Samstag, 9. Januar 2016

Wohin ...? Fressnapf oder Shangri-La?

In der Tat könnte man sich in der Türe irren, denn im Gewerbeareal in der Vilsstraße im Regensburger Osten, stadtauswärts Richtung Donauarena, liegen beide Betriebe dicht an dicht: 
Der Heimtierfachmarkt und das Chinesisch-Mongolische Restaurant Shangri-La. Eines der ersten seiner Art im Raum Regensburg und von daher so etwas wie das hiesige Original ...

All-you-can-eat mit so ungefähr allem, was sich der Mitteleuropäer in seiner Unerfahrenheit unter asiatischer Küche vorstellt. Sogar dass der "Mongolische Grill" tatsächlich etwas mongolisches an sich habe, wird deswegen gerne einfach mal so angenommen. Weit gefehlt: Mit mongolischer Küche hat dieses Teppanyaki-ähnliche Grillen dort nichts zu tun: Krokodil, Känguru, Flusskrebse, Froschschenkel, Austern- und Shiitake-Pilze ... Nein - die Zutaten sind so mongolisch wie ...wie...wie meine Filzpantoffeln. Halt nein - meine Schlappen (die wärmsten, die ich je hatte!) stammen ja sogar aus der Mongolei ... Egal. Jedenfalls kein Hammel im eigenen Balg oder in der Milchkanne mit heißen Steinen gegartes Schaf, keine vergorene Stutenmilch. Etikettenschwindel. Amis habens erfunden und in Ulan Bataar einen Laden für Touristen aufgemacht, der seither das Vorbild dieser Art von Asia-Restaurants ist. Der ist allerdings super. Kommt Ihr mal nach Ulan Bataar, geht dort wenigstens ein einziges Mal hin. Kein Vergleich mit der europäischen Variante ...

Madame und ich sind heute nicht zum ersten Mal hier im Fressnapf. Halt, nein ... Falsche Tür: Im Shangri-La. Uns fällt auf: es sieht anders aus, als früher ... Neue Stühle? Die Bänke neu bezogen? Krokodillederimitat in Cafe-Latte-Braun. Ästhet darf man in solchen Lokalen nicht sein; schon gar nicht Freund des Schlichten oder des Bauhaus. Nein, meine Herren, ja ihr, die mit den getunten Opels vor dem McFit gleich nebenan: Ich meine keineswegs den gleichnamigen Baumarkt ...
von Robert Bock

Was nehme ich als Referenz zum Shangri-La? Die jüngste Konkurrenz aus Neutraubling - das Meliko. Andere Konkurrenten wären nicht statthaft, weil unsere Besuche dort schon zu lange zurückliegen. Allerdings: Im Meliko war ich neulich beim Mittagsbuffett, hier im Shangri-La sind wir abends. Also auch kein vollauf fairer Vergleich. Sei's drum. Die Performance des Meliko vom damaligen Tage zu schlagen, dürfte nicht schwer sein ...

Die Sushi waren im Shangri-La früher ein echtes Highlight: kleine, liebevoll, präzise verfertigt und vor den Augen des Gastes mit Akribie gerollt. Heute: Reisrollen als Meterware mit vorgeschnittenem, aufgetautem Belag. Der Wasabi schon irgendwie angerührt, der Gari gewässert ... Nein, das ist ein Rückschritt gegenüber der uns bekannten Praxis dort! Ein echtes  Alleinstellungsmerkmal dem Kostendruck geopfert? Schade, schade schade.

Was ist das - beinahe hätte ich es übersehen: Insalata Caprese (Tomate-Mozarella)? Tatsächlich. Was hat das hier verloren ...? Plastik-Mozarella (aus Cham (Goldsteig)?) obendrein. Muss das sein, liebes Team vom Shangri-La? Wer hat Euch diesen Floh ins Ohr gesetzt?

Der durchschnittliche Gast ist eher auf Masse statt Klasse aus und schlingt so ziemlich alles in sich hinein, solange am Ende dem Prinzip der maximalen Schädigung des Wirts genüge getan wurde. Ich bin selbst schuld, wenn ich so ein Lokal mit so einem Publikum aufsuche - aber was tut man nicht alles im Dienste der Marktforschung ...

Interessant ist für Madame und mich immer wieder, was die Leute sich so zum trinken bestellen. Wir grundsätzlich in solchen Schuppen Grünen Tee oder Jasmin-Tee. Das beugt dem Glutamat-Dilirium einigermaßen vor. Den Wein kann man in diesen Asia-Fresstempeln unserer Erfahrung nach ins Goldfischbasin kippen, aber wir wollen die Fischlein ja nicht umbringen. Und Bier? Naja... ein andermal. Obwohls das einzige zulässige Getränk zum Sushi wäre, ginge es nach den ungeschriebenen Gourmet-Regeln der Japaner. Aber wenn schon, denn schon: Tsing-Tao (Chinesisch) oder Asahi oder Kirin (Japan) ... Auf der Karte haben sie hier jedenfalls asiatisches Bier. Schön.

Also Jasmin-Tee. Um uns herum? Mango-Maracuja-Schorle, Kiba-Saft und natürlich in rauen Mengen Spezi. Spezi, ja. Damit outet man sich ohne Umschweife als Kulinarik-Rambo und entzieht sich in folgerichtiger Notwendigkeit selbst jedes Urteilsvermögen bezüglich guter Küche. So seh ich das. Jeder darf das anders sehen, auch wenn das irrelevant ist, wenn man Spezi als Essensbegleitung trinkt. So lauten meine Definitionen. Wem sie nicht gefallen, der mache sich seine eigenen. Wer Jasmin-Tee bestellt ist ein arroganter Schnösel oder so - nur so als Anregung.

Nun denn ... Ein Teller mit Frittiertem. Das war hier schon immer ganz passabel in Relation zur Konkurrenz, jetzt sogar noch besser. Vor allem der panierte Autoreifen - auch Tintenfisch genannt: Super! Genau richtig vom Garpunkt, unterschiedlicher Teig, kein Einerlei wie anderswo. Das gebackene Schweinefleisch in süß-saurer Soße war früher zarter und weniger überbraten. Auch hier schmeckts jetzt wie beinahe überall. auch auf die Gefahr hin, dass ich wie ein Pegida-Spießer klinge: Früher wars besser. Ich bin das Volk.

Die gebratene Ente war leider trocken wie der Furz eines chinesischen Getreidebauern am Rande der Wüste Gobi. Auch die Kruste: völlig überbraten. Schade, dass Tiere dafür haben sterben müssen - muss das sein? Wäre es möglich ein Minimum an Respekt für einTier, das sein Leben für uns ließ aufzubringen und sich seiner sachgerechten Zubereitung zuzuwenden, statt den Hans-Guck-in-die-Luft zu machen und die Ente im Ofen zu vergessen? Die verkorkste Ente macht den guten Eindruck dann wieder fast zunichte, den ich mit diesem Teller ansonsten von dieser Runde gewonnen hätte. Schade!

Dann lass ich mir etwas b&b - bruzzeln & bringen: Ein wenig hiervon und davon: Zebra, Hirsch, Känguru, Tintenfisch, Scampi, Pilze, Grünzeug ... Ihr seht schon: ich mache es wie unsere Landsleute aus der ehemaligen Sowjetunion vor mir in der Schlange: Von allem ein wenig und insgesamt viel - völlig wurscht, ob es zusammenpasst. Was ich mir explizit spare (im Gegensatz zu der Dame vor mir in der Reihe): Garnelen-Imitate aus Surimi in der Größe des Geschlechtsteils eines IS-Kämpfers. (Na, was meint ihr: groß oder klein, die Dinger ...?)

Sie jedenfalls läd sich diesen chemisch aufbereiteten Fischabfall im halben Dutzend auf den Teller. Mich schüttelt ... Naja ... Hauptsache der Ranzen spannt am Ende wie eine Trommel und man muss nicht so oft aufstehen. Wo käme man da hin, wenn man sich erst einen Fisch-, dann einen Fleischteller zusammenstellen würde? Wie? Unterschiedliche Gemüse und Saucen dazu getrennt nach Land- und Wassergetier? Hä? Wozu?! Im Magen kommt's doch ohnehin wieder zusammen ... Was hat der Sozialismus nur mit manchen Menschen angerichtet ...


Ich widerstehe der Versuchung den Nachtisch der Einfachheit halber gleich mit auf den Grill werfen zu lassen. Diesen Zynismus würde hier ohnehin keiner verstehen ... Und: Man stelle sich vor, ich machte mit solchem "Aktivismus" oder "Aktionskunst" gar Schule? Ich könnte mir das nicht verzeihen und Madame mir noch weniger.

Wie schmeckte das Mongolengrillzeug? Erstaunlich gut und längst sich so glutamatlastig wie ehedem! Das gibt einen dicken Pluspunkt von mir. Lediglich das sehr, sehr magere Fleisch von Hirsch und Zebra ist zu trocken geraten. Selber schuld: Ich hätte die fetten Lammkoteletts wählen sollen.

Neben dem Grill stehen Flaschen mit Rapsöl (ich hofffe, selbiges war auch drin ...): Wenigstens ein halbwegs anständiges Öl, was die Fettsäurestruktur betrifft; wenigstens keine indiskutablen Öle wie Soja-, Sonnenblumen- oder Erdnussöl mit ihrem massiven Gehalt an entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren. Auch das gefällt mir. Und Madame? Madame enthält sich in dieser Runde der Stimme: sie hat den Grill heute nicht in Anspruch genommen.

Madame und ich sind sehr angetan von zwei Details des Nachtischangebots: Die frische Ananas: süß, saftig - eine ausgezeichnete Frucht. Nicht selbstverständlich, dass man in Asia-Tempeln auf solche Details wie Qualität der Zutaten achtet ... Das Highlight des Abends: Die gebackene Ananas mit Honig.

Gebackene Banane kennt man ja - aber Ananas habe ich persönlich so zubereitet noch nie gegessen: Sehr schöne Idee und ein versöhnlicher Abschluß eines insgesamt durchschnittlichen Abends. Das obligatorische Pflanzenöl-Speiseeis aus der Chemiefabrik erspare ich mir. Eine Kugel richtiges Sahneeis hätte ich zur gebackenen Ananas nicht verschmäht.

Der Service war wie immer sehr aufmerksam, schnell und freundlich. Auch die inzwischen türkisch-arabisch und deutsch anmutenden Mitglieder des Personals. Am Ende kein Pflaumenwein zur Rechnung. Sparmaßnahme? Schade. Naja... spülen wir eben daheim noch einen Averna nach, damit wir einen anderen Geschmack in den Mund bekommen ...

Fazit: Shangri-La : Meliko : Klarer Sieger nach Punkten ist unserer Meinung nach das Shangri-La.


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