Samstag, 25. November 2017

Im Restaurant Cambia Thai in Neutraubling

Es war einmal die Zeit, da verbreiteten Kokosmilch, Zitronengras und Limettenkaffirblätter eine ungeheure Exotik.

Wenigstens 25 Jahre ist das her und ein jeder, der damals bewußt am gastronomischen Leben teilnahm, war, bevor er erstmals zu einem "Thailänder" ging, schon mehrmals beim "Chinesen".

Vor rund 45 Jahren gab es bereits einen "Chinesen" Unter den Schwibbögen in der Altstadt und man nahm weite Wege in Kauf, um dort zu speisen. So auch ich als Bub, von Straubing her, mit meinen Eltern ...

Aber rotes und grünes Curry?! Currypulver ja, das kannte man, aber das hatte gefälligst Gelb zu sein! Die frische Säure von Limetten gar - das war man vor 25 Jahren einfach nicht gewohnt. Thailand war fern und als Urlaubsziel noch wenig erschlossen, da faszinierte mich ein Besuch des Cambia Thai in Neutraubling, das es damals bereits gab, schon ungemein ...
von Robert Bock
Doch irgendwann gab es Kokosmilch und Zitronengras in gutsortierten Supermärkten, Alfons Schuhbeck unterschrieb auf Lebenszeit einen hochdotierten Maskottchenvertrag des Dachverbands der Ingwerindustrie und plötzlich war Thailands Küche bei uns Mainstream und Kokosmilch für viele Grundnahrungsmittel.

Mit der Migrationswelle aus der ehemaligen Sowjetunion prosperierten plötzlich die Buffet-Asiaten und nivellierten in einem Aufwasch sämtliche asiatische Küchentraditionen nebst aller Grenzen guten Geschmacks und kultivierten Benehmens. Adiletten und Muscleshirts wurden pötzlich als Sonntagsstaat kasachstanstämmiger Spezi-Trinkern salonfähig. Was immer war und blieb, war das Cambia Thai in Neutraubling ...

Mindestens zehn Jahre ist es her, dass ich dort zuletzt zu Gast war, nicht einmal sicher war ich mir, ob es das Lokal überhaupt noch gibt.

Es existiert tatsächlich noch, beinahe unverändert gar. Sein Interieur ist sichtbar in die Jahre gekommen wie auch seine Wirtsleute und an der Speisekarte hat sich, von den Preisen abgesehen, auch nicht viel geändert.

Noch immer dominiert ein imposantes Aquarium mit exotischen Fischen das Ambiente, noch immer ruhen Seesterne und Muschelschalen auf weißem Sand unter gläsernen Tischplatten und noch immer ist das Lokal sehr gut besucht. Trotz (oder wegen?) eines Buffet-Asiaten und Multi-Kulti-Küchen-Bacano in fußläufiger Nähe. Woran das liegen mag ...?

Ich weiß nicht, ob die annoncierten Enten-Wochen mittlerweile eine Dauereinrichtung sind, aber meine charmante Begleiterin und ich entscheiden uns beide für den gleichen Vorschlag aus dieser Sonderkarte: "Ente in rotem Curry mit Gemüse (scharf)".

Ihr ist nach einer "Peking-Suppe" vorweg, ich wähle die Alternative: die "Minifrühlingsrollen". Beides zusammen kostet pro Nase 12 Euro. Zusätzlich bestellen wir eine Portion gebackene Wan-Tan und zweimal thailändisches Bier.

Das Bier der Marke Singha schmeckt überraschend süffig und hopfig. Ein Blick aufs Rückenetikett relativiert die Überraschung: Es sei in Au in der Hallertau nach dem Originalrezept der seit 1933 in Bangkok ansässigen Brauerei nach deutschem Reinheitsgebot in Lizenz gebraut worden. Von daher kein Wunder, dass dieses Thai-Bier so geschmeidig die Kehle hinabrinnt.

Die Peking-Suppe erweist sich leider als Fehlgriff. Ausdruckslos, mit Stärke angedickt, säuerlich und aromatisch nichtssagend. Was hat auch eine Suppe, die nach der Hauptstadt der Volksrepublik China benannt ist, in einem Thai-Restaurant verloren? Die Küche Thailands offeriert so wundervolle Suppen - man findet auch eine ordentliche Auswahl auf der Karte - aber mit dieser Peking-Suppe tun sich weder Gast noch Wirtsleute einen Gefallen.
Die Minifrühlingsrollen und die gebackenen Wan-Tan hingegen können überzeugen. Vor allem wegen des süß-sauer-scharfen Dips, der gelungen ist und mit leicht herber Zitrusnote bezaubert.

Die Ente in rotem Curry mit Gemüsen wird in geschmackvollen Servierschalen auf einem Rechaud präsentiert und von einem hölzernen Eimer mit Warmhaltefunktion voller duftenden Reis begleitet.
Das Fleisch der Entenbrust ist perfekt gegart, die Haut rösch, aber nicht zu knusprig - mit anderen Worten: Großartig! Die Gemüse schmecken noch nach sich selbst und harmonieren ausgezeichnet mit der cremigen, doch frischen roten Curry-Kokosmilch-Soße mit ihren Aromen von Zitronengras und Limette.

Schade, dass man an frischen Thai-Kräutern, wenigstens Koriander statt Petersilie, obenauf spart, wie man das von hervorragenden vietnamesischen Restaurants wie dem VyVu kennt, dann gäbe es von mir ein Sternchen hinter die Note 1 für dieses Entengericht.

Der Service arbeitet stets präsent, freundlich und unaufdringlich, trotz vollbesetzter Tische ist die Geräuschkulisse gedämpft und der Aufenthalt gestaltet sich so durchweg angenehm.

Das Cambia Thai ist ein Lokal mit Seele und besticht seit Jahrzehnten durch konstante, zuverlässige Performance. Deswegen, so meine Theorie, verkehren hier auch viele Stammkunden und - ich mutmaße - viele bestellen immer wieder ihr Stammgericht.

Mir würde ein wenig mehr Abwechslung auf der Karte Freude bereiten. Wenigstens ein, zwei Gerichte aus der Reihe jeden Monat, die dem Cambia Thai ein besonderes Gepräge gäben.

Aber weshalb Routine durchbrechen, wenn kein Leidensdruck herrscht? Meine Präferenzen sind selbstverständlich nicht Jedermanns Maßstab. Im Falle des Cambia Thai bin ich nach diesem Wieder-Besuch nach so langer Zeit sogar ein wenig froh, dass es im Sturmtöse stetiger Veränderung so etwas wie einen Fixpunkt gibt, in dem die Zeit zur Ruhe gekommen scheint und nur das alternde Ambiente und das ergraute Haar der Wirtin Zeugnis davon ablegen, dass die Zeit auch hier im Cambia Thai nicht wirklich stillsteht.

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