Rainer ist mein unangefochtener primus inter pares unter den "Müller-Thurgau-Maniacs" und ich darf sagen, dass sich - seit er mir vor rund eineinhalb Jahren ein Probierpaket mit drei seiner Müller zugeschickt und ich über sein Weingut und seine Weine geschrieben habe - eine Freundschaft zwischen uns entwickelt hat.
Es blieb nach dem fulminanten Flash dieser drei Müller-Flaschen nicht aus, dass ich sein Weingut im Sommer letzten Jahres einfach besuchen musste, im März diesen Jahres trafen wir uns auf dem großartigen AromiA-Festival in Würzburg wieder und jetzt war ich erneut auf Stipvisite an der Mainschleife.
von Robert Bock
Rainer ist ein Familienmensch. Er lebt und stirbt für seine Frau Christa und seine drei Söhne und seine Weinberge hegt und pflegt er wie lebendige Wesen - seit mittlerweile 28 Jahren ökologisch, nach den strengen Grundsätzen von Naturland.
Die liebevolle, nachhaltige Pflege der Böden, der konsequente Verzicht auf die schnellen Helferlein aus dem Giftschrank, die seine konventionell arbeitenden Kollegen ohne Wimpernzucken einsetzen, kommen der Gesundheit seiner Rebstöcke, der Qualität ihrer Trauben und damit Rainers Weinen zugute.
Was in den Trauben nicht drinstecke, könne man im Keller nicht herausholen, so sein Credo. Bald beginnt in seinen sechs Hektar bewirtschafteter Fläche im Nordheimer Vögelein, dem Nordheimer Kreuzberg, dem Sommeracher Katzenkopf und Sommeracher Rosenberg die Lese.
Ich hatte das große Glück Rainer in seine Weinberge begleiten zu dürfen, mir von diesem Urgestein des Öko-Weinbaus zeigen und erklären zu lassen, was den Unterschied beschreibt, zwischen einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Scholle, damit diese auch in Generationen große Weine schenkt und dem Raubbau an der Bodenqualität den seine Glyphosat-Kollegen frönen, als gäbe es - nach uns die Sintflut - kein Übermorgen ...
Man nehme eine Handvoll Erde unter Rainers gezielt und bis ins Detaiil durchdacht begrünten Rebzeilen und den komplett von Leben befreiten konventionellen Zeilen von Winzern in die Hand und spürt es selbst als Laie: Der Unterschied ist himmelweit, den dich die Krume spüren lässt.
Verdammt viel mehr an Handarbeit und Intelligenz ist nötig, sich die Natur zum Verbündeten zu machen, sie nicht in dein gewünschtes kurzfristig profitmaximierendes Schema zu zwingen.
Ich will nicht behaupten, dass konventionell arbeitende Winzer dumm sind, aber sie denken offensichtlich kaum über das Ende ihres Erwerbslebens und die langfristigen Folgen des Einsatzes von Mineraldüngern, Herbiziden und Insektiziden hinaus. Sie bejammern den Klimawandel, die gehäuften Extremwetterlagen und den Starkregen, der ihere Weinberge erodiert und sehen den Zusammenhang zwischen ihrer Art der Bodenpflege und den Folgen nicht. Sie töten die Nützlinge zusammen mit den Schädlingen, reduzieren die Biodiversität dieser wichtigen Habitate und zerstören das Gleichgewicht der Natur, das nachhaltig arbeitende Winzer wie Rainer Zang gezielt für sich zu nutzen suchen. Für Weinberge, die auch den Kindern und Enkelkindern noch den Lebensunterhalt sichern und künftigen Generationen von Weinfreuden großen Genuss bescheren.
rechts: Maximilian Zang |
Nach seinem Studium des Weinbaus, Wanderjahren beim renommierten Weingut von Winning und aktuell bei Uwe Schiefer im Burgenland, werden Rainer und Maximilian, so scheint es vorgezeichnet, gemeinsam eine sanfte Übergabe des Staffelstabes in Angriff nehmen.
Rainer liebt seinen Maximilian. Man muss erleben, wie seine Augen glänzen, wenn er von seinem Maxi erzählt! Und der Vater traut seinem Stammhalter sehr, sehr viel zu; hält ihn in mancherlei Hinsicht gar für radikaler in dessen Denken über ökologischen Weinbau, als er selbst es war und ist. Er, der fränkische Öko-Weinbaupionier, der so unfassbar eigenständige Weine macht, sich aber viel lieber im Weinberg und im Keller tummelt, als bei Verkostungen oder anderweitiger öffentlicher Gesichtspflege, die dem Absatz seiner Meisterwerke zweifelsohne förderlich wäre ...
Ich mag den Rainer und seine Familie unheimlich gerne. Je näher man diesen Menschen kommt, und ich bin froh und dankbar, dass sie dieses Näherkommen zulassen, desto lieber gewinnt man sie. Da ist kein Falsch, keine aufgesetzte, geschäftsmäßige Freundlichkeit. Ehrliche Handwerker im besten Sinn dieses Wortes sind die Zangs und halten es mit Schiller, wonach das Werk den Meister loben soll, nicht umgekehrt.
In Zeiten inhaltssleerer Marketingfassaden, wo vollbärtige Hipster mit Unterarmtattoos dir jeden unausgereiften Mist für Gold andrehen wollen, sind mir Menschen wie Rainer Zang ein Anker im Auge des Sturms. There are no shortcuts, wenn es um echte Qualität geht und Erfahrung ist durch kein cooles Outfit zu ersetzen.
Ich kann nur immer wieder - und das bar jeden ökonomischen Interesses, sondern aus Freundschaft und Begeisterung für seine Weine und wie sie entstehen - dazu ermuntern, einen Ausflug nach Nordheim zu machen und sich mit eigener Nase, Zunge und Gaumen auf die Weine des Öko-Weingutes Rainer Zang einzulassen.
Nordheim am Main |
Ich habe mich selbst davon überzeugt am 15. August bei der Weinpräsentation der Fränkischen Öko-Winzer (FÖW) auf der Vogelsburg hoch über dem Escherndorfer Lump mit grandiosem Blick auf Volkach, Escherndorf und Nordheim.
27 fränkische Öko-Winzer präsentierten dort teils richtig schöne, saubere Weine. Rainers Weine jedoch würde ich mit verbundenen Augen herausriechen und -schmecken. 28 Jahre Erfahrung im ökologischen Weinbau, 28 Jahre nachhaltige Weinbergspflege kann keiner im Zeitraffer aufholen, auch wenn er ausgeprägtes Selbstbewußtsein hat und die Begeisterung ihn trägt: Die Wahrheit liegt im Glas.
Wer stromlinienförmige, dank Reinzuchthefen, Enzymen, Schönungsmittel usw. alle nach Eisbonbon, Mango und Ananas schmeckende Terrassenweinchen liebt, den werden Rainer Zangs Weine verstören. Wer Wörter wie "Terrassen-", "Spargel-" oder "Chill-Out-Wein" aktiv in seinem Wortschatz führt, sollte Rainers Weingut besser meiden, weil dort keine Plörre verkauft wird, die mit verbalem Viagra ausstaffiert vermarktet werden muss, um sie nicht weggkippen zu müssen. Dort gibt es nur Wein! Verstanden ...? Wein, der Sortentypizität, Jahrgang und Boden spiegelt. Richtigen Wein, keine Weinchen! Kein Grauburgunder, der ach wie lecker, fast wie Pinno Grittscho schmeckt ... Kein Wein, der Bullshitsprech wie Grip (zupackend!), Salzigkeit und Trinkfluss (animierend) von dampfplaudernden Weinhändlern, -bloggern und -journalisten nötig hat, um seine belanglose Beliebigkeit zu retouchieren.
Wer Winzer verehrt, die möglicht noch im Jahr 2018 ihre 2018er auf die Flasche ziehen und nicht erkennt, dass diese aus der Hüfte geschossenen Turbo-Weinchen nach einem halben Jahr flach wie Holland schmecken und jedes Leben, das einst in ihnen war, bereits ausgehaucht haben, wird mit Zang-Weinen nicht warm werden. Wer kauft überhaupt so etwas? Der gleiche Schlag Mensch, der Anfang September Lebkuchen kauft und seinen Schokoladen-Adventskalender vor dem 1. Dezember leergefressen hat ...? Gutem Lesegut billige man Zeit im Keller zu und treibe es nicht mit dem chemischen Ochsenziemer an!
Ex-und-Hopp-Weine will ich nicht mehr, seit mich einige Weine von Christoph Hammel durch Eintagsfliegenlebensspannen schwer enttäuscht haben. Seit ich gar einen Wein von ihm im Sortiment von Lidl sah, mutmaße ich, dass er sich (dank übereifriger Marketingberater?) komplett vergaloppiert und dass seine und meine Auffassung von Qualität nicht mehr zusammengehen. Gier frisst Hirn? Ihm wird es zurecht wurscht sein, was ich denke - mir seine Weine mittlerweile auch.
Ebenso will ich mittelmäßigen Mist nicht saufen, nur weil ein Parkerfallstaffgamberorosso-Päpstlein mir weißmachen will, dass diese überragend seien. Leck mich am Arsch, wozu hat dich und mich der Herrgott eigentlich mit Augen, Nase und Mund ausstaffiert ...? Was interessiert mich das Geschwätz Dritter, die mein Sensorium nicht haben? Seid mutig und seid selbstbewußt, liebe Leserinnen und Leser: Traut Euren eigenen Sinnen und Eurem Geschmack! Was mir liegt, muss euch nicht auch liegen, und umgekehrt. Findet auf eigene Faust heraus, was Euch schmeckt! Aber sucht! Nur wer sucht, wird finden ...
Auch so ein Thema: V.D.P. ... Der Adler stand früher für Qualität - heute mir persönlich für regelmäßige Enttäuschung und überzogene Preise. Ich werde zum Beispiel den lustlosen und überheblichen Auftritt des Personals des V.D.P.- Weinguts am Stein auf der Vogelsburg (erschreckend belanglose Bio-Weine!) nicht so schnell vergessen. Etikettentrinkerei ist - im Sinne Theodor Fontanes - schrepferisch und ich kann sie auf den Tod nicht leiden.
Ich will Weine, die man liegen lassen kann und die sich im Lauf der Zeit verändern. Lebendige Weine will ich, keine die an verblühte, überschminkte Nutten aus Fellini-Filmen erinnern ...
Rainers 2017er Weine liegen noch immer im großen Holzfass; sie kommen erst spät im Jahr auf die Flasche und in den Verkauf. Seine Weißweine erreichen den Zenit nicht nach einem halben Jahr, sondern nach drei, fünf und noch mehr Jahren. Keine gedopten Sprinter - Marathonläufer sind sie, Rainers Weine.
Ich durfte mich überzeugen, dass selbst ein zehn Jahre alter Zang'scher trockener (!) Weißwein frisch, lebendig und von sagenhafter Reife ins Glas fließt. A propos: Ich rate zum Geniessen weißer Zang-Weine zu bauchigen (Rotwein-) Burgundergläsern, und im Falle junger Jahrgänge, zusätzlich zu Karaffierung! Großes Kino, das man anderswo seltenst erlebt, und das gilt bereits - ja, tatsächlich! - für seine Einstiegsweine in der Literflasche.
Dieser Tage zieht Rainer einen - festhalten! - Spätburgunder des Jahrgangs 2009 auf die Flasche. Er hat ihm neun Jahre Zeit gegeben sich behutsam zu entfalten, davon etliche Jahre auf der Maische (!). Erst im Stahl, dann im Barrique, nichts geschieht bei Rainer ohne einen solide begründeten Plan. Sehr riskant. Kaum ein Winzer würde sich das trauen. Rainer schon.
Ich durfte diesen Spätburgunder probieren. Keinerlei Alterserscheinungen, nicht der kleinste bräunliche Reflex im Glas, ein unsagbar tiefgründiger, prallfruchtiger trockener Rotwein mit optimal eingebundenen Holznoten und runder Säure. Großartig, einfach nur großartig!
Wer glaubt, nur Rudolf Fürst aus Bürgstadt könne große rote Frankenweine schöpfen, der irrt. Wer glaubt, die Böden des Maindreiecks taugen nicht zum Rotwein großer Klasse, auch der. Das Mainviereck mag mit seinem Buntsandstein die geeigneteren Böden für Rotweine haben, aber wer diesen Zang'schen Spätburgunder je probiert, weiß, dass es auch auf den Winemaker ankommt ...
Genug geschwafelt, schaut Euch dem Rainer seine Website an, klemmt Euch ans Telefon und macht mit ihm, der Christa oder dem Maximilian einen Verkostungstermin aus und dann auf nach Nordheim am Main! In kaum zwei Stunden seid ihr von Regensburg aus dort. Platz im Kofferraum lassen zum Befüllen!
Erwartet keine von japanischen Star-Architekten gestaltete schweineteure Vinothek, die über die Schwächen der Weine hinwegtäuschen muss ("Des Kaisers neue Kleider"). Diese Vinotheken müsst ihr, abgesehen vom Blendwerk, mit jeder Flasche mitbezahlen. Erwartet eine ziemlich traditionelle Verkostungsstube, unmittelbar angegliedert dort, wo die Weine auch entstehen und abgefüllt werden.
Grüßt Familie Zang von mir und ja ... Es gibt auch Chardonnay! Einen, der sich vor einem Chablis nicht zu verstecken braucht. Eher umgekehrt. Ihr werdet schon sehen ...
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Wen meine Zeilen neugierig gestimmt haben: Weil das Öko-Weingut Zang (noch) keinen Webshop hat, zur Voraborientierung eines Vor-Ort-Besuchs oder der individuellen Zusammenstellung einer Probekiste, die man sich zusenden lassen kann, ein Blick in die gerade aktuelle Weinliste. Einige Positionen sind bereits ausgetrunken (durch mich rot, aus meiner Erinnerung heraus, so gekennzeichnet), mit einem grünen Stern habe ich meine persönlichen Probierempfehlungen markiert. Es hätten noch mehr sein können, aber was brächte es, wenn neben nahezu jeder Position ein grünes Sternchen stünde ...?
Wir sind seit circa 15 Jahren Zang-Kunden und können die Bewertung nur bestätigen. Seine großartigen Riesling, Silvaner und sein einmaliger Spätburgunder begleiten uns durchs Jahr und sind für uns Maßstab im Vergleich. Vor kurzem ist es uns gelungen die letzten Flaschen seines 2003 Spätburgunders aufzukaufen. Einfach ein Traum.
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