Freitag, 17. Juni 2016

Zum (W)Einkaufen und Schnabulieren in Iphofen

Das Städtchen Iphofen feiert heuer sein 1275-jährigens Bestehen. Madame und ich mögen diese wunderschöne mittelalterliche Stadt am Fuße des Schwanberges, der einige der herausragendsten  Weinlagen Frankens, ja Deutschlands zu bieten hat, seit wir hier vor sechs Jahren einmal ein paar Tage Kurzurlaub verbracht haben.

An den Hängen des Steigerwaldes bauen mehr als 20 Winzer ihre Weine an und aus. Ruck, Arnold, Wirsching, Popp - einige klangvolle Namen in der Welt des Weines. Die mineralstoffreichen Keuperböden der Lagen Iphöfer Julius-Echter-Berg und Iphöfer Kalb, Iphöfer Kronsberg, Iphöfer Domherr und Iphöfer Burgweg lassen herausragende Silvaner, Rieslinge, Kerner, Scheureben, Burgunder und auch Müller-Thurgaus gedeihen.

Uns treibt die Suche nach Müller-Thurgau-Maniacs, wie ich sie nenne - jungen Winzern jeden Alters, die dieser in Verruf geratenen Rebsorte zu neuen Ehren verhelfen wollen - in die Gegend. Im Nachbarort Rödelsee sind wir fündig geworden, in Iphofen leider nicht. Das mag an Pech mit der Vorauswahl gelegen haben, aber 20 Winzer - wer soll das bitteschön binnen eines Tages packen?
von Robert Bock


Rödelseer Tor in Iphofen
Wir kennen bereits ein paar Iphöfer Weingüter von zurückliegenden Besuchen. Die VDP-Weingüter fielen uns in Sachen M-Th nie ruhmreich auf. Vielleicht taugt ihnen diese Traditionsrebsorte nicht zum Renommieren auf internationalem Parkett, vielleicht ist man auch zu sehr mit Repräsentieren auf Messen und "Tastings" oder Verbandsarbeit beschäftigt; wir spekulieren, aber stellen auf Basis unserer eingeschränkten Erfahrung fest: VDP-Weingut und M-Th: zwei Welten prallen aufeinander.

Erst vor wenigen Tagen servierte man uns anderswo einen M-Th Gutswein des renommierten VDP-Gutes Hans Wirsching - Satz mit X, war wohl nix: Träge, eindimensional und vor allem sauer und flach. Wirschings Silvaner, seine Rieslinge: Erste Klasse! Da geht einem Weinliebhaber tatsächlich das Herz auf! Aber ihre M-Ths ...?

Auch habe ich das Verkaufspersonal dieses Hauses von einem rund zehn Jahre zurückliegenden Besuch her als reichlich lustlos, maulfaul und herablassend in Erinnerung. Als der Verkäufer sich des Automobils gewahr wurde, in dessen Kofferraum der Kunde seine erstandenen Kisten verbracht wissen wollte, überschlug sich dieser Mensch doch plötzlich vor Diensteifrigkeit ... Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat sich dort mittlerweile vieles geändert, jedoch ist diese Vermutung kein Grund für mich eine erneute Probe aufs Exempel zu machen. Wirsching hat bei mir persönlich verschxxxen. Derartige Attitüden des Verkaufspersonals, wie ich sie damals dort erlebt habe, kann ich - gleich in welcher Branche - persönlich nicht leiden, ich halte sie für wenig professionell und das teile ich auch gerne jedem mit, der es lesen will.

Die Winzer, die wir hier besucht haben, bieten ihren M-Th oder Rivaner entweder als Basiswein in Literflaschen an, der im Regelfall gewohnt plump und kaum so finessenreich wie er sein kann ausfällt, und wenn dann doch einer dabei ist, wie beispielsweise das traditionsreiche Weingut Ernst Popp, das seinen M-Th in Kabinett-Qualität auf Bocksbeutel zieht, dann konnten die uns leider nicht überzeugen, dass im Hintergrund jemand mit Leidenschaft für diese Rebsorte gearbeitet hat.

Ein M-Th verzeiht es nicht, wenn man ihn nach Schema-F behandelt; Liebe und Sorgfalt will er sich angediehen wissen - dann werden daraus schöne, elegante, finessenreiche Weine trotz Kraft und fülligem Körper. Kein M-Th für uns bei Popp, denn keiner vermochte uns zu überzeugen - aber zwei ausgesprochen gelungene Gutsweine für jeden Tag in der Literflasche (Kerner, Silvaner Kabinett) wanderten nach einer von unserer Seite her ziemlich fokussierten Weinprobe mit der bestens gelaunten Chefin Maria Popp in den Kofferraum. Ansonsten bedient dieses Weingut erfolgreich anderer Kunden bevorzugte Weinstilistik - die unsere treffen sie entweder nicht oder die Preise sind - im Vergleich zu denen manch anderer Winzer der Gegend  - unseres Erachtens nach nicht gerechtfertigt.

Iphofens Rathaus
Wir haben doppeltes Glück ein Zimmer zu bekommen, denn erstens feiert Iphofen drei Tage lang sein 1275-jähriges Jubiläum: Die ganze Altstadt - ein Juwel vergleichbar mit Rothenburg ob der Tauber und Dinkelsbühl! -  im Zeichen des Mittelalters, Kunsthandwerks, des Weins und guten Essens. Wer's mag wirds prima finden.

Zweitens Glück, denn das Gästehaus Düring, zwei Kilometer außerhalb der Altstadt, unsagbar ruhig und idyllisch mitten in einer grünen Oase gelegen, erweist sich als Volltreffer:
Balkonblick Gästehaus Düring
Sehr schöne Zimmer mit Balkon und Blick aufs hauseigene mehr als 2 ha große Dammwildgehege, eine freundliche Betreuung durch Ingrid Düring und ein Frühstück, das keine Wünsche offen lässt. Sehr schön fanden wir auch die Handbibliothek in unserem Zimmer und im Frühstücksraum mit vielen Büchern zur Geschichte Iphofens und des Weinbaus in Franken. Wir mögen es, mehr zu erfahren über die Gegend, die wir gerade besuchen, da es eine engere Verbindung schafft und Fremdheit überwinden hilft. Vier Generationen arbeiten im Düring'schen Familienbetrieb zusammen und bewirtschaften unter anderem 14 ha Weinberg.

Der Schwanberg
Hierhin kehren wir gerne zurück und empfehlen Iphofen-Ausflüglern, die keinen gesteigerten Wert auf Wellness-Schischi und Hamam legen, sondern eine solide, ruhige Frühstückspension vorziehen, ausdrücklich einmal hier zu übernachten.

Der Fußweg in die Altstadt führt entlang eines Bächsleins nebst schöner Kneipp-Anlage im Südosten und des mächtigen Schwanberges mit seinen schier endlosen Rebzeilen im Nordwesten auf die mittelalterliche Silhoutte Iphofens zu. Wir haben Hunger und Lust auf ein Fläschchen guten Iphöfer Weines - schön, dass heute keiner mehr Auto fahren muss.

In der Innenstadt legt sich mittlerweile für heute der Jubiläumstrubel und wir nehmen Platz am Marktplatz, im Freisitz des traditionsreichen Gasthofs, Hotels und Weinguts Goldene Krone, das seit 1928 von Familie Roßkopf geführt wird.

Unser Wochenende steht im Zeichen der fränkischen Bratwurst, so bestellen wir beide ausnahmsweise das gleiche, nämlich ein paar Bratwürste mit Kartoffel- und Beilagensalat (8,50 EUR). Was passt dazu? Silvaner? Ja. Aber es gibt auch einen hauseigenen 2013er Riesling Kabinett vom Iphöfer Kronsberg auf der Karte, das Fläschchen zu 15 EUR. Der soll es sein!

Riesling ist schließlich neben Müller-Thurgau unsere zweite Leidenschaft und für vermeintlich eher derben M-Th fehlte uns beiden irgendwie jede Laune. Dieser Riesling erweist sich als Volltreffer!
Ein oppulentes bernsteinfarbenes Tröpfchen, rund und ausgewogen in Frucht und Säure, verspielt an Zunge und Gaumen und ein wahre Bombe an Duft und Geschmack nach Aprikosen, Pfirsichen, Holunderblüten und weißen Johannisbeeren. Als Essenbegleiter stark genug, nicht nur fürs Deftige, nein auch mit einem nicht zu süßen Dessert nicht aus dem Tritt zu bringen. Das ist ein Kabinett? Uns hätte nicht verwundert, wenn es eine Spätlese gewesen wäre! Man muss Familie Rosskopf zu diesem Riesling gratulieren. Selten wurde mir in einem Speiselokal zu diesem Preis ein Wein dieser Klasse serviert!

Die Bratwürste sind groß, geschmacklich in Ordnung, aber weit von der Klasse dessen entfernt, was Frankens Metzger in dieser Disziplin zu leisten im Stande sind. Gemessen jedoch an dem, was man in der Oberpfalz und Niederbayern als Bratwürste vorgesetzt bekommt, sind diese Exemplare allemal ein Vorgeschmack aufs Elysium. Der Kartoffelsalat ist mit Gurken versetzt, sehr cremig und hervorragend abgeschmeckt. Ein sehr, sehr schöner Kartoffelsalat! Der Beilagensalat besteht partiell aus Ware aus dem Glas: Bohnen, Karotten ... Muss das im Mai sein, fragen wir uns? Wir meinen: Nein!

Weils grad so schön gemütlich ist auf dem Iphöfer Marktplatz und der Riesling unser beider Bewußtsein für die wirklich schönen Dinge des Lebens erweitert, bestellen wir noch ein Dessert. Madame entscheidet sich für eine Weincreme vom Silvaner mit Obst (5,50 EUR) , ich für Apfelküchle mit Zwetschgenkompott und Vanilleeis (6,50 EUR).

Große Portionen werden vom freundlichen und flotten Service im Dirndl an den Tisch gebracht. Madames Weincreme vom Silvaner schmeckt herrlich fruchtig-herb und weinig, allerdings sinkt der Grenznutzen mit jedem Löffel - so eine Weincreme ist nichts, das man in unbegrenzten Mengen inhalieren kann.

Meine Apfelküchle gehen mit dem Kompott eine sehr runde und gelungene Verbindung ein. Im Gegensatz zur Weincreme gelangt der Riesling Kabinett hier an seine Grenzen als geeigneter Dessertwein. Es stört mich nicht im geringsten. Beide Desserts verdienen unser Lob.

Wir drehen noch eine Runde auf dem alten Festungswall, der, rundumlaufend mit blühenden Obstbäumen bepflanzt und Sitzgelegenheiten ausgestattet, einige herrliche Aus- und Einblicke in das mittelalterliche Städtchen ermöglicht. Iphofen hat Klasse, in Iphofen gelingt es den Menschen und der Politik, ein zukunftsweisendes städtebauliches und denkmalschutzorientiertes Gesamtkonzept zu leben. Wir sind begeistert von Iphofen und versprechen uns bald wiederzukommen.

Zum Abschluß noch ein Blick auf eine Memento mori, das uns an einer Hausfassade dort begegnet ist. Es lohnt sich, meinen wir, darüber zu sinnieren ...






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