Freitag, 25. Mai 2018

Im Goldenen Hirsch zu Großprüfening

Das Gasthaus Goldener Hirsch in Regensburg-Großprüfening besteche durch seinen bayerischen Charme, lautet das Verspreche an den Gast es auf dessen Homepage.

Alte Kastanienbäume und eine  Linde im Biergarten würden im Sommer zum Beisammensitzen einladen. Außerdem, lese ich, breche Wirt Albert Manglkammer höchstselbst mehrmals pro Woche zum Fischen auf, um die Gäste mit Donaufischgerichten zu verwöhnen.

An Fischgerichten ist mir heute nicht gelegen. Klassische Biergartenbrotzeit und ein gepflegtes Kneitinger-Bier, danach steht mir der Sinn ... Pfingstmontag ist. Die Hitze drückt und geht in feuchte Schwüle über. Über den Köpfen der Biergartenbesucher braut sich finster Ungemach zusammen. Ich hoffe, meine Brotzeit noch zu einem gemütlichen Ende bringen zu können, als ich mich in den Schatten der Kastanien setze.
von Robert Bock
Ich habe, 13 Jahren ist es her, hier bereits einmal im Kellergewölbe gegessen. Ich kann mich daran nicht im Detail erinnern, aber unzufrieden war ich damals nicht. Heute besuche ich erstmals den Biergarten des Goldenen Hirschen.

Strategisch hervorragend liegt der Goldene Hirsch an einer bevorzugten Radfahrerroute Richtung Bad Abbach. Man merkt's an den vielen, oft unvorteilhaft in Presswurstlycra gekleideten Gestalten mit der obligatorisch zerdatschten Helmfrisur, die um mich herum - was sonst - ein Radler zischen, sich eine Brotzeit oder Wiener Schnitzel mit Pommes schmecken lassen. Wer kein Lycra trägt, der steckt in großkarierten Hemden unter kieselfarbigen Westen mit vielen aufgesetzten Taschen und nennt ein E-Bike sein Eigen.

Am späten Nachmittag dürften die meisten Gäste sich auf dem Heimweg von einer längeren Tour befinden. Da schmeckt es doppelt bis dreifach so gut und das schlechte Gewissen der Kalorien wegen hält, angesichts der körperlichen Verausgabung, selbst nach der zweiten Halben, zuverlässig  die Klappe.

Die freundliche Bedienung braucht ein Weilchen, bis sie meiner charmanten Begleiterin und mir endlich die Speisekarte bringt. Zusammen mit  den bestellten Radler-Halben.

Wir haben heute noch nichts Anständiges gegessen, sind uns über die im Goldenen Hirschen zu erwartenden Portionen nicht im Klaren und so bestellen wir zwei Portionen Obatzda und eine Portion Schweizer Wurstsalat. Jeweils annonciert mit Brot vom hiesigen Dorfbackhaus.

Die Küche scheint unterbesetzt heute. Es dauert mir persönlich alles einen Tick zu lang an diesem Pfingstmontag. Vielleicht liegt's am Hunger oder am drohenden Gewitter, dass ich heute so ungeduldig bin.

Der liebevoll auf einem Holzbrettl angerichtete Obazde entschädigt für die Wartezeit.

Die Portion ist im Vergleich zu Anderswo in Regensburg üppig und die Zutaten gut. Sehr viel, obschon nicht richtig reifer Camembert wo anderso billige Füllmasse dominiert.

Fest und stückig ist der Biergartenkäse, aber es fehlt ihm der Bumms: Etwas Schärfe, Cayennepfeffer vielleicht ... Kümmel ... Wo ist der Kümmel?

Schlimm genug, dass kaum ein Wirt mehr Knoblauch im Obazdn einsetzt und sei es nur ein Hauch! Ja, wenn Zwiebeln zum Obazdn serviert werden - hier sehr aromatische, fein gehobelte rote Zwiebeln - dann gibt das, und das weiß man, eine Zwiebelfahne. Und was hilft unschlagbar zuverlässig gegen Selbige ...? Richtig: Knoblauch!

Trotzdem: Dieser Obazde zählt - in Kombination mit dem hervorragenden Sauerteigbrot des Dorfbackhauses! - zu den besten, die ich in Regensburg je gegessen habe. 

Ich kenne natürlich nicht alle Versionen, aber so richtig geil ist er leider nirgends in unserer Gegend, der Obazde. Man orientiert sich zu servil am Gaumen von Preissn und Touristen; verzärtelten Gaumen, die weder Knoblauch noch rassen, überreifen Käse zu schätzen wissen. Dabei ist der Obazde von seiner Entstehungsgeschichte her doch ein Resteessen aus überständigem Käse ... Auch stehen viele zuag'roaste Köche aus dem Osten Deutschlands in Bayerns Küchen, die sich hier an für sie exotischen Gerichten versuchen und zu oft krachend scheitern, weil sie sich geschmacklich am Supermarkt-Obazdn orientieren - womöglich liegt's auch daran?


Der Schweizer Wurstsalat mit Dorfbackhausbrot ist ebenfalls kein Fehlgriff.

Die Portion ist groß, die Wurst hervorragend. Der Käse, naja - ein Plastikpackerl-Emmentaler ohne "Käsigkeit" - gerne hätte ich einen Euro draufgelegt für einen richtig aromatischen Vertreter seiner Art. Schlichte Gerichte atmen ihre Klasse allein aus der Qualität der Zutaten - ist das so schwer zu verstehen, oder warum verinnerlicht sich das in der Gastronomie so schleppend?

Dem Dressing fehlt es an Säure. Ein schöner Schuss eines guten Weiß- oder Rotweinessigs - nicht einer Essig-Essenz-Plörre bitt'schön! - hätte nicht geschadet, um die Interpretation des Golden Hirschen zur Vollendung zu bringen.

Wir verlassen den Goldenen Hirschen satt und durchaus zufrieden. Das Gewitter hat uns verschont, was will man mehr?

Fazit: Unterm Strich war ich zufrieden im Biergarten des Goldenen Hirschen. Das Essen war gut, die Preise, gemessen an der Portionsgröße, zivil, das Ambiente lauschig und schattig. Für den Durchgangsverkehr jenseits der Mauern kann der Wirt nichts.  

Ich spreche daher meinen Leserinnen und Lesern die wohlwollende Empfehlung aus, dem Biergarten des Goldenen Hirschen eine Chance zu geben.

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