Die bairische Küche, ein weites Feld. Die bairische Küche, in sich bairisch nennenden Wirtshäusern, mitunter ein Trauerspiel ...
Heute nehme ich mir die Freiheit, nicht konkret auf ein bestimmtes Gasthaus zu verweisen, sondern ein Grundsatzthema anzugehen: Bairische Küche und was ihr die professionelle Gastronomie des 21. Jahrhunderts teils an Gewalt antut.
Was ich schreibe, wird nicht unwidersprochen bleiben - und das ist auch in Ordnung. Schließlich spiegelt der Artikel meine und nicht jemandes anderen Meinung wider. Jedermann sei frei, die Dinge anders zu betrachten und zu bewerten.
Vorausgeschickt sei: Die bairische Küche gibt es nicht - es existieren viele regionale Küchentraditionen auf dem Territorium des Freistaats Bayern. Die Franken sehen mir bitte nach, wenn ich in diesem Beitrag ihre großartige und sehr eigenständige Küche den Küchen Altbaierns begrifflich einverleibe ...
von Robert Bock
Was macht für mich ein vorbildliches bairisches Gasthaus aus?
- Zunächst sollte die korrekte Verwendung des jeweiligen regionalen Dialekts jedem Wirt heilig sein.
Sofern es sich um einen Zuagroastn (oder einen Münchner) handelt, hole er doch bittschön Expertenrat beim Verfassen seiner Speisekarte ein oder befleissige sich der Verwendung des Hochdeutschen. Es gibt nichts peinlicheres, als die leider unter Preissn verbreitete Anbiederei unter inkorrektem Gebrauch einer, aus deren Perspektive, Fremdsprache. - Klar erkennbarer regionaler Bezug der Speisen zum Standort des Gasthauses.
Italienische Pasta, amerikanische Burger und Pommes Frittes haben auf der Speisekarte eines bairischen Wirtshauses meines Erachtens nichts verloren!
Wer als Gast so etwas zu speisen wünscht, soll bittschön anderswo einkehren. Wenn ich zum "Japaner" gehe, erwarte ich schließlich auch keine Dampfnudeln mit Vanillsoß' oder im "American Diner" eine Leberknödelsuppe. Fände ich in solchen Lokalen derartig dislozierte Spezialitäten, ich würde mir eigenhändig eine Watschn in die Lätschn zentrieren, bloß um mich zu vergewissern, dass mich in diesem Moment kein Alb reitet. Dieses Sich-Anbiedern an Jedermannsgeschmack ist eine widerwärtige Unsitte unter bairischen Gastronomen. Habt Mut und steht zu Eurer reichen kulinarischen Heimattradtion! Erweitert sie, reformiert sie, dreht sie auf links oder stellt sie auf den Kopf - aber lasst die Pasta den Italienern, den Tzatziki den Griechen und das Curry den Indern und Thais!
Entsprechend der regionalen Vielfalt unserer bairischen Heimat, sollte sich Bodenständigkeit im jeweiligen Lokal spiegeln. Wer in Regensburg Nürnberger Bratwürste mit Münchner Senf serviert, bietet in meinem persönlichen kulinarischem Koordinatensystem wüst kombinierte nationale Spezialitäten an, aber keine regionale Küche.
Strittig ist die regionale Zuordnung der erst 1857 erfundenen Weißwurst, unstrittig, dass ein Schweinebraten in Altbayern Schweinsbraten zu heißen hat, handelt es sich doch um eine Genitivkonstruktion (ein Braten vom Schwein), wie auch beim Rindsbraten.
In Franken unterscheidet man evangelische und katholische Bratwürste - Einfluß hierauf hat die vorherrschende Religion in einer Gegend. Während in katholischen Regionen das Brät fein gewolft wird, serviert man in protestantischen Gegenden grobe Bratwürste. Vergleichbare Traditionen finden sich beim Schmalzgebäck.
Auch sind ein "gepökeltes Eisbein" und eine "Schweinehachse" in Bayern inexistent. In Bayern wird der Schweinshaxn (in Franken auch: Knöchla) traditionell ungepökelt zubereitet.
- Beim Komponieren der Speisekarte nimmt ein Küchenchef von Ehre Bezug auf saisonale Traditionsgerichten, die sich an jahreszeitlich, kulturell und/oder religiös motivierten Anlässen sowie der aktuellen Verfügbarkeit heimischer Ausgangsprodukte orientieren.
Nein, ich möchte im Herbst keine Kürbissuppe mit Bärlauchpesto, im Winter kein Schnitzel mit Spargel oder frische Erbeeren auf der Bairisch-Creme! Eine jede regionale Zutat hat ihre Saison und das wünsche ich zu respektieren. Dazu muss man die saisonalen Zyklen kennen. Nur weil die Metro im Januar Erdbeeren anbietet, bedeutet das weder, dass sie aus heimischen Gefilden stammen, noch, dass man sie kaufen muss, nur weil es sie gibt! Werft einen Blick in den Saisonkalender, hört damit auf, jeden Globalisierungsunfug mitzumachen und denkt statt dessen in Kategorien der Nachhaltigkeit!
- Die Zutaten sind frisch und natürlich und tragen keine Etiketten mit Zutatenlisten.
Soßen- und Suppenpulver haben in einem bairischen Wirtshaus ebensowenig etwas verloren wie Industrie-Knödl. Convenience-Produkte werden auf ein unabdingbares Mindestmaß reduziert (Senf oder Soßenlebkuchen beispielweise). Mir graust vor dem Zusatzstoff-Lotto auf vielen Speisekarten und bin dankbar für deren Deklarationspflicht, der ein seriöser Gastronom auch nach dem Buchstaben des Gesetzes minutiös nachkommen sollte. Wo kein Kläger, da kein Richter? Mag sein - aber ein Restaurantkritiker vielleicht ...
- Die Zutaten stammen weit überwiegend aus der Region. Obst und Gemüse von heimischen Bauern, Fleisch und Fisch idealerweise von lokalen Mastbetreiben, Metzgereien, Fischereibetrieben/Fischzuchten, traditionelle Geflügel-, Schweine- oder Rinderrassen aus nachhaltig wirtschaftenden Betrieben, Wild aus heimischer Zucht/Jagd.
Ein Pangasius, Seelachs oder eine Dorade mit mediterranen Grillgemüsen haben auf der Karte eines bairischen Gasthauses so wenig verloren wie Tintenfisch, Wolfsbarsch oder Lachs. Wie gesagt: Wenn mir nach Sushi ist, gehe ich nicht zum "Griechen" - weshalb sollte ich zum "Baiern" gehen, wenn ich Sepiarisotto essen möchte?
Heimischer Fisch: Forelle, Saibling, Zander, Karpfen, Brachsen, Renken, Schleien, Hecht - je nach Gegend und Gewässer, steht der Küche doch ausreichend Spielraum zur Verfügung. Wildgeflügel: Fasan, Rebhuhn, Taube ... Ja, auch ein schlichtes Gickerl! Wer braucht da bittschön (amerikanische) Pute oder Straußensteaks ...?
- Wünschenswert wäre ferner: Die Wirtsleute und der/die Küchenchef/in sind in der Region aufgewachsen und von Kindesbeinen an mit der jeweiligen regionalen (Küchen-)Tradition vertraut. Eine Garantie für saubere bairische Küche ist das leider per se zwar nicht, aber wenigstens eine vertrauensweckende Prämisse.
- Bier einer ortsansässigen Brauerei, Baierwein, Frankenwein, notfalls auch Weine aus Österreich und Südtirol, denn die Küche Österreichs (Salzburg, Tirol) hat das altbairische Repertoire stark beeinflusst.
Weine aus Italien (ausgenommen Südtirol), Spanien, Frankreich und der neuen Welt braucht in einem bairischen Wirtshaus mit schlüssigem Konzept meines Erachtens kein Mensch. Entdecke ich beispielsweise kalifornischen Cabernet Sauvignon oder Zinfandel auf der Getränkekarte eines bairischen Wirtshauses, kann ich mir zu 99% sicher sein, dass ein windiger Weinhändler einem weinunkundigen Wirt nach dem Motto "aus jedem Kaff ein Köter" seine Ladenhüter angedreht hat. (Auf die beiden Alliterationen, die wahrscheinlich kaum einer bemerkt, bin ich übrigens so stolz, wie weiland Wagner auf seine ... ;-) )
- Ein Ambiente, das regionale Tradition transportiert ohne sich an Klischees von Preissn jedweder Nationalität anzubiedern. Zeitgenössische Stilelemente werden behutsam integriert, denn Traditonsbewußtsein bedeutet keineswegs Entwicklungsstillstand.
- Bedienungen aus der Region, die (manchmal etwas herbe) Bodenständigkeit und Weltoffenheit virtuos zu vereinen verstehen.
- Gelebte bairische Wirtshaustradition wie Biergarten mit Möglichkeit, Speisen von daheim mitzunehmen, Volksschauspiel, Kartenspiel, Politisieren und die Pflege von Wirtshausmusik und Tanz.
Zur Küche der Oberpfalz ...
Erdäpflsubbn, Bauchstechala, Dotsch, Erdäpflkäs und Erdäpfelmaultaschen – diese Speisen klingen in den Ohren von Nicht-Oberpfälzern zunächst nach aufwendiger Küche.
Ein Goaßbratl? In den Ohren von nach Regensburg Zuagroaßten hört sich ein solches Gericht chinesisch an, weil kaum ein Wirtshaus im Stadtgebiet solche Spezialitäten unter ihren oberpfälzer Bezeichnungen als feste Posten auf der Karte führt. Falls überhaupt!
Sehe ich Putenbrust in Form von "Putenstreifen" auf einfallslosen Salattellerangeboten für anorektische, lustfeindliche Zicken und männliche Sitzpinkler, bedeutet das für das Wirtshaus in meinem ganz und gar subjektiven kulinarischen Koordinatensystem ebenso einen sofortigen Malus wegen Einfallslosigkeit wie Käsespätzle (vor allem außerhalb Schwabens) als einzige "vegetarische Alternative".
Sind diese Spätzle zudem nicht handgemacht - geschabt oder gehobelt -, dann fällt es mir enorm schwer, mir selbst eine überdurchschnittliche Bewertung für das betreffende Lokal abzuringen. Die bairische Küche ist so unendlich reich an vegetarischen Gerichten - pikant oder süß - lasst Euch gefälligst etwas einfallen, liebe Köchinnen und Köche! Wozu gibt's seit 1931 das berühmte blaue Bayerische Kochbuch von Maria Hofmann in mittlerweile 55. Auflage?
Ein Grenzgänger ist das Schäufala/Schäuferl, das dem traditionellen fränkischen Zuschnitt eines Schweins entstammt, aber in Altbayern, abgesehen von oberpfälzer Grenzregionen zu Franken, weitgehend unbekannt ist.
Bröslschmarrn, Bauchstecherle (Nackate Herrn, Mehl-Schopperla) oder gar die süße Variante der Dradewixpfeiferla sowie Kiachln (und andere Varianten von Schmalzgebäck) sucht man auf den Speisekarten bairischer Gasthäuser in Regensburg zumeist vergeblich.
Ausnahmen wie der Steidle-Wirt und der Krauterer am Dom (dort kocht zur Beschämung vieler einheimischen Standeskollegen, ein Kanadier hervorragend gemachte oberpfälzer Gerichte!) heben sich diesbezüglich löblich hervor.
In Kallmünz gibt es ein Wirtshaus, das die Bauchstecherle Tag für Tag serviert und das seit mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnten. Ich kennen sie beiliebe nicht alle, die Landgasthöfe im Umkreis Regensburgs, die oberpfälzer Küchenraditionen hochhalten - aber, gottlob, es gibt sie ... Den Brauereigasthof Goss in Deuerling beispielsweise, den Gasthof Kellner in Gundelshausen oder der Graf in Eich.
Die, sich an den Hot Spots des Welterbe-Tourismus in Regensburg (aber auch anderswo) breitmachenden oberbairischen Gastronomieketten, strafe ich persönlich mit Nichtbeachtung - was denen jedoch ziemlich wurscht sein dürfte. Ebenso Münchner Bäckereien und Metzgerei-Filialisten, wie die in unseren Gefilden - meiner unmaßgeblichen persönlichen Meinung nach - überflüssigerweise ansässige Hofpfisterei und Vinzenz Murr.
Unter uns gesagt: Als ob wir im Raum Regensburg mit guten Bäckern und Metzgern nicht hinreichend gesegnet wären? Was brauch ich Brot, Fleisch und Wurst aus Oberbayern? Besucht unsere regionalen Bauernmärkte und die Hofläden von hiesigen landwirtschaftlichen Betrieben! Kauft direkt bei lokalen Erzeugern ein und kein tausende von Kilometern durch die Weltgeschichte geschaukeltes Zeug von Irgendwo, zu dem es lokal produzierte Alternativen gibt. Ein wenig mehr Lokalpatriotismus sollte schon sein, meine lieben Regensburgerinnen und Regensburger!
Jene, die ihr Brot ausnahmslos aus dem Aufbackautomaten und Fleisch, Fisch und Wurst nur in der SB-Verpackung beim Discounter holen, nehme ich ohnehin in Sachen guten Geschmacks nicht für voll. Ausnahmen dürfen schon sein, auch ich habe schon Steaks bei Aldi und Lachsfilets bei Lidl gekauft - aber wenn das die Regel ist ...? Peinlich war es einem hiesigen, wahrscheinlich (selbstgefühlt) prominenten Koch samt Mitarbeiterin - ausgerechnet aus der Slow-Food-Szene! -, ihrem fluchtartigem Verlassen des Ladenlokals nach zu schließen, als ich ihnen, es ist schon ein Weilchen her, bei deren Großeinkauf bei Lidl über den Weg lief. Wasser trinken, Wein predigen ...? Sind wir nicht alle Sünder vor dem Herrn?
Die globale McDonaldisierung bairischer Wirthaustradition muss ich persönlich nicht unterstützen
Wenn deren nationale Spielart, die Münchnerisierung, wenigstens die traditionell kalbfleischlastige Küche der Landeshauptstadt und ihren traditionellen Reichtum an Innereiengerichten hochhalten würde - doch auch hier findet sich auf den Speisekarten primär das Muskelfleisch des vergleichsweise billigen Schweins, statt das Gekröse von Rind oder Kalb.Fleischpapst Ludwig "Lucki" Maurer zeigt in seinen Veranstaltungen im STOI und seinen hervorragenden Kochbüchern, welchen Reichtum an Genüssen wir heute mit Verachtung strafen. Würden sich doch mehr Köche an seinen Ideen orientieren ...
Apropos Innereien ... Schlachtschüssel, Bäuscherln, Kronfleisch, Bries? Wer solche klassischen bairisch-oberpfälzischen Delikatessen als Standardgerichte - zuverlässig, nicht nur ausnahmsweise - auf der Karte finden will, muss, von handverlesenen Ausnahmen abgesehen, raus aus der Stadt. Ist das nicht traurig?
Weshalb sucht man bairische Küche hohen Niveaus speziell im Innenstadtgebiet von Regensburg mittlerweile vergeblich?
Warum kocht kaum jemand mal zumindest eine klitzekleine Auswahl der 1050 Klassiker aus dem "Regensburger Kochbuch" von Marie Schandri (1. Auflage 1866)? Es muss ja nicht gleich die "Gerührte Hirnsuppe" sein, obwohl mich diese zu probieren jucken würde ...Zusammenfassend lauten meine, für die Allgemeinheit unmaßgeblichen, persönlichen Hypothesen zur Erklärung dieses Kulturverfalls wie folgt:
- Jeder Gast trägt Mitverantwortung für diese Entwicklungen: Zu wenige Einheimische, die selbst noch richtig kochen können und sich in der Folge jeden Convenience-Mist aufdrehen lassen ohne zu merken, was sie da essen. Oder sie merken es zwar, aber akzeptieren es ohne aufzubegehren. So jemand hat es meiner Meinung nach nicht anders verdient.
- Zu hohe Mieten und Pachten aufgrund von Immobilienblasen in Regensburg und München. Steigende Kosten gepaart mit intensivem Wettbewerb lassen Sparmodelle in der Küche blühen. Billige Convenience, arbeitssparende Helferlein aus der Lebensmittelchemie, statt ehrlicher Küche auf Basis natürlicher Zutaten sind die Folge. Auch Fachkräftemangel und Mindestlohn tragen das ihre zur Verbreitung von Convenience-Fraß bei - jedoch sind diese beiden Faktoren nicht lokal beschränkt wirksam.
- Zu viele Touristen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nie wieder kommen werden und um die man sich folglich kaum bemühen muss. Anders auf dem Land, wo zufriedene Stammkundschaft den unabdingbaren Sockel einer Existenz als Gastronomiebetrieb darstellen.
- Zu wenig Handwerkerehre bei vielen Küchenchefs, die ihren Beruf nicht als Berufung, sondern als Job verstehen.
- Zu viele Quereinsteiger, die ihre Fähigkeiten grob überschätzen und so etwas wie Handwerksehre nie kennengelernt haben.
- Zu
viele Zuagroaßte in Verantwortung an Töpfen und Pfannen, denen es an emotionaler,
heimatlicher Verwurzelung in hiesiger Küchenkultur mangelt. Ausnahmen wie im Falle des Krauterers am Dom und auch der "neuen" Arberhütte bestätigen die Regel, aber wessen
kulinarischer Horizont in Kindheit und Jugend beispielsweise von -
meines Erachtens - grauenvollen Verbrechen am guten Geschmack wie Jägerschnitzel (fingerdick geschnittene panierte Jagdwurst) mit Spirelli-Nudeln und Tomatensoße, Ketwurst, Griletta, Krusta und Würzfleisch geprägt wurde, überwindet diese Traumata als erwachsener Mensch so leicht nicht ...
Das Beispiel eines, aus der ehemaligen Tätärä stammenden, gelernten Koches ist mir noch frisch in Erinnerung: Er hielt mir in einer niederbayerischen Wirtshausküche, der er als Küchenchef vorstand, an Ort und Stelle einen Vortrag über Saucen und Fonds als Visitenkarte und A&O der guten Küche und gab im nächsten Atemzug zum Besten, dass er die hinter sich im Regal stehenden Gastro-Großpackungen mit Suppen- und Soßenpulvern lediglich "zur Abrundung" seiner Soßen verwende ...
Entschuldigung, aber wer sich als Profi bezeichnet und "Mariahilf" verwendet, ist nach meinem persönlichen Dafürhalten entweder zu faul, seinen Beruf ordentlich auszuüben, oder halt nichts weiter, als ein Pfuscher - ein Koch von Berufsehre jedenfalls nicht!
Nein, mit arrogantem Wessi-Chauvinismus hat der spezielle Verweis auf ostdeutsche Berufsköche in bairischen Küchen meines Erachtens nichts zu tun. Ich habe ganz und gar nichts gegen "Ossis", solange sie mich nicht mit Rassismus und tumber Intoleranz nerven und endlich von sich aus auf den leidigen Solidaritätszuschlag verzichten. Mit 27 Jahren sollte man alt genug sein, auf eigenen Beinen zu stehen.
Wer das Glück hatte, in der "BRD" von Kindesbeinen an mit hoher nationaler wie internationaler Küchenkunst konfrontiert gewesen zu sein, weiß, was ich meine: Was jedem Bürger der "alten" Bundesrepublik aufgrund einer breit gefächerten, in hartem Wettbewerb stehenden privaten Gastronomie möglich war (aber beileibe nicht jeder Westdeutsche hat sich diese Möglichkeiten erschlossen!), war in der DDR systembedingt leider allenfalls der Nomenklatura von Partei und Staat vergönnt ... Das wirkt nach. Bis heute.
Ich kenne ein paar DDR-Gastrobetriebe noch aus der Zeit vor 1989 aus eigener Anschauung und ich kenne eine erkleckliche Zahl ostdeutscher Gastronomiebetriebe verschiedenen Niveaus von heute: Fahre in den Osten der Republik und kulinarisches Grauen umfängt dich mit beiden Armen. In der Breite des Angebots - eine zunehmende Zahl löblicher Ausnahmen in den größeren Städten des Ostens - Heiko Arndt aus Leipzig beispielsweise - bestätigen leider nur die Regel.
- Fernab historischer Erklärungsansätze vermute ich als eine weitere Ursache des Dilemmas zu große Dominanz des betriebswirtschaftliches Kalküls. Manchem Wirt scheint ein dickes Auto wichtiger zu sein, als begeisterte Gäste. Gewinn sollte die Folge hervorragender gastronomischer Leistung sein, nicht deren Voraussetzung. Wer seine Arbeit nicht um ihrer selbst willen liebt, sondern ihr primär des Geldes wegen nachgeht, wird es selten zu Vorzüglichkeit bringen. Irgendwann wird er den einen Kompromiss zu viel schließen und hernach brechen die Dämme ...
So schließt sich der Kreis - und ich muss mich, wenn ich nicht gerade den Spitalgarten oder die Arberhütte aufsuche und den einen oder anderen Ausrutscher auf deren Karten ins internationale Fach großzügig überlese, wenn ich ferner nicht den Steidle-Wirt oder den Krauterer am Dom, besuchen will, leider aus der Stadt hinaus aufs Land bequemen. Nach Pfakofen, Deuerling, Gundelshausen, Kalsing oder Wischenhofen beispielsweise, um seriös gemachte, zeitgemäße bairische Küche mit Bodenhaftung und Traditionsbewußtsein zu geniessen. Wer wird das mit einem rundum schlüssigen Konzept, wie ich persönlich es wir wünschte, ändern ...?
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