Donnerstag, 5. November 2015

Zungenfasching im Restaurant Vyvu in Regensburg

Seit 25. September 2015 residiert das vietnamesische Restaurant Vyvu (sprich: [wi.wu]) in der Prinz-Ludwig-Str. 9 in Regenburg. Zukunftsorientiert ist er der neue Standort, zwischen Marina- und Candis-Viertel gelegen, unweit des türkischen Nayir-Supermarktes in schickem, modern und geschmackvoll eingerichtetem Ambiente, fern des üblichen, bei mir persönlich Würgreflexe provozierenden Asia-Restaurant-Kitsches, den man von den zahlreichen All-you-can-eat-Buffet-Chinesen kennt. Es dominieren ebenhölzerne, beinahe schwarze Holztöne, grauer Beton und viel warmes Orange. Madame und ich fühlen uns vom ersten Moment an im Vyvu wohl.

Es ist Sonntagmittag und wir haben Glück, dass wir schon um 11:30 Uhr da sind, denn wir haben nicht reserviert und es ist gerade mal ein Tisch für zwei Personen frei. Die beiden Damen vom Service, die uns wechselweise bedienen sind ausgesprochen freundlich, charmant und beim Verlassen des Lokals werden wir beide darin übereinstimmen, dass wir in einem Lokal dieser Kategorie schon lange nicht mehr so hervorragend bedient worden sind. Aber halt ...  Wir gehen Sonntagmittag nicht des Service wegen essen - sondern weil wir hungrig sind und gediegen zu speisen gedenken ...
von Robert Bock

Die Karte ist übersichtlich, die Struktur der Karte der typischen europäischen Menüabfolge angeglichen, alle Speisen ohne irgendwelche Nummerierungen auf Vietnamesisch bezeichnet, und ausgezeichnet und leicht verständlich beschrieben.

Wir sind keine "Vietnam-Experten": Weder Madame und ich sind bislang oft in vietnamesischen Restaurants gewesen, so dass uns beiden eine breitere Referenzbasis fehlt, aber nach meinem persönlichen Dafürhalten bietet die Karte einen schönen Querschnitt von Klassikern und nicht unbedingt alltäglich in unseren Breiten zu findenden Gerichten.

Wo ist der Wein? Wie - kein Wein auf der Karte? Madames linkes Augenlid zuckt ... Ich entdecke die Weinkarte, auf einer Tafel angeschrieben, über der Bar. Daneben eine Auswahl von drei Desserts.

Madame ordert  - was sonst - einen Riesling (0,2L zu 5,40). Mehr steht nicht auf der Tafel angeschrieben - na, lassen wir uns überraschen ...

Dazu bestellt sie den "Haustee" (Grüner Tee mit frischem Ingwer und Limettenblättern), ich Pfefferminztee mit frischem Ingwer und frischer Minze. Beide Tees sind ihre jeweils 3,20 EUR für einen großen Glasbecher preislich noch wert: Frische Zutaten, wunderbare Aromatik: genau das Richtige für einen nasskalten Tag wie diesen.

Wir ordern als Vorspeise: vietnamesische Frühlingsrollen (5,90 EUR) und gebratene Wan-Tan (5,50 EUR). Beide Gerichte kommen imposant auf Bananenblatt und Bastteller angerichtet mit reichlich Salat und Kräutern nebst jeweils unterschiedlichem Dip. Die Dame vom Service erklärt uns, dass man die Frühlingsrollen in Vietnam in die Kräuter wickelt, dann in den Dip taucht und genießt. Na denn ... Mhhh!

Welch ein Genuß: Der Teig ist heiß, aber nicht zu heiß und kontrastiert schön mit der säuerlich-süßen, recht dünnflüssigen Marinade mit Chilliflocken, die Füllung besteht aus richtig gutem stückigem Fleisch und die Kräuter sorgen für den unvergleichlichen Kick: Thai-Basilikum, Koriander, Minze und ein Kraut, das ich namentlich nicht zuordenen kann, identifiziere ich optisch und geschmacklich.

Madames Wan-Tan sind ebenso fleischig gefüllt wie meine Frühlingsrollen, der Teig ist knusprig - mir persönlich vielleicht eine Spur zu kross gebraten, deswegen aber keineswegs schlecht - der Dip hat eine schöne süß-scharfe, fruchtige Note: ist es Mango, ist es Maracuja? Egal - auf jeden Fall saugut!

Jetzt kann der Riesling zeigen, was er kann - und wie er kann! Das Glas ist ein perfektes Weißweinglas von Schott in Zwiesel. Hier hat jemand gute Hand bewiesen, denn es ist grauenhaft, welch suboptimale Gläser oft zum Weinausschank geboten werden.

Offener Brief: Liebe Gastronomen: Ein formvollendetes,  dem Wein maßgeschneidertes, dünnwandiges Glas kann einen Klassenunterschied bei der Wahrnehmung ein und desselben Weines ausmachen. Wenn ihr Eure Gäste lieb habt, zeigt es ihnen mit guten, Weingläsern - bitte!

Zurück zum Wein: Ein ausgesprochen vielschichtiger Riesling, noch recht jung, wie mir scheint, er moussiert höchst verspielt auf der Zunge, ausgeprägt mineralisch, feine, anfänglich zurückhaltende Frucht ... Honigmelone, Birne, gelbe Pflaumen, leichte Anklänge an Heu im Abgang. Madame geniesst mit geschlossenen Augen: So einen schönen Riesling haben wir in einem Regensburger Lokal schon seit langer, langer Zeit nicht mehr serviert bekommen und er wird sogar noch fruchtiger und geschmeidiger, wenn er zehn Minuten länger steht und ein paar Grad Temperatur aufnehmen kann.
Wir rätseln: Wo könnte der her sein? Ich tippe auf den Rheingau, auf einen trockenen Kabinett. Wir fragen die Bedienung, die ist zunächst überfragt, versichert uns aber: auf jeden Fall stammt er aus Deutschland. Damit sollte sie Recht behalten; sie bringt uns die Flasche an den Tisch: Ein 2014er Wegeler Riesling Rheingau, QbA feinherb vom VDP-Weingut Wegeler.

Ich freue mich: Wenigstens das Anbaugebiet habe ich richtig erraten ... Ein renommierter Prädikatswinzer mit dem Adler auf der Kapsel hat ihn zu einer Cuvee verschiedener seiner Lagen im mittleren und unteren Rheingau zwischen Hallgarten und Rüdesheim verschnitten, die jeden Cent wert ist.

Man erklärt uns, dass man sich bei der Auswahl der Weine bereits seit 2008 auf den Rat einer Weinexpertin verläßt, die ein gutes Händchen für zu asiatischen Speisen passende Weine hat. Ein diffiziles Thema, das weiß ich: Eine harte Nuss für jeden Weinliebhaber und Koch hier einen Volltreffer zu landen. Trocken ist hier meistens fehl am Platz: Feinherb oder Halbtrocken sollte es sein, damit der Wein mit den kräftigen Aromen der Speisen mithalten kann, fruchtbetont mit knackig Säure aber deutlich Restsüße. Aber dass man die Weinauswahl einem Profi überlässt, das ist aller Ehren wert: So mancher italienische oder griechische Gastronom sollte sich da ein Scheibchen abschneiden, denn was dort oft an grauenhaften offenen Weinen angeboten wird, geht auf keine Kuhhaut; damit vergrault man Gäste und verleidet ihnen den Weingenuß, statt ihn zu fördern. Uns zudem in einem Wisch den Restaurantbesuch.

Es sind exakt drei (3) Weißweine auf der Tafel des Vyvu angeschrieben: Dieser köstliche Riesling aus dem Rheingau, ein Grüner Veltliner und ein Lugana aus Norditalien. Rote Weine gibt es im Vyvu selbstverständlich auch - aber nach unserem Dafürhalten eine völlig abwegige Wahl zu den typischen Speisen auf der Karte - gerade Merlot, Shiraz, Cabernet Sauvignon und Montepulciano d'Abruzzo kann ich mir persönlich ganz und gar nicht zur vietnamesischen Küche vorstellen, lasse mich aber gerne eines Besseren überzeugen.

Ob man sich wohl auch ein ganzes Fläschchen von dem geilen Riesling in einem Weinkühler kommen lassen könnte? Wir haben vergessen zu fragen ...

Zum Hauptgang bestellen wir beide Gebratene Ente (zu je 15,90 EUR): Madame in gelblichem Curry und Kokosmilch, ich in einer süßlich-pikanten dunklen Sauce mit Cashews, beide jeweils auf gemischtem Gemüse - für Madame wunschgemäß und zuverlässig auch so vollendet ohne Paprika - sowie einem Schälchen Reis und jeweils einem regelrechten Büschel frischer Kräuter in einem separat gereichten Körbchen. Anderswo gibts Brot im Körbchen, hier also Kräuter - interessant ... ;)

Die Kräuter sollen wir vom Stengel zupfen und über unser Gericht streuen, so die "Bedienungsanleitung" des Service an uns; so würde man das in Vietnam machen.
Wir machen das natürlich dann auch so und es ist eine wahre Freude allein den Duft der frischen Kräuter in der Nase und an den Fingern zu geniessen, noch bevor wir vom Gericht überhaupt kosten.  

Ein Fest für Nase, Auge und Gaumen bahnt sich an. Die Entenbrust ist perfekt rosa gebraten, saftig unter der knusprigen Haut noch eine schöne Schicht ausgezeichnet schmeckenden Entenfetts. Das Gemüse ist schön tourniert und perfekt mit Biss gebraten, die Sauce - darauf weist die Karte ausdrücklich hin! - ohne den Geschmackverstärker Glutamat und ähnlichen Chemiemumpitz  zubereitet. Alleine das zu wissen, spendiert ein gutes Gefühl. Fazit. Hauptgang: Jeden Cent wert und reichlich Zinsen in Form von hohem Genuß!

Nachtisch? Nach Vor- und Hauptspeise dieser Güte beinahe ein Muss, oder? Ich bestelle mir von der Schiefertafel: Schwarzes Sesameis und Vanilleeis im Kokosmantel zu 4,90 EUR, Madame entscheidet sich für Kokosbällchen mit Sesam, Schokolade und Kokosnusscreme zu ebenfalls 4,90 EUR.

Mein Eis wird sehr ansprechend präsentiert in separaten Schälchen und vielfältiger Obstdekoration. Das Vanilleeis im Kokosmantel ist gut, aber nichts was ich unbedingt nochmal ordern würde, aber das schwarze Sesameis ist eine gottverdammte Sensation: mein persönliches Eis des Jahres und das mitten im Oktober. Ich muss aufpassen, denn von gegenüber sticht das Löffelchen von Madame wieder und wieder zu mir herüber, auch sie ist mehr als angetan von dieser würzigen süßen Köstlichkeit im unscheinbaren, aschfahlen Outfit. Ich wünschte mir, dass dieses Eis auf der Karte des Vyvu einen Stammplatz erhält: Wenn ich wiederkomme, will ich es unbedingt wieder geniessen!

Madames Kokosbällchen in Gedöns sind ein Dessert zum Meditieren, kalte und lauwarme Komponenten, verschiedenste Texturen und Aromen - ein mindestens ebenso geiles Zeug wie mein Sesameis. Beide Desserts zu je 4,90 EUR? Da darf man einfach nicht nein sagen! Man verpasst etwas, ehrlich!

Abschließend ordere ich einen Espresso zu 2,20 EUR, der kommt mit einem Gläschen Wasser, aber ist zu dünn und die Tasse oder die Maschine nicht ordentlich vorgewärmt und mit 2,20 EUR auch zu teuer. Mehr als 1,50 EUR für einen richtig guten Espresso ist meines Erachtens unanständig. Man nehme sich bitte ein Beispiel an der Qualität und den Preisen von Espressi in Italien.

Madame bestellt einen vietamesischen Kaffee Sua Da: In einem Glas unten gezuckerte, zähflüssige Kondensmilch, wie man sie in russischen Supermärkten kaufen kann, darüber ein Filtergefäß von dem der heiße Kaffee frisch ins Glas tropft: Originelle Sache, Madame ist begeistert, mein Geschmack ist das nicht; schon gar nicht für 4,90 EUR. Diese Kalkulation verstehe ich nicht.

Zur Rechnung über insgesamt 71,90 EUR (ohne Trinkgeld) gesellt sich ein "Lenkkraftverstärker" in leicht alkoholischer Form auf Kosten des Hauses: herb, leicht süß ... Lychee? Grenadine? Egal: lecker.

Die Toiletten sind tiptop, äußerst stylisch beleuchtet und geschmackvoll ausgestattet; die Hintergrundmusik im Lokal versetzt den Gast in eine Chill-Out-Lounge, auch die Musikuntermalung ist dem Ambiente harmonisch perfekt angemessen.

Fazit:
  • Küche und der Service verdienen höchstes Lob.
  • Madame und ich sind uns einig: Das Vyvu zählt - mit der Performance an diesem Mittag - zu den besten Restaurants in ganz Regensburg.
  • Von allen Asiaten der Region, die wir kennen, ist es das mit großem Abstand beste Lokal. Madame, die neulich in Düsseldorf bei einem Japaner mit Michelin-Stern speiste meinte: Hier im Vyvu knallten die Aromen noch mehr auf den Geschmackspapillen, als dort ...
  • Die Preise sind der Qualität der Zutaten, der meisterlichen Zubereitung, der ansprechenden, doch nicht überkandidelten Präsentation sowie der Portionsgröße angemessen, die Preise der Getränke hingegen sind am oberen Ende des Akzeptablen angesiedelt. Ausnahme: der Riesling aus dem Rheingau, der nicht nur ausgezeichnet schmeckte und kompetent (Glas, Temperierung) serviert wurde: der ist für die Qualität des Tröpfchens fair bepreist.

Wir sprechen eine glasklare Empfehlung für das Vyvu aus und werden gerne wiederkommen.

Montag ist Ruhetag, Reservierung scheint empfehlenswert. Nach dieser Kritik womöglich ohnehin ...

3 Kommentare:

  1. Bei so einem Komentar hat man wahrlich Lust das Lokal zu besuchen. Freu mich auf unser heuriges Familien Xmas Essen. Da bin ich echt gespannt. War zwar mal mittags kurz da, jedoch so im Business Gespräch vertieft, dass ich mir merkte ich komm wieder, aber leider hatte ich mich nicht so aufs Essen konzentrieren können. Wird aber nachgeholt.

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  2. Robert Bock. Sie sind ein Narziß. Essen und Trinken ist in Ihrer Welt einzig dazu da um sich damit zu brüsten.Einziger Selbstzweck Ihrer Eitelkeit. Sie spiegeln sich in den Fettaugen der Ihnen kredenzten Suppen. Schade, denn Sie können gut formulieren.
    Geben Sie Ihren Opfern eine Chance. Seien Sie milde. Dabei fällt ein vorteilhaftes Licht auf den Autor. Darum geht es Ihnen doch in diesem Blog.

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    1. Rainer Kaetsch1. Mai 2016 um 16:12

      ??? Anonym Kritik bzw. den Verfasser zu verunglimpfen ist hochgradig feige und mies. Grüße aus der Gosse!

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