Samstag, 4. Juni 2016

Im China-Restaurant REZ in Regensburg

Es gibt sie tatsächlich noch: China-Restaurants ohne Einheitsfraß vom Buffet und Pseudo-Mongolischem Grill!

In Regensburg zum Beispiel im Rennplatz-Zentrum, Rennweg 12, und dieses hört auf den wenig fantasievollen Namen China-Restaurant REZ. Seit 1998 gibt es diese Restaurant und es trotzt dem Trend zum All-you-can-eat bislang erfolgreich.

Madame und ich waren bereits in China auf Reisen, haben dort verschiedene Küchenstile kennengelernt und teils so lala, teils herausragend gut gespeist. So schlecht wie bei uns zum Teil allerdings nie. Bei einem Buffet-Chinesen hiesiger Prägung orientiert man sich besser links vom linken Rand der für Chinas Gastronomie angebrachten Skala.

Auch was das Publikum angeht: Fremdschämen für Männer mit osteuropäisch-zentralasiatischem Migrationshintergrund in Muscle-Shirts und Adiletten und die unvermeidbaren spezi-trinkende Pickelgesichter mit strassbesetzten Baseballkappen? Für miniberockte Landwalküren mit ihren gemischten Tellern aus kalter Sushi, ertränkt in warmer Chop-Suey-Sauce? Ist manchmal ganz witzig und liefert dem Kolumnisten Stoff für seine Bosheiten, aber nicht einen ganzen Abend lang ...  

Gott ist er heut wieder arrogant ...

Würde es "der gute alte Chinese am Rennplatz" - ich dürfte bereits vor rund 15 Jahren dort schon einmal zu Gast gewesen sein - mit den Buffet-Flagschiffen im Raum Regensburg von der Küche her aufnehmen können?
von Robert Bock

Die Einrichtung des Ladens ist unzweifelhaft in die Jahre gekommen. China-Restaurant-Kitsch der gold- und drachenlastigen Art prägen das Interieur. Schmucklos wäre das diametral falsch gewählte Wort: Geschmacklos trifft es präzise. Geschmacklos, an- bis abgeranzt, heruntergewirtschaftet.

Besonders schlimm: das diffus-schummrige Energiesparbirnenlicht und die mit Holzimitat "furnierten" Tische. Soll man nicht sehen, was auf den Teller kommt, oder soll man es nicht vernünftig fotografieren können? Ich bitte die lausige Bildqualität zu entschuldigen: Schlechter war die Beleuchtung im letzten halben Jahr nur im Kreutzers. Dort war es allerdings aufgrund des eines erigierten Phallus gleich vorweggetragenen Anspruchs noch weniger verzeihlich als hier.

Die beiden Damen im Service sind professionell freundlich, sprechen ausgezeichnet Deutsch und sind, wie man es von asiatischen Lokalen gewöhnt ist, flink wie hoppelnde Schneehasen.

Wir bestellen zur Vorspeise jeweils eine klassische Frühlingsrolle (2,90 EUR) mit Hackfleisch, Kohl und Mungbohnen in der Füllung. Madame mag sie ebenso wie ich.

Für mich sind sie Kindheitserinnerung: Meine erste "Flühlingslolle" diesel Alt aß ich ca. 1973 im elsten und damals einzigen China-Lestaulant Legensbulgs, dessen Name mil leidel entfallen ist, abel das Unter den Schwibbögen, unweit des Donaumalktes beheimatet war.

Die Flühlingslolle auf meinem Tellel ist flittilt (das ist eh klar, dass diese Dinger frittiert werden, aber ich erfreue mich jetzt gerade dieser albernen Wortspielchen), und leidel lecht fettig ... Man hätte sie auf einem Blatt Küchenklepp gelne ein wenig abtlopfen lassen können ... Schmecken tut sie tadelos. Meint auch Madame. Über das Frittierfett (vermutlich Erdnuss- oder Sojaöl) wollen wir uns heute ausnahmsweise keine großen Gedanken machen ... Wenn du einen Chinesen zum Lachen bringen willst, verlang Butterschmalz ...

Madame nippt an ihrem trockenen chinesischen Weißwein "Great Wall" (0,25L zu 4,90 EUR) - recht neutral, wenig Ausdruck. Dieses Tröpfchen wird die Große Mauer niemals an kulturgeschichtlicher Bedeutung outperformen. Außerdem: Zu trocken für diese Speisen.

Ich entscheide mich ausnahmsweise für "Halbtrocken": Ein Riesling nicht näher definierter Herkunft (3,90 EUR). Der passt recht passabel zu allen Speisen meines Abends. Asiatisch verträgt ein wenig Restsüße sehr gut. Meine erste Wahl wäre eine Scheurebe- oder Rieslaner-Spätlese gewesen. Durchaus auch ein Bacchus "feinherb". Gab's nicht. Nur einen Silvaner vom Volkacher Kirchberg: die B-Lage in Volkach (A-Lage = Ratsherr) und das in trocken. Fränkisch-trocken?: No, never. Nicht zum chinesischen Essen!


Wir bestellen zwei Hauptgerichte und teilen sie uns: Knusprige Ente in Erdnuss-Sauce (scharf) (13,90 EUR) und Sa Cha "Lammfleisch" mit feinem Gemüse (16,90 EUR).

Was, zum goldenen Drachen jenseits der Großen Mauer, ist "Sa Cha"? 

Die Karte klärt auf:
"SA-CHA ist ein spezielles, pikantes chinesisches Gewürz. Diese Gerichte werden bei uns ausschließlich in einzelnen Tontöpfchen gekocht. Mit dieser Kochweise behalten SA-CHA Gewürze ihr ursprüngliches Aroma. SA-CHA Gewürze gehören zu den begehrtesten Gewürzen Chinas; sie sind nicht zuletzt das Lieblingsgewürz des Hollywood-Stars Paul Newman."
 Wir probieren und wissen fortan, warum es die bessere Wahl ist, hierher zu kommen, wenn man in unserer Gegend hochwertige, gut gemachte chinesische Küche geniessen will:

Beide Gerichte sind aus-ge-zeich-net gemacht. 

Die Ente ist von einer sensationellen Fleischqualität, die Haut hauchdünn und knusprig wie Pergamentpapier, unter der Haut noch eine wunderschöne Schicht Entenfett und das Fleisch ist perfekt gebraten, perfekter kann das gar niemand machen, wage ich zu behaupten. Man müsste es nicht mal beissen: Es schmilzt auf der Zunge förmlich dahin. Große Klasse!

Die Erdnusssauce ist höchstens leicht scharf, rund und harmonisch, das Gemüse unter der Ente knackig und frisch. Ein sehr empfehlenswertes Gericht! Glutamat? Ich lehne mich vielleicht etwas weit aus dem Fenster, aber ich möchte behaupten: Allenfalls in sehr dezenter Dosierung: Lobenswert.


Das Sa Cha Lamm ist ebenfalls zart. Zart wie man sichs gar nicht vorzustellen mag. Solch zartes Lammfleisch habe ich in China jedenfalls nirgendwo bekommen.

Das feine Gemüse (Broccoli, Blumenkohl, grüne Bohnen, Zwiebeln) ist ebenfalls tiptop bei Hochtemperatur pfannengerührt, hat seinen Eigengeschmack bewahrt und ist knackig.

Die Sa Cha Sauce ist pikant, eigenwillig von der Aromatik her, aber durchaus schön zur Erdnusssauce des anderen Gerichts kontrastierend.

Hier mag der Glutamatstreuer eine Extrarunde gedreht haben, aber im Vergleich zu den widerwärtigen Glutamatorgien bei unseren Buffet-Chinesen, die mittels dieses kampfstoffartigen Durstmachers den Spezi-Konsum ihrer Gäste, die von Muttern Maggi-Fix-Tütenfraß (Gyros-Pfanne "Geschmacksverstärker-Art") gewohnt sind, zu maximieren trachten, ist das hier eine homöopathische Dosis.

Der Jasmin-Reis zu beiden Gerichten ist keiner ausführlicheren Exegese wert. Passabler Reis, nicht gut, nicht schlecht: Reis.

Ein Stamperl Pflaumenwein gabs aufs Haus und eine Rechnung über 45,40 EUR plus Trinkgeld.

Fazit: Das China-Restaurant REZ ist vom Ambiente her eine Katastrophe und bedarf dringend einer Rundumerneuerung seines Mobiliars, Dekors und eine andere Beleuchtung. Aber, und das wiegt mehr: Man kocht für hiesige Verhältnisse ausgezeichnet und  nahe an der Qualität, die man in Mittelklasserestaurants in Peking und Umgebung auch geboten bekommt. Das ist für unsere ostbayerischen Verhältnisse so etwas wie Hochadel. Ich jedenfalls kenne gegenwärtig kein China-Restaurant, das eine so interessante Karte (nicht rein-chinesisch leider, auch indonesische und thailändisch angehauchte Gerichte) mit außergewöhnlichen Gerichten wie Sa Cha oder Ti-Pan zubereitet. Ti-Pan haben wir zwar nicht probiert, aber am Nachbartisch bruzzelte es höchst appetiterregend. Was ist Ti-Pan? Aus der Karte:

"Die Gerichte werden nach altem Rezept zubereitet und auf einem heißen, gusseisernen Bratteller serviert. Glühend heiß kommt dieser Teller gerade von der Flamme auf den Tisch, Durch den heißen Teller, zusammen mit verschiedenen köstlichen Zutanten, schafft "Heißer Teller" am Tisch nicht nur einen exotischen Geschmack, sondern auch eine neuartige visuelle Attraktivität, was Ihnen Appetit und Festlichkeit verspricht."

Peking-Ente gibt es ab 4 Personen und einem Tag Vorlauf nach Bestellung. Möglicherweise könnte die einen Versuch wert sein? Was meint Ihr?

2 Kommentare:

  1. Ausnahmsweise deckend sich unsere Erfahrungen hier nicht.
    Vor ein paar Monaten waren wir mittags dort und das Essen war allenfalls unterer Durchschnitt. Kein Ärgernis, aber die niedrigen Erwartungen wurden nur knapp übertroffen. Vielleicht lag es an der 'Mittagstisch' Karte oder es war Pech, aber einen weiteren Besuch werden wir uns wohl sparen.

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    1. Auch ich war gestern zum Mittagstisch und werde diesen nicht noch einmal besuchen. allenfalls noch eine Chance zu "normalen" Zeiten.

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