Nachdem ich neulich in Tegernheim in Sachen Pizza so richtig auf die Fresse fiel, will ich mich ausgerechnet heute auf keine Experimente einlassen.
Ein anstrengender Samstag auf der Genussmesse Food&Life in München liegt hinter mir und nach einer kurzen Nacht ein weiterer vor mir.
Ich habe mich zu einem Freundschaftsdienst breitschlagen lassen: Spyridoula Kagiaoglou, die Olivenölqueen aus Tegernheim, hat mich fürs Wochenende um Unterstützung an ihrem Messestand gebeten. Ihre Hilfskraft habe ihr kurzfristig absagen müssen und sie fürchte, dem zu erwartenden Ansturm am Wochenende alleine nicht gewachsen zu sein. Nennt mich naiv, aber ein Wochenende auf einer Genussmesse - das klang in meinen Ohren nach einem vergnüglichen Ausflug. Hätte ich geahnt, dass das so fordernd werden würde, ich hätte womöglich zu wohlfeilen Aussreden gegriffen, um die kein Mann verlegen ist ...
von Robert Bock
Um 6 Uhr in der früh hat mich die Griechin zuhause abgeholt, jetzt ist es 21 Uhr. Ist es zu glauben? Da schuftest du von 8 bis 19 Uhr durchgehend auf einer der größten Fressmessen, die das Land zu bieten hat und hast den ganzen Tag keinen Happen all der Schweinereien abbekommen?!
Von wegen gemütlich von Stand zu Stand bummeln und schnabulieren ... Gerade mal ein Sprint zur Toilette und zurück war drin. Aus den Augenwinkeln Käselaibe, Schinken und Salami. Ein Himmel für Gourmets ist diese Food&Life! Nicht für die Aussteller. Wenigstens mit Wein war ich toujour versorgt: Der Rebhof Sommer aus Mörbisch am Neusiedler See im Burgenland - Spyridoulas Standnachbar - versorgte uns großzügig mit Kostproben feiner Tröpfchen, die ich Euch aus Überzeugung ans Herz legen kann. Insbesondere ihren trockenen Goldmuskateller, den Weißburgunder und den Grünen Veltliner - Granatenweine für faires Geld!
Ohne Unterlass belagerten die Leute Spyridoulas Stand, verkosteten Olivenöl, Dips aus ihren Gewürzmischungen und Essig-Elixiere und haben eingekauftkauftkauft, als werde ab Montag per Gesetz das Ende des Einzelhandels ausgerufen und man werde fortan niemals nie nie nie mehr etwas zum Essen kaufen können. Dass Spyridoula hervorragende Lebensmittel produziert hat sich längst über den Kreis der Spitzengastronomie hinaus herumgesprochen und ich selbst werde niemals müde werden dies aus Überzeugung in meinem Blog zu erwähnen. Einige Kunden verrieten mir gar, dass sie in erster Linie ihres Olivenöls wegen zur Food&Life gekommen seien ...
Was macht da so komische Geräusche?! Mein Magen oder Spyridoulas Diesel? Sie stellt den Motor vor der Pizzeria da Carmine in der Isarstraße in Regenburg ab. Es ist mein Magen ... Nein, unser beider Mägen knurren im Duett. Warmes Licht fällt aufs Trottoir. Der Laden ist sehr gut besucht, doch erspähe ich noch ein paar freie Tische. Hauptsache der Pizzaofen bullert noch um diese Zeit.
Antonella de Lorenzis, Tochter des Hauses, nimmt uns mit charmantem Lächeln in Empfang und offeriert uns einen Tisch am Fenster. Von Hausherr Davide de Lorenzis leider keine Spur. Seine Frau Annalisa führt heute gewohnt souverän und freundlich das Regiment. Zwei Drittel der Tische sind besetzt. Das freut, aber wundert mich nicht. Bislang habe ich hier stets sehr gut gegessen. Deswegen bin ich heute wieder hier.
Mi dirscht wiar an Ochsn, deshalb heut ein Hefeweizen. Was die Pizza angeht: keine Experimente! Die Pizza da Carmine mit Saaaaahne satt, frischem Salbei, scharfer Salami und luftgetrocknetem Schinken soll es wieder einmal sein.
Spyridoula ist nach hausgemachter Pasta: Panzerotti mit Spinatfüllung in Salbei-Sahnesauce.
Sie sagt, sie habe dieses Gericht hier schon einmal gegessen und sei damals sehr angetan davon gewesen. Heute allerdings ist dem Koch der Nudelteig deutlich zu dick geraten.
Ich darf probieren. Ich habe selbst schon einen guten Kilometer Pasta mit meinem Kurbelmaschinchen daheim ausgerollt und Pasta aller Art von Hand zubereitet: Ja, dieser Teig ist zu dick und die Panzerotti auch nicht lange genug gekocht worden. Zu viel Biss, da braucht uns beiden keiner etwas anderes erzählen. Zudem wurden die Panzerotti nicht gründlich genug abgetropft. In der Folge verwässert das Kochwasser die ansonsten göttliche Soße mehr, als es Spyridoula und auch mir vertretbar scheint. Die Füllung der Panzerotti ist allerdings hervorragend. So muss Spinat schmecken! Nach Spinat nämlich. Das ist die Kunst, die alle regionalen Küchen des Stiefels beherrschen: Lebensmittel hervorragender Qualität nach sich selbst schmecken zu lassen.
Meine Pizza da Carmine schmeckt mir so gut, wie sie mir noch nie geschmeckt hat.
Mag sein, dass das auch meinem Kohldampf geschuldet ist, aber alleine die Qualität der Salami und des Schinkens ist nicht von dieser Welt. Und das in einer Pizzeria in Regensburg-Reinhausen. Der Boden perfekt: dünn, crispy wo er es sein soll. Wenig Rand, viel Leinwand für Sahne und Salbei. Wow! Leider geil!
Ich werde mich beim Gehen beim Pizzaiolo Antonio Patera, der gerade, etwas abseits sitzend, sein verdientes Abendessen einnimmt, persönlich bedanken und ihm meine Anerkennung für diese Meisterleistung aussprechen. Familie de Lorenzis hat großes Glück, einen Könner dieses Kalibers am Pizzaofen zu haben. Meine persönliche Meinung, dass es hier die beste Pizza der Stadt gibt (aber ich kenne keineswegs alle!), wurde heute einmal mehr bestätigt.
Der Griechin ist nach einem hausgemachten Tartuffo-Eis mit Schokokern und Pistazienmantel. Mir würde an sich der sehr gute Espresso genügen, doch die Chefin serviert uns das mächtige Dessert mit zwei Löffeln ...
Für eine Person ist dieses Dessert fast zu üppig, so dass ich mich gerne erbarme und wir uns den Teller teilen. Schöne Sache, opulent ausdekoriert, aber nicht von der Weltklasse der Pizza. Kann man sich als bekennender Süßschnabel mit großem Nachspeiseglust aber auf jeden Fall bestellen.
Fazit: Wenn der Pastateig der Panzerotti (diesmal) nicht zu dick, in der Folge deren Biss zu hart ausgefallen und deren Salbei-Sahne-Soße nicht verwässert gewesen wäre, gäbe ich durchweg Bestnoten. So diesmal eine 2- fürs Dessert und jeweils eine 1 für die vorzügliche Pizza da Carmine, den freundlichen Service und die familiäre Atmosphäre.
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