Gaststube ist im modischen "bayerischen Landhausstil" eingerichtet, den kann man lieben oder hassen, aber es wirkt sauber und gemütlich hier, wenngleich - nach meinem Geschmack - etwas überdekoriert mit allerlei Staubfängern an den Wänden. König Ludwig, Papst Benedikt und, im Herrgottswinkel, dessen gekreuzigter Chef grüßen vor den Wänden.  

Hausgemachte Bratenssulz mit Bratkartoffeln gäb's unter anderem für 6,80 EUR steht auf der großen schwarzen Tafel mit den aktuellen Empfehlungen des Hauses. So verlockend das klingt, wir sind der Spanferkelleber wegen gekommen - und die bestellen wir nach ausgiebigem Studium der 14-seitigen Speisenkarte im A5-Format, die liebevoll aber etwas unübersichtlich gestaltet ist, trotzdem ihr - so etwas haben weder Madame noch ich jemals gesehen - ein Inhaltsverzeichnis (!) vorangestellt ist.

Ein Hinweis darauf, dass es Küchenchef und Pächter Michael Bartz gut, vielleicht zu gut, mit seinen Gästen meint, was die Auswahl angeht? Gut, es findet sich darin - zusätzlich - eingelegt auch eine Tageskarte und die Übersicht mit den wochentagsspezifischen Angeboten. Macht 15 Seiten und Madame und ich sind uns ziemlich sicher: mit ca. 20% der Speisenpositionen dürften über die Lebensdauer dieser Karte hinweg wahrscheinlich ca. 80% der Bestellungen bestritten werden und der Rest  ...?

Naja ... Herr Bartz - er ist weit in der Welt herumgekommen, aber er ist Burgweintinger und kennt seine Pappenheimer sicher bestens - wird wissen, was er tut: Er ist Küchenmeister, darauf ist er zurecht stolz und verrät das dem Gast mittels seines gerahmten IHK-Diploms am besten Platz an der Wand in der Gaststube. Na, ob das Papst Benedikt gefallen würde, siniere ich, dass nicht sein Konterfei dort hängt? Wir sind beide generell gegen das Hängen von Päpsten und vertiefen dieses Thema lieber nicht, bevor sich religiöse Fundamentalisten dorthin getreten fühlen wohin derlei Tritte für gewöhnlich mit Fug und Recht adressiert werden ...

Spaß beiseite: es ist heute leider alles andere als selbstverständlich, dass am Herd jemand die Verantwortung trägt, der sein Metier von der Pieke auf gelernt hat. Das flößt dem Gast Vertrauen ein, weckt aber auch Erwartungen ...

Die freundliche und aufmerksame Bedienung bringt uns zügig die Getränke: Für mich ein Hefeweizen (hell, 3,30 EUR) - das Bier im Gasthof kommt aus Passau - für Madame ein, naja: Pfefferminztee (2,90 EUR). Beide Getränke erfüllen ihren Zweck, ohne jeweils zu beeindrucken und ein Weizen für mehr als drei Euro mag unseres Erachtens in der City angehen, aber nicht in der Peripherie.

copyright 2015 Robert Bock
Madame bestellt sich Panierte Spanferkelleber, kurz gebraten mit Bratkartoffeln für € 8,20. Das Gericht ist auf der Karte mit Kartoffelsalat annonciert, aber der Service tauscht ohne Umstände in die von Madame gewünschte Beilage um. Die Portionsgröße ist mehr als ordentlich: reichlich Bratkartoffeln mit Speck in Butter oder Butterschmalz gebraten. Ein Küchenmeister weiß, das Butterschmalz und/oder Butter einfach durch kein anderes Fett für diesen Zweck zu schlagen sind.

Madame ist jedenfalls schwer begeistert. Um es vorwegzunehmen: Ich ebenfalls, auch ich habe diese Bratkartoffeln als Beilage zu meinem Gericht. Zwei beeidruckend große Leberstücke belegen die andere Hälfte von Madames Teller: Sie sind so groß und dick, dass uns beiden leise Zweifel kommen, ob denn das tatsächlich eine Spanferkelleber sein könne, oder nicht vielleicht eine "normale" Schweineleber?

Die Panade, die unserer Vermutung nach unter anderem Cornflakes enthielt, ist knusprig, kross - beides aufgrund der homogenen Bräunung offensichtlich in der Friteuse zubereitet, möglicherweise in Butterschmalz, denn die Leber schmeckt wunderbar buttrig. Vielleicht wurde die Leber nach einem Bad in heißem Pflanzenfett auch nur abschließend in der Pfanne in Butter geschwenkt? Bei einem Küchenmeister muss man auf solche Finessen gefasst sein.

Allerdings erwarten wir, wenn "kurz gebraten" annonciert ist, auch Kurzbraten als Garmethode. Darunter versteht der Fachmann ein schnelles Garen und Bräunen in der offenen Pfanne, wobei nur wenig Fett zum Einsatz kommt. Das war hier offensichtlich und unstreitig nicht der Fall. Wie auch immer, Madames Schweine-/Spanferkelleber hätte jedenfalls nicht länger garen dürfen - sie befand sich, was den Garpunkt anging, am oberen Ende der Skala, dessen was sie und ich persönlich als gelungen einstufen.

copyright 2015 Robert Bock
Meine Spanferkelleber „Sauer“ mit Speck-Bratkartoffeln und Salat für ebenfalls € 8,20 war nach meinem Dafürhalten definitiv vom Spanferkel und hätte besser nicht gebraten sein können. Die Sauce sahnig-sämig mit schöner, keineswegs hervorstechender sauren Note. Dazu die bereits gelobten Speck-Bratkartoffeln. Ein rundum schönes, gelungenes Gericht - wenn da nicht dieser Beilagensalat gewesen wäre ... Denn der war nach meinem Geschmack keine, eines Küchenmeisters würdige Leistung.

Größtes Manko: alles schwamm in Dressing - einem noch dazu sehr sauren, unausgewogenem Dressing ohne Pfiff und Finesse. Der Gurkensalat war schon recht latschig und gelblich, vermutlich vom Vortag, der Kartoffelsalat von so stechender Säure, dass sich der Verdacht, es könne sich um Convenience-Ware gehandelt haben, notwendigerweise aufdrängte. Der Weißkrautsalat - originell: nicht mit Kümmel, sondern Koriandersaat gewürzt - war noch das Highlight und die viel zu sperrig hergeputzten, mit Jogurtdressing ersäuften Blattsalate der Tiefpunkt dieses Tellerchens.

Ich persönlich schätze, ja ich liebe einen schönen, mit Liebe gemachten Beilagensalat, er ist mir mindestens so wichtig, wie das Gericht, das er begleitet oder einleitet - fällt er allerdings lieblos aus wie heute hier, dann trübt das das Vergnügen und man sollte sich ihn seitens der Küche lieber sparen, als dem Gast damit offrensichtlich zu vermitteln, dass Beilagensalate hier "hoid a" gemacht werden, aber der Chef Wichtigers zu tun hat, als sich um das Gemurkse seiner Küchenhilfe(n) zu kümmern ...

Hätte er sich erinnert, dass die Gerichte eines Tisches möglichst zeitgleich geschickt werden sollten, wenn man sich an die Lehrbücher hält, dann hätte Madame nicht 10 Minuten länger auf ihr Gericht warten müssen als ich. Möglicherweise war das Fritierfett noch nicht auf Temperatur und daran wurde zu spät gedacht?

Warum auch immer es so kam wie es kam, es hat den Gast nicht zu kümmern und es zählt am Ende immer das Ergebnis und die Ausreden dürfen an Eure Heiligkeit oder den König der Juden aus Nazareth im Herrgottswinkel adressiert werden. Wenigstens die Nachbartische bekamen ihre Gerichte gleichzeitig. Möglicherweise hatten wir einfach nur Pech?

Zurück zum Versprechen an den Gast: "Einfach gut essen": Jawohl, das Essen war gut bis sehr gut. Den Beilagensalat ausgeklammert waren wir hochzufrieden mit dem, was uns geboten wurde. Die Bratkartoffeln wunderbar, alleine die Tatsache, dass Butterschmalz/Butter verwendet wurde verdient großes Lob, meine "saure Leber" ein Gedicht und auch die "panierte Leber" durchaus schmackhaft, crunchy und grundsätzlich empfehlenswert. Da kann man mal wieder hin, urteilen wir beide unisono. Auch das Preis-Leistungsverhältnis der Speisen kann sich sehen lassen. Insgesamt ein solides bayerisches Wirtshaus, in dem man einfach gut essen kann. Das Versprechen wurde eingelöst.

Den Nachtisch nahmen wir allerdings nicht im Gasthof Parzefall ein: Zu wenig spektakulär und vergleichsweise teuer las sich in unseren Augen das Angebot - und das "Törtchen" in Neutraubling ist nicht weit ...

Dort erfahren wir eine Viertelstunde später bei Mohn-Schmad-Tarte und Pastéis de Nata zum Kaffee (aus selbstgemachtem (!) Blätterteig mit Puddingcreme ... noch lauwarm aus dem Ofen ... O leck mich fett, scheiß auf die Diät ...), dass der Patissier unseres Herzens - Stefan Wüst - auch recht gern mit seiner Britta im Parzefall einkehrt: Er liebe dort vor allem das "Altmünchner Schnitzel" mit steirischem Kren und Händlmeier-Senf, mit Pommes und Salat für 10,60 EUR.

Dieses, beschließen Madame und ich, sollten wir wir gelegentlich auch einmal probieren ... Es wird in Butterschmalz gebraten, steht ausdrücklich auf der Karte des Gasthof Parzefall - na, wenn das nicht vielversprechend klingt?

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