Donnerstag, 3. März 2016

Im Gasthof Röhrl "Zum Schwarzen Adler" in Pfakofen

An einem gewöhnlichen Sonntagmittag geht es im beschaulichen Dorf Pfakofen, etwa 20 Kilometer südlich von Regensburg, zwischen Hagelstadt und Aufhausen gelegen, zu, als wäre Kirchweihsonntag.

Wir haben für sechs Personen für zwölf Uhr mittags reserviert und das erweist sich als dringend nötig, denn obwohl der Gasthof Röhrl über jede Menge Stuben, Stüberln, kleine und große Säle verfügt: Der Parkplatz ist proppenvoll, die Gastzimmer auch. Von außen her und was Entrée und Empfang durch das Servicepersonal betrifft, macht das Lokal einen sehr guten Eindruck.

Der sollte sich aber binnen einer Minute leider relativieren, denn offenbar war man auf uns trotz Reservierung nicht vorbereitet ... Hastig wurde ein Tisch - ausreichend groß für bestenfalls vier schmale Personen - für sechs Personen eingedeckt. Leider in wenig mehr als vierzig Zentimetern Abstand neben dem Tisch, an dem eine zünftige Herrenrunde hinter einer Batterie von Weizengläsern lautstark Schafkopfkarten drosch ...
von Robert Bock

Ja, ich weiß: Das gehört sich so in einem Landwirtshaus: Nach der Kirche begeben sich am Sonntag der Feuerwehrkomandant, die örtlichen Funktionäre der Raiffeisenbank und der Baywa in Personalunion mit dem Ortsvorstand der CSU und dem verhuscht dreinblickenden Alibi-Sozialdemokraten des Gemeinderats zum Frühschoppen. Wem das nicht gefällt, sollte bairische Gasthöfe wohl eher meiden ...

Wäre es irgendeine "Boazn", in der wir eingekehrt wären, würde ich das jederzeit akzeptieren - nicht jedoch in einem Restaurantbetrieb mit Anspruch auf erstklassige baierische Landhausküche, hochdekorierten Jungköchen und Küchenmeister Anton Röhrl als Chef, der unter anderem in Sternelokalen wie der Residenz Heinz Winkler in Aschau im Chiemgau seine Profession gelernt und perfektioniert hat.

So interveniere ich also beim Service ... Die Chefin - Claudia Röhrl höchstpersönlich - nimmt sich meines Anliegens an und beschafft uns binnen weniger Minuten einen größeren Tisch mit ausreichend Distanz zur Schafkopfrunde, damit die Damen unserer sechsköpfigen Runde nicht im Sekundentakt vor Schreck zusammenzucken, wenn die Kartler im Eifer des Gefechts ihre Kinderstube außer Acht lassen...

Wir ordern neben einer großen Flasche stillen Wassers  (3,30 EUR - sehr fair bepreist!) eine Flasche Silvaner Sommerhauser Ölspiel Kabinett, Weingut Steinmann, zu 12,50 EUR. Ein Winzer-Wein mit Prädikat zu so einem fairen Preis: Das ist doch ein Wort ...

Generell sind die Flaschenweine hier so bepreist, dass man sich gerne ein ganzes Fläschchen leistet. Hier keine Abzocke mit drei- und vierfachem Kalkulationszuschlag, hier offensichtlich selten Spesenritterei auf Kosten des Steuerzahlers oder des Arbeitsgebers seitens der Gästeschaft.

Dass dann aber - ohne jeden Hinweis des Service weshalb - ein völlig anderer Silvaner - Muschelkalk von der Winzergemeinschaft Franken im Bocksbeutelweinkühler steht, das befremdet. Zumindest jemanden wie mich, dem es absolut nicht wurscht ist, welcher Wein sich im Glas befindet.

Grundsätzlich ist es durchaus kein Problem, sollte ein Wein von der Karte gerade nicht verfügbar sein - aber dann sollte der Service zumindest vorab den Gast fragen, ob es Recht sei, wenn man ihm einen adäquaten Ersatz stattdessen servierte. Der Muschelkalk-Silvaner erwies sich aber - zum Glück für den "Schwarzen Adler" - als durchaus feines Tröpfchen, wenngleich kein Prädikatswein - also anders, als der auf der Karte ausgelobte Wein, kein Kabinett und kein Winzer-, sondern ein Genossenschaftswein (gerade die fränkischen Genossenschaften fallen qualitativ leider oft gegen die Winzer der jeweiligen Region ab) den man u.a. auch in der hiesigen Metro erwerben kann. Die Gläser? Recht gute Gläser von Schott/Zwiesel. Daran gibt's nichts zu kritisieren.

Die sonntägliche Tageskarte - die einzige Speisekarte, die wir zu Gesicht bekommen - zeigt sich mit drei Vorspeisen, etwa zehn Hauptspeisen und einer kleinen Handvoll Desserts sehr ansprechend und überlegt zusammengestellt. Sie passt auf ein großzügig layoutetes, beidseitig bedrucktes Blatt Papier. Mehr muss nicht sein und man muss und kann nicht jedem heiklen Gast nach dem Mund kochen - nein! Wer hier nichts findet, hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weder Hunger noch Appetit und soll sich bittschön schleichen.  

Vegane Gerichte Fehlanzeige: Dafür gebührt dem Gasthof Röhrl ein Sonderlob: Diesen Bullshit mitzumachen zeugte von einem Kniefall vor der ernährungsphysiologischen Ahnungslosigkeit einer verqueren und verquasten Pseudo-Religion, die sich vehement gegen die faktische Evolution des Menschen und seines Stoffwechsels stellt. Jedes Lebenwesen hat meines Erachtens Anrecht auf eine artgerechte Ernährung - die des Menschen ist omnivor. Das bedeutet, dass man nicht entweder tierische ODER pflanzliche Nahrung zu sich nehmen muss, will man auf Dauer gesund bleiben, sondern sowohl als auch.

Zum Spektrum der Speisen: Vom Spanferkelbraten über Skrei (klingt zwei Euronen pro Portion edler als Kabeljau, um den es sich de facto handelt ...), Hirschbraten, glasierten Kalbsspitz und Bauernente mit zweierlei Knödel und Blaukraut bis hin zum Zwiebelrostbraten mit Kartoffelgratin und Rotweinzwiebeln - reicht die Bandbreite: Allesamt sehr schön zu lesende Gerichte.

Ich entscheide mich zum Entré für eine Oberpfälzer Hochzeitssuppe zu 4,50 EUR.

Ein Volltreffer für Freunde klassischer Suppen auf Basis von Zeit, Liebe, Rindsknochen und Rindfleisch.


Herrlich von Farbe und Geschmack die Brühe, hinreissend alle drei Einlagen, die jeweils in doppelter Ausfertigung in der Suppentasse schwimmen: Pfannkuchenrollen mit Brät gefüllt, Griesnockerln, Lebernockerln - jede Einlage für sich eigentlich einen eigenen Absatz wert, zusammen mit der Brühe und den Schnittlauchröllchen obenauf die perfekte Suppe als Auftakt eines Hochzeitsmenüs ... Ich fürchte nur das: Die Braut wird lang üben müssen, um ihrem Gatten so eine hervorragende Suppe auftischen zu können. Großes Lob an Anton Röhrl und sein Team in der Küche für diese wunderbare Oberpfälzer Hochzeitssuppe: Handwerkskunst in Vollendung!

Madame hat zur Vorspeise Lust auf Kürbisravioli mit Kürbiscreme, Amarettini und allerlei leckerem Gedöns dessen genauer Bezeichnung ich mich leider nicht mehr en detail entsinne.

Madame läßt ausrichten: Ausgezeichnet! Ich darf probieren und schließe mich ihrer Einschätzung an. Insbesondere die bittersüße Mandelnote von den in brauner Butter schwimmenden Amarattini-Bröseln kontrastierten nachgerade begeisternd mit den Ravioli und ihrer Kürbisfüllung.
Für 8,50 EUR zudem eine anständig große Portion für eine Vorspeise dieser Klasse. Anderswo zahlt man für Vergleichbares locker und geschmeidig 13-15 EUR und ob sie besser schmecken werden - ja: können! - stelle ich in Abrede.

Hauptgang: Madame und ich bestellen uns jeweils einen Klassiker: Zwiebelrostbraten. Die Dame vom Service vergisst nicht, explizit den präferierten Gargrad zu erfragen - gelernt ist gelernt.

Ich bestelle Medium, Madame Englisch. In beiden Fällen wurde der Gargrad auf den Punkt getroffen.

Da kann sich der selbsternannte "Mister Meat" im Kreutzers in Regensburg eine dicke Scheibe Roastbeef abschneiden. Bei Herrn Röhrl kann man auf dem Teller, an Zunge und Gaumen erfahren, wie man ein Stück Rindfleisch mit Achtsamkeit behandelt, statt es zu verhunzen. Welch ein Kontrast unser beider Momentaufnahmen hier und dort ...

Die Fleischqualität - generell alle Fleischgerichte an unserem Tisch betreffend - ist im Gasthof Röhrl: Ausgezeichnet! Ein so gut abgehangenes, würziges und zartes Stück Roastbeef ist uns lange nicht mehr untergekommen. Chapeau! Und dabei war auf der Karte nicht einmal von mundgestreicheltem Dry-Aged-Kobe-Beef-Blubb-Blubb-Blubb die Rede ...

Das Kartoffelgratin sucht weit und breit einen Rivalen. Die Uni-Mensa (jawohl!) mit ihrer Küche der späten 1980er Jahren ist und bleibt aber, was Gratin dauphinois angeht, nach wie vor meine persönliche Referenz. Auch die Portionsgröße dieser Beilage: Sehr schön!

Schade, dass bei den drei Zwiebelrostbraten an unserem Tisch optisch gravierende Unterschiede auffielen: Madame hatte neben ihrem glasierten Gemüsen (perfekt im Biss!) ein paar Rote-Beete-Chips. Die fehlten auf meinem und auch auf dem dritten Teller komplett. Das sollte nicht vorkommen.

Auch die Menge der Sauce - eine ausgezeichnete, handwerklich blitzsauber gezogene Rostbratensauce! - differierte von Teller zu Teller in der Menge erheblich. Schade, schade - auch das sollte Profis nicht passieren.

Da haben wohl am Pass zwei Leute - Küche und Service - ihr Mittagsschläfchen zur falschen Zeit gehalten: Nämlich, als ausgerechnet wir zu Gast waren und solche Unzulänglichkeiten nüchtern unserer werten Leserschaft zur Kenntnis geben.

Ich vergaß zu erwähnen, dass dieser Zwiebelrostbraten für 15,50 EUR käuflich zu erwerben ist. Das ist gemessen an der Qualität der Zutaten und Machart ein fairer Preis.

Hab ich den Beilagensalat erwähnt? Nein? Wie konnte ich bloß diesen ausgezeichneten Beilagensalat vergessen? Kartoffel-, Kraut- und Karottensalat, darüber knackige Blattsalate und ein Spitzendressing, Blatt für Blatt gut nappiert, dann angerichtet.

So und nicht anders stelle ich mir so ein Salätchen vor. Da steckt Können, Arbeit und Liebe in so einem guten Beilagensalat und das wird meines Erachtens viel zu selten gewürdigt! Großes Lob für diese  scheinbare Kleinigkeit!

Unsere Tischgenossen waren mit ihren Hauptgerichten sehr zufrieden: Bauernente mit zweierlei Knödeln und Blaukraut (15 EUR) - ich durfte probieren: die zarteste Ente, die ich seit langem gegessen habe und die Sauce ein Gedicht -, glasierter Kalbsspitz (15 EUR) und ein Hirschbraten (14,50 EUR). Ordentliche Portionen und ein jeweils sehr angemessener Preis. Probiert habe ich nicht - deswegen keine Einlassungen zu diesen beiden Gerichten.

Dessert heute keines - wir hatten reichlich Cupcakes beim Törtchen in Neutraubling eingekauft: für die nachmittägliche Kaffeerunde bei uns daheim.

Der Vollständigkeit halber: Die Toiletten sind blitzsauber, geschmackvoll und stimmig dekoriert und damit erstklassige Visitenkarten dieses Lokals.

Angesichts des fairen Preisniveaus bei sehr, sehr guter Landgasthofküche, macht der Sonntagmittag auch mit einer größeren Familie durchaus noch Spaß, wenn die Rechnung präsentiert wird. Diese ging der Service - von sich aus - Position für Position nochmal mit uns durch: vorbildlich auch das.

Fazit: Hier kann man wieder her - nächstes Mal nicht an einem Sonntagmittag, beschließen Madame und ich. Vielleicht fallen dann die beschriebenen Unzulänglichkeiten von Küche und Service nicht an, die wir heute, der Chronistenpflicht Genüge tuend, notieren mussten und das Erlebnis wird beim Wiederholungsbesuch ein kugelrundes.


2 Kommentare:

  1. Der Bericht deckt sich, wie so oft, mit meinen Erfahrungen.

    Nach meinen Geschmack ließe sich die Fleischqualität noch verbessern, vielleicht hatten wir einfach nur etwas Pech, ansonsten waren wir aber sehr zufrieden.
    Wir waren auch an einem Sonntag, hatten servicetechnisch keinerlei Problem, aber es ist natürlich hektischer als an anderen Tagen.

    Was mir allerdings aufstößt und das bezieht sich auf die Rezensionen im Allgemeinen ist das mittlerweile aggressive Veganer-Bashing. Dafür habe ich kein Verständnis. In meinem Bekanntenkreis habe ich zahlreiche Veganer und Vegetarier, von denen allerdings niemand missionarisch unterwegs ist, geschweige denn dies als Quasi-Religion zelebriert. Das mag bei aktuellen Trend-Veganern anders sein, aber auch diesen Eindruck mag ich eigentlich nicht bestätigen.
    Keine Angst, niemand nimmt Ihnen das Fleisch vom Teller nur weil er oder sie andere Wertvorstellungen hat.

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  2. Sehr treffende Kritik Herr Bock!
    Mein Partner und ich waren schon des Öfteren bei den Röhrls zu Gast und sie sollten definitiv die Küche an einem Freitag- oder Samstagabend kosten- nochmal um Einiges besser!!
    Ich persönlich reserviere nur im Stüberl ;)
    Grüße

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