Freitag, 9. November 2018

Wintergarten Landshut: Sparen an der falschen Stelle

Guckt Ihr auch gelegentlich Rosins Restaurants oder die Kochprofis, liebe Leserinnen und Leser? Dann kennt Ihr die üblichen Ratschläge der Starköche, einen Gastro-Dampfer in Schieflage wieder aufzurichten:

Weshalb durchgängig öffnen, wenn das Mittagsgeschäft kaum die Kosten deckt? Weshalb ein Backhendl oder Wiener Schitzel in der Pfanne in Butterschmalz herausbraten, wenn es doch in der Friteuse in Rapsöl Personalzeit und Wareneinsatz spart?

Genau an solchen Leitsätzen scheint man sich im Landshuter Wintergarten, von mir vor zwei Jahren zum ostbaierischen Backhendlhimmel erkoren, leider mittlerweile zu orientieren, denn das Backhendl dort ist nur noch mit Abstrichen das, was es einst war.
von Robert Bock

Ich wäre seit dem Sommer 2016 gerne öfters hier eingekehrt, aber irgendwann stand ich um die Mittagszeit vor verschlossenen Türen. Man öffne wochentags nunmehr erst ab 17 Uhr, hieß es. Na, sauber, aber dafür habe ich Verständnis. Die Kosten müssen gedeckt sein, Personal in Küche und Service wird knapp und immer knapper, da geraten lässige Mittage an denen sich fünf Köpfe Personal um zwei Gäste kümmern, zum Problem.

Wofür ich allerdings kein Verständnis habe, ist, wenn ein Gericht gezielt im Wareneinsatz und der in es investierten Liebe in der Küche reduziert und der Preis im Gegenzug um 12% angehoben wird.

Die fesche, burschikose Servicedame gibt es immer noch, der Küchenchef ist noch der Gleiche - das Backhendl um eine Klasse schlechter, aber immer noch gut. ich wiederhole: Immer noch gut!

Der Servicechef erkündigt sich beim Abtragen nach meiner Zufriedenheit und ich lege ihm ausdrücklich dar, was sich meiner Ansicht nach vom Hervorragenden zum Guten verschlechtert hat:
  • Das Backhendl duftet und schmeckt im Unterschied zu früher keinen Strich nach Butter. Dem Wellenwurf der Panade nach zu urteilen, wurde es nicht mehr nach den hohen Regeln der Kunst im tiefen Butterschmalz (oder Schweineschmalz mit einem Stich Butter gegen Ende zu), in der Bratpfanne, sondern in der Friteuse und mit einem geschmacksneutralen Fett zubereitet. Falls es doch die Pfanne war, vergaß man womöglich gelegentlich selbige zu rütteln: Keine Zeit dafür, weil unterbesetzte Küche? Am Nebentisch beschwerte sich ein anderer Gast über ungebührlich lange Wartezeit. Für mich wars an der Grenze ... Zart ist das Fleisch nach wie vor (womöglich mittels des Profitricks "Über Nacht in Salzlwasser einlegen"?) und knusprig die Panade: in summa sehr gut gegart.
  • Die Sauce Tatar wurde mit einer mittelmäßigen Industriemajonnaise und Frischkäse gestreckt/gepimpt/verschlimmbessert. Leider auch nicht gründlich genug verrührt um die Zusammensetzung zu verschleiern. Früher war sie zweifelsohne hausgemacht.
  • Der Zitronenschnitz und die frischen Kräuter wurden vor vielen, vielen Stunden dem mis en place unterzogen. Die Zitrone war dabei auszutrockenen, die Kräuter ansatzweise welk. Man sollte keine Lebensmittel wegwerfen, aber sein Zeitmanagement hinterfragen.
  • Lichtblick als saisonaler Tupfer, Deko und Abrundung zum unverändert ordentlichen Kartoffelsalat: Zwei, drei Streifen hinreissender, süß-sauer marinierter Hokkaido, wie ich ihn aus der Küche meiner Oma kenne und beinah vergessen hatte.
Der Servicechef nimmt, was ich ihm sage, interessiert, freundlich und professionell zur Kenntnis und empfiehlt mit Augenzwinkern, ich solle bei der nächsten Einkehr doch dem Krustenbraten eine Chance geben. Vielleicht werde ich das tun. Speziell des Backhendls wegen lohnt sich die Fahrt von Regensburg nach Landshut für mich persönlich nämlich so nicht mehr. Der Wintergarten reitet gerade die Rasierklinge und ist dabei sich seinen guten Ruf zu verspielen. Lange Wartezeiten,  Sparmaßnahmen bei Zutaten und Zubereitung sowie gemessen an der Inflationsrate freche Preisanhebungen sind ein Cocktail, der keinen Stammgast begeistern kann. Ich würde dem Wirt raten, andere Problemlösungswege einzuschlagen.

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