Mittwoch, 8. März 2017

Revisited: Die Pizzeria da Carmine in Regensburg

Heute für mich ausnahmsweise keine Pizza bei Familie de Lorenzis, obwohl ich der Überzeugung bin, dass Davide die beste der Stadt bäckt.

Juniorchef Carmine - gerademal so hoch, dass er hinter dem Tresen hervorschauen kann - ist an diesem Sonntagmittag ebenfalls zugegen und hilft tatkräftig im Ausschank. Nach dem Sohnemann haben Papa und Mamma Annalisa Collucia ihr Lokal in der Isarstraße 68 im Norden der Stadt benannt.

Auch eine der Töchter, Antonella Candy de Lorenzis - ihrer Mamma wie aus dem Gesicht geschnitten - hilft heute kompetent, freundlich und schnell im Service. Ich mag Davide und seine Familie. Sie vermitteln mir das Gefühl, hier willkommen zu sein.

Deswegen gehe ich dort auch gerne essen, auch wenn es sich beileibe nicht um einen Schickimicki-Italiener handelt, sondern um ein schlicht, aber gemütlich eingerichtetes, ehrliches Lokal mit seriöser Küche bar überflüssiger Showeffekte, die andernorts leider allzuoft minderwertige Zutaten oder defizitiäres handwerkliches Können verschleiern.
von Robert Bock
Hier wird so bewirtet, wie für Italiens Küchentraditionen typisch: Auf's Wesentliche reduziert, wenige, hervorragende Zutaten, zweckmäßiges, schlichtes Ambiente. Ich gehe viel zu selten in die Pizzeria da Carmine - aber das ist einerseits Eurer Neugier auf neue Geschichten geschuldet, liebe Leserinnen und Leser, andererseits, weil ich selbst so gerne koche.

Gelegentlich muss ein Wiederholungsbesuch sein, weil jede Geschichte, die ich schreibe, auf einer Momentaufnahme basiert und ein Gastronomiebetrieb stetem Wandel unterworfen ist. Wie alles im Leben: Panta rhei - die berühmten Worte Heraklits - ganz oben links im Header meines Blogs - sind mit Bedacht gewählt ...


Foto: Pizzeria da Carmine
Kurz nach zwölf Uhr füllt sich das schmal geschnittene Lokal und ich bin froh, dass ich bei Davide eine halbe Stunde zuvor via Facebook angefragt habe, ob ihm zur Mittagsstunde noch ein Tischlein für zwei hungrige Mäuler wohlfeil sei.

Der Laden laufe gut, erzählt er. Im vergangenen Frühjahr, nicht lange, nachdem er das Lokal übernommen hatte, war er sich dessen noch unsicher. Ich freue mich zu sehen, dass sich die Investitionen, die viele Arbeit und die Geduld auszahlen. Konstant gute Küchen- und Serviceleistung schafft Zufriedenheit und Vertrauen beim Gast. Und die quittiert er, indem er wiederkommt.

Familie de Lorenzis steht nicht still und verbessert ihr Konzept laufend. Seit einer Weile bietet man hausgemachte Pasta an. Die sprechen mich an, das gebe ich zu, aber mir ist heute nach Gnocchi. Ja - weder Pizza, noch Pasta, weder Fisch noch Fleisch: Gnocchi. Vegetarisch. Das will viel heißen ...

Gnocchi con burro e salvia - Gnocchi mit Butter und Salbei - sollen es sein.

Ich habe, sofern mich meine Erinnerung nicht im Stich läßt, noch nie Gnocchi in einem italienischen Restaurant in Deutschland gegessen. In Italien und zuhause schon; auch selbstgemachte.

Die Gnocchi sind wunderbar fluffig und zart. Die Butter sanft salzig und vom frischen Salbei betörend aromatisiert . Ein fürwahr unterschätztes Kraut ...

Meine charmante Begleitung - Signora, wie Davide de Lorenzis sie zu meinem Amusement anspricht (und ich es ihm später nachtun werde ...) - ist meiner Meinung.

Sie schwankt lange zwischen verschiedenen Pastagerichten mit Meeresfrüchten, dann entscheidet sie sich doch für den Rolls Royce unter den Pizzen: Die Pizza da Carmine mit Sahne, Mozzarella, scharfer Salami und - richtig: Salbei.

Ich darf probieren: Nach wie vor ist diese Pizza meine Referenz. Vor etwa einem Jahr war ich erstmal hier und habe ihr damals im Rahmen der Erstbesprechung des Lokals gar den Pizza-Oscar verliehen. Der Boden scheint mir noch eine Spur näher an Perfektion herangerückt, so dünn und knusprig, ist er heute gelungen. Keine Spur durchgeweicht ist er vom mächtigen Belag, der Bissen für Bissen fantastisches Erleben offeriert.

Ich häufe noch ein paar Löffelchen frisch geriebenen Parmesans auf meine Kartoffelknödelchen in Salbeibutter, nippe an meinem trockenen Frascati, der aus der Gegend um die Ewige Stadt stammt, und bin hochzufrieden mit der Wahl unseres Lokals.

Zum Nachtisch zweimal hausgemachte Panna Cotta. Einmal mit Schokoladen-, einmal mit Karamellsauce. Die gekochte Sahne ist perfekt gelungen, aber ihre feinen Aromen leiden unter der allzu ausgeprägten Süße beider Soßen.
Sollte ich sie künftig erneut bestellen, würde ich sie versuchsweise nackt, allenfalls mit ein paar Früchten ausgarniert in Auftrag geben. Weniger ist mehr - ein Gericht ist dann perfekt, wenn jede weitere Subtraktion oder Substitution einer Ingredienz, eine Verschlechterung des Gerichts zur Folge hätte ...

Der Espresso, den wir zum krönenden Abschluß aufs Haus serviert bekommen, ist vom Allerallerfeinsten. Manuel heißt die Kaffeerösterei, die "kleine Peitsche" besteht gefühlt zu 80% aus dicker Crema. Wunderbar - den kann man besser kaum brauen.

Fazit: Ehrliches Essen, ordentliche offene Weine, eine gastliche Wirtsfamilie und schlichte italienische Gemütlichkeit.

Ich kann die Pizzeria da Carmine meinen Leserinnen und Lesern nach diesem Wiederholungsbesuch guten Gewissens erneut warm empfehlen.

2 Kommentare:

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