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Der Laden ist klein, sehr klein - eigentlich kein Café, sondern eher ein Cafétscherl. Drei Tischchen, eine ums Eck laufende Sitzbank und eine handvoll bequemer Stühlchen an niedrigen Tischchen; das Ambiente in hellen, freundlichen Farben gehalten, wird dominiert von der kleinen Kuchen-, respektive: Törtchenvitrine, aus der heraus die Schmuckstückchen an Cupcakes, Törtchen und Tartes den nach süßen Sünden darbenden Kunden anlachen, ihm zuflüstern: Nun komm schon ... Hör nicht auf die Stimmen in deinem Kopf, die dir etwas von "Sünde" und "Kalorien" weißmachen wollen .... Probier uns ... Und bist du willig, so steigen wir sogar fesch verpackt zu dir in den Wagen und begleiten dich nach Hause ... Dort darfst du uns dann von unseren papiernen Plissee-Röckchen befreien und genau das machen, was du von Anfang an mit uns machen wolltest: uns vernaschen ...
von Robert Bock
Bitte beachten:Sämtliche Posts stellen persönliche und höchst subjektive Meinungsbilder des jeweiligen Verfassers dar und sind auf keinen Fall verallgemeinerbar. Das Recht zu sachlicher Kritik ergibt sich aus dem im Artikel 5 des Grundgesetzes verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung - auch wenn negative Kritik manchmal sehr unliebsam sein kann. Gastronomen, Küchenpersonal und Servicekräfte sind wie die Gäste Menschen und haben gute und schlechte Tage im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Jede Kritik ist also eine lediglich subjektive Momentaufnahme: Was heute schlecht war, kann morgen gut sei und umgekehrt. Die Verfasser der Beiträge dieses Blogs bemühen sich um Konstruktivität, um Gastronomen zu helfen, kontinuierliche Verbesserungsprozesse zu initiieren und für potenzielle Gäste die Markttransparenz zu verbessern.
Die drei InhaberInnen des "Törtchens" beschreiben ihr kleines Café auf ihrer Facebook-Seite so:
"Ein feines Cafe, in dem man leckere Cupcakes, Tartes, kleine Kuchen und besonderen Kaffee genießen oder mitnehmen kann. Vorwiegend regionale Produkte. -- Wir möchten unsere Gäste (...) verwöhnen. Für die Kaffeespezialitäten haben wir zwei Sorten Bohnen. Unser Motto: Lieber kleiner, dafür mehr Vielfalt."
Wer nun die überaus freundliche Dame war - war es Britta, war es Daniela? - die am Tag meiner Visite dafür sorgte, dass es den Gästen wohl erging, weiß ich leider nicht; der bärtige Stefan jedoch, dem niemand auf offener Straße seine Leidenschaft für filigrane Zuckerbäckerei ankennte, war schwer beschäftigt im Herzen der Törtchenmacherei für filigran gestalteten Nachschub zu sorgen, derweil sein Herr Papa - stolz wie Oskar auf den Sohnemann, dessen Kunst und seinen schmucken Laden - genüsslich einen Kaffee trank.
Parken? Kein Problem: entlang der Schlesischen Straße viele freie kostenlose Parkbuchten; zwei Stunden mit Parkscheibe. Ich orderte einen Cappucino, im Nachgang einen Cafè Crema: Der Kaffee ausgesprochen schmackhaft und von runder, harmonischer Qualität. Der liefernde Röster versteht etwas von seinem Handwerk, unbestreitbar. Der Cappucino hätte allerdings heißer serviert werden können. Vermutlich lag es an nicht hinreichend erwärmter Milch. Ein Detailproblem, das sich beheben lassen sollte und vielleicht nur mich betraf ...
Die Uhr zeigte etwa Halbzwölf, ich hatte an diesem Tag noch nichts gegessen und legte mir von Angesicht zu Angesicht mit der verführerischen Auswahl an süßen Schweinereien meine Strategie zurecht: Ich fang mal mit der Schokotarte (EUR 2,40) an, dann sehen ich weiter ... Wenn du die Götter zum lachen bringen willst, erzähl ihnen von deinen Plänen: Spektakulär sättigend, sah diese Tarte nun nicht gerade aus, aber die beiden wundervoll zähcremigen Schokoladenschichten in Weiß und Dunkelbraun auf ihrem ausgezeichnet gebackenen Boden gebettet, hatten es in sich ... Sehr schön dazu - und passend zur Saison - die halbe Erdbeere als essbare Dekoration. Der Rest war geniessendes Schweigen: Eine Schokotarte zum Niederknien - großes Lob an wen auch immer von den Dreien, der sie mit spürbarer Liebe und handwerklichem Können so hingezaubert hat. Feinste weiße und dunkle Schokoladen, reichlich Sahne, hochwertige Zutaten - das schmeckt man Gäbelchen für Gäbelchen. An sich hatte ich vor, mir im Anschluß noch ein Törtchen oder einen Cup-Cake einzuverleiben. Die Auswahl war groß: grob überschlägig zehn allesamt schön anzuschauende Varietäten. Der Geist war willig, doch das Fleisch war satt: Die Schokoladentarte war einfach zu mächtig, selbst für ein Mannsbild wie mich. Kein Platz, nicht mal für ein noch so filigranes Teilchen ...
Kein Problem: Plan B. Zwei Cup-Cakes zu je EUR 2,40 wurden mir eingepackt in eine transportsichere Schachtel - und ich kutschierte flugs im klimatisierten Auto nach Hause, damit die guten Stücke bis zum Abend in der vom Schöpfer intendierten Facon überlebten: Ein Schoko-Cupcake und ein solcher in der Version: Heidelbeer-Zitrone. Madame sollte schließlich auch was von meiner Stipvisite im "Törtchen" haben ...
Was soll ich sagen? Schaut sie Euch an, die beiden Hübschen: Vom Schoko-Teil hab ich nur ein Viertel erwischt - Madame war schnell und zielstrebig ... Jedoch dieses Viertel war schokoladig wie bei anderen Läden ein ganzer Cup-Cake schokoladig ist. Die Heidelbeer-Zitronen-Variante, ich schaffte es die Hälfte zu verteidigen, war schön saftig geraten, fruchtig, die Buttercreme tatsächlich buttrig mit Buttermilch- oder Jogurtnoten, Madame und ich konnten uns nicht einigen. Schön mild und keineswegs aufdringlich: die Säure der Zitrone ... Tiptop. An sich sind Cup-Cakes nicht mein Fall, ich stehe eher auf klassische Torten und Kuchen, aber diese beiden Dinger ließen mich erstmals nachvollziehen, warum andere Menschen regelrecht vernarrt in dieses Kleinzeug sind.
Törtchen, Cup-Cakes, Tartes: Wer auf Konditoreiwaren dieser Art steht, wird im "Törtchen" ausgezeichnet bedient. Die Schmuckstücke bieten sich auch zum Mitnehmen und verschenken an. Die Verpackung ist zweckmäßig und stabil, allerdings würde ich mir - und dies mein konstruktiver Vorschlag - eine wahlweise Alternative hierzu wünschen, die ohne Kunststoffsichtfenster auskäme und aus recycleten Karton gemacht wäre. Aus Gründen der Nachhaltigkeit; Verbundverpackungen sind ökologisch suboptimal ... Eine wachsende Zahl von Menschen weiß solche Details möglicherweise zu schätzen und mir persönlich hätte heute eine schmucklose, aber zweckmäßige und ökologisch vorbildliche Verpackung vollauf genügt.
Der Raum zum Verweilen ist leider knapp und beengt im "Törtchen"; ein vertrauliches Gespräch schwer möglich; die niedrigen Tischchen für große Menschen auch nicht sehr bequem. Hier punktet im Vergleich das Kaffee Herzerl in Ramspau bei mir deutlich, wobei die beiden Cafés konzeptionell nicht wirklich vergleichbar sind und jedes in seiner Art ein Unikat. Zwar führt auch Isolde Beckler in ihrem Wochenend-Café im Regental Cup-Cakes, doch dominieren in ihrem Sortiment die klassischen Torten und Kuchen - auch was ich dort probiert habe, war vom Feinsten. Auch das Ambiente beider Lokalitäten könnte vom Stil her nicht unterschiedlicher sein; Geschmacksache.
Der Kaffee zum Mitnehmen im "Törtchen" (wie überall stammt er von den Plantagen der Kaffeegroßmacht Togo ;) ) wird in Pappbechern mit Wellpappenummantelung verkauft - prima Sache, denn man vebrennt sich nicht so leicht die Finger. Die Preise für die Kaffeespezialitäten bewegen sich am unteren Rand des Üblichen: Daumen hoch.
Die süßen Sünden liegen (meiner Erinnerung nach) preislich zwischen 2,20 und 2,40 EUR. Soviel verlangt McCafé auch - aber bitte, bitte: vergliche man die Qualität der Produkte beider Anbieter, muteten die Leckereien vom "Törtchen" nahezu geschenkt an. Hier Industrie, dort Liebe: Man schmeckt die Leidenschaft, das Herzblut, das die Inhaber des "Törtchen" antreibt und es bleibt zu hoffen, dass sie der Zauber, der laut Hermann Hesse jedem Anfang innewohne, lange tragen möge ...
Auf längere Sicht wird es ohne einen größeren Gastraum wohl ökonomisch herausfordernd, eine für drei Personen tragfähige Existenz zu etablieren, jedoch täusche ich mich in dieser Hinsicht ex ante gerne. Von der Qualität der Produkte her, sollte das Unternehmen "Törtchen" es meines Erachtens packen können. Wenn der Rausch des Neuen bei Betreibern und Gästen abgeebbt sein wird, wenn die "Mühen der Ebene" anstehen, von denen Bertold Brecht einst sprach, wird sich zeigen, wohin die Reise führen wird ...
Fazit: Nördlich Regensburgs das Kaffee Herzerl in Ramspau - im Südosten das "Törtchen" in Neutraubling: zwei charmante, inhabergeführte Cafés, deren Besuch ich jedem Liebhaber süßer Schweinereien nur ans Herz legen kann.
Danke für den tollen, anschaulichen (Erlebnis-)Bericht. Was mich noch interessiert: Kommen die Kaffeederivate im Törtchen aus dem Vollautomaten oder leistet sich das kleine Café eine professionelle Espressomaschine?
AntwortenLöschenBoah ... gute Frage. Ich meine es war ein Vollautomat, aber neige in Demut mein Haupt, wenn dem nicht so ist.
LöschenHallo Anonym, wir haben zum Start einen Vollautomaten gekauft, da wir ursprünglich keine Sitzplätze geplant hatten. Doch der Platz reicht nun doch für eine kleine Zahl an Plätzen.
LöschenDank der guten Bohnen und der pingeligen Einstellarbeiten an der Maschine sind wir selbst sehr zufrieden mit der ausgegebenen Qualität. Das Cappuccino-Wärme-Problem ergibt sich leider aus der stark gekühlten Milch, da wir nicht einfach ein Tetra-Pack neben die Maschine stellen wollten und gerade bei diesen Temperaturen ungekühlt eher Quark als Milchschaum in die Tasse laufen würde.
Eine Siebträgermaschine für noch mehr Kaffeegenuss ist für die Zukunft geplant, aber noch nicht im Budget.
Liebe Grüße
von Britta & Stefan aus dem Törtchen