Sonntag, 29. November 2015

Burger-Mittag in den Bischofshof-Braustuben in Regensburg

Direkt neben der Bischofshofbrauerei, nahe der Bruchbude des alten "Jahn-Stadions", in der Dechbettener Straße 50 in Regensburg, serviert man als Tagesgericht jeden Dienstag den Braustuben-Burger mit (6,90 EUR) und ohne Käse (5,90 EUR) nebst "Kartoffelstaberln".

Doch momentamal: Hämbörger in einem Brauereigasthof? 

Das hört sich mindestens so gewagt an wie Blaue Zipfel beim Japaner und wenn es darum geht, solchen Absonderlichkeiten kulinarisch auf den Zahn zu fühlen, dann bin ich dafür meistens zu haben. Weder meine charmante Begleiterin noch ich waren je zu Gast bei Inhaberin Anna-Maria Fleischmann und ihrer Mannschaft in den Bischofshof Braustuben. Dabei habe ich - lang ist's her - mal länger als ein Jahr ums Eck in der Prüfeninger Straße mit Balkonblick aufs Spielfeld des "altehrwürdigen" SSV Jahn Regensburg gewohnt. Wohnung mit Dauerkarte, Loge Nord mit hauseigenem Catering quasi inbegriffen ...
von Robert Bock

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: An einem Dienstag zum Mittagessen war es soweit: Premiere! Der Gastraum ist gediegen bayerisch eingerichtet, wie man sich das in einem Wirtshaus dieser Art vorstellen darf.

Auf den Tischen etwas viel Staubfängerkrimskrams in Form von Teelichthalter, Bierwerbung, Mittagsangebotsaufstellern, Eiskarten, Blumenvasen (mit zwei echten weißen Rosen ... wohl nicht aus Athen, aber "Komm recht bald wieder" sagten sie trotzdem), einem grotesk hässlichen braunen Fass als Behältnis für Besteck und Papierservietten. Die Messer übrigens: die sind so stumpf, auf denen kannst du unverletzt bis Nürnberg reiten.

Das alles verteilt sich auf einem enorm rutschigen Tischläufer eines undefinierbaren Rot-Tons, der seine beste Zeit hinter sich hat. Neuer, klarer, kompromissloser Tischschmuck wäre meines Erachtens angezeigt.

Ob man die Preissn mit Türdeko in weiß-blauem Rautendekor davon überzeugen kann, dass nördlich des Mains das Hottentottenland beginnt, in das sie bitteschön wieder verschwinden möchten, wenn sie ausgetrunken haben, das wäre eine ausführlicheren Exegese wert - nicht heute.

Meine Begleiterin und ich bestellen je einen "Weltenburger Wintertraum" - ein bernsteinfarbenes Spezialbier mit einer schönen würzigen Karamellnote im typisch bauchigen Weltenburger-Halbe-Krügerl. Feines Bier, kann man nach übereinstimmendem Urteil unsererseits jederzeit wieder bestellen. Ob es in einem Brauereigasthof allerdings wirklich 3,50 EUR kosten muss, das könnte man hinterfragen.

Sie bestellt aus der ziemlich überfrachtet, aber sehr bayerisch wirkenden Hauptkarte an guadn Schweinsbron mid Erpflgnedl und Weißgraudsolod mid Schbeggln für 8,90 EUR.

Keine Sorge, ich bin von dem Winter-Traum nicht sturzbesoffen: so steht das Gericht in der Karte, die durchgängig in altbairischem Multi-Kulti-Slang gehalten ist, der sich allerdings nicht zwischen Ober-, Niederbayerisch und Oberpfälzisch entscheiden kann. Naja - d'Preissn moarnan gwieß, dees gheard aso ... respektive finden das "urig", sorry: irgendwie ein Stück weit urig.

Ich finde es überflüssig und selbst ein kerniger Oberpfälzer wird solche Marotten des anbiedernden mia san mia affig finden ...

Wie? Ach so ... Ihr wisst noch immer nicht, welches Gericht sich meine charmante Begleiterin bestellt hat? Es folgt in der Karte jeweils auch die Übersetzung: einen guten Schweinebraten mit Kartoffelknödel und Weißkrautsalat mit gerösteten Speckwürfeln. Ob er tatsächlich gut ist, das entscheiden allerdings wir - Trotzdem danke für die nicht ungefährliche Steilvorlage, Frau Wirtin.

Und? Ist er, wie versprochen, gut? Oh ja, er ist es. Sehr gut sogar, da gibt es überhaupt nichts dran zu meckern: zwei dicke Scheiben Schweinenacken, sehr saftig geschmort, das Fleisch zergeht auf der Zunge. Zwei schöne weiche Kartoffelknödel, die allerdings selbst in einem A-Cup noch Luft gehabt hätten (ich stamme ursprünglich aus Oberfranken, da geht nichts unter Doppel-D, was Klöß (Gniedla) angeht ...) und das alles in einer sehr g'schmackigen Soß mit einer schönen Restsüße, die wohl von einem ordentlichen Schluck einreduziertem dunklen Bier herrühren dürfte.

Gebunden ist die Sauce meines Erachtens mit Schmorgemüse vom Braten; meine Begleiterin findet sie etwas zu salzig, ich gerade richtig; die Soße ist reichlich, ja überreichlich in dem Reinderl, in dem serviert wurde vorhanden. Prima!

Mein Highlight ist allerdings, und das war so nicht zu erwarten, der Speck-Krautsalat, der eine ganz eigene, unverwechselbare Note hat. Zwar wurde der Weißkohl offenbar erbarmungslos durch eine Küchenmaschine gejagt - die Konsistenz und der Schnitt erinnern an amerikanischen Coleslaw. Etwas Liebe zu diesem unterschätzten Gemüse und eine feine, eine sehr feine Mandoline wären gewiss schonender mit dem Kohlkopf umgegangen, aber der rasse Hauch von Meerrettich und die röschen Speckwürfel entschädigen für die Grobschlächtigkeit des Schnitts.

Insgesamt geschmacklich eine sehr, sehr runde Sache, die ich so in einem Gasthof unserer Gegend noch nicht so bemerkenswert eigenständig gekostet habe und demnächst selbst einmal in heimischer Küche nachvollziehen werde. Danke für die schöne Anregung mit dem Meerrettich am Dressing!

Ja und ich? Ich bin wegen des Dienstags-Burgers - dem Braustuben-Burger mit Kartoffelstaberln gekommen und den bestell ich dann auch. Mit Käse. Wenn schon, denn schon.

Die Gerichte kommen zeitgleich, mein Burger mit groben, dicken Pommes nebst zwei Tuben Ketchup, ist für den Preis von 6,90 EUR von beeindruckendem Durchmesser und das Fleischpflanzerl drin aus einem Gemisch von Rind und geschätzt 2/3 Schwein - fettem, saftigen Schwein! - eine Wucht. Das Ding wiegt mindestens 200g, wenn nicht gar mehr, ist perfekt gebraten, saftig, lecker - Wow! Das bekommen weder Max+Muh noch McDonalds oder Burger King annähernd so lecker hin ... aber die schimpfen sich Burger-Spezialisten. Ein bayerisches Wirtshaus zeigt ihnen wenigstens Dienstags, wo der Hammer hängt.

Das Sesam-Brötchen ist knusprig angetoastet, frische Gurken, Salat, Tomaten, zweierlei Saucen ... Ich habe schon einige Großmäuler prahlen hören, sie würden den besten Burger der Stadt oder des Erdkreises machen, darunter vor allem sich gnadenlos überschätzende sogenannte Street-Food-Artisten, die sich für Köche halten und doch oft nur bessere Mensa-Pfuscherei und Studentenheim-Küchen-Fraß abliefern: Das hier ist der beste Burger, den ich seit langem gegessen habe. Der beste jedenfalls in Regensburg - und das nicht zuletzt wegen dieser herrlichen, in der Pfanne geschmolzenen, knusprigen Scheibe Käse, die einen wunderhübschen Crunch im Mund entfaltet.

Solltet ihr also den Dienstags-Burger in den Bischofshof-Braustuben einmal selbst erfahren wollen: Tut euch den Gefallen, seid lieb zu euch, legt den einen Euro drauf und bestellt ihn mit Käse. Ausgezeichnet! Lob an die Küche!

Die Pommes waren gute Pommes, nicht mehr, nicht weniger, die Portion angemessen groß. Für 6,90 EUR kann man wohl nirgends in der ganzen Stadt mit einem Burgergericht satter werden. Ohne Marketing-Bullshit von wegen glücklichen Kühen, im Intimbereich rasierten noch glücklicheren Bauern, Bäuerinnen mit mundgestochenem Arschgeweih sowie dem ganzen unhinterfragbaren regionalen Pipapo, dem am Ende dann eben doch das alles entscheidende Bio-Zertifikat fürs Fleisch und die anderen Zutaten fehlt. Hier: nicht in der Pappschachtel, hier: auf einem dunkelbraunen, schweren Steingutteller und einer freundlichen, um das Wohl des Gastes jederzeit aufmerksam bemühten Bedienung.

Wir bezahlten insgesamt 22,80 EUR plus Trinkgeld, haben den Leibhaftigen gesehen ... äh: den leibhaftigen Brauereidirektor Goss, der mit seiner Trachtenjankerentourage dort ebenfalls zu Mittag weilte. Die Bedienung war flott, das Essen absolut solide und jederzeit wert, wieder hier vorbeizukommen.

Wenn man nach Ende der Biergartensaison nicht vergisst den Eingangsbereich etwas aufgeräumter, einladender zu gestalten und das Dekosammelsurium am Tisch entrümpelt, hat das Lokal, gemessen an der grundehrlichen Leistung der Küche am heutigen Mittag und den hauseigenen soliden Bieren, das Zeug zu mehr. Wesentlich mehr!

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