Τὰ πάντα ῥεῖ +++ Persönliche und höchst subjektive Erfahrungswerte als Gast von gastronomischen Betrieben und Events in und um Regensburg und sonstwo in der weiten Welt +++ Über schöne Weine, besondere Biere und die Menschen, die sie schaffen +++ Konstruktive Kritik +++ Nicht-kommerziell und nur Esskultur und gutem Geschmack verpflichtet +++ Ein Blog von Robert Bock
Sonntag, 14. Mai 2017
Verkostungsnotiz (11): Big Bang White & Big Bang Pink | Deutscher Wein | Big Bang Winemaking GmbH | Bullenheim | Franken
Wie? Was? WEIN?!? Jawohl: 100% Wein 100% Vegan und 100% Naturtrüb. Geiler Wein aus Bullenheim!
So verspricht es dieses gegen den Strich gebürstete Produkt vier junger Leute aus dem Mittelfränkischen Weinparadies, der dem Steigerwald als Weinbauregion zurechnet. Julia Dürr-Döppert, Markus Meier und Lukas Schmidt sind Jungwinzer, die dabei sind, die Familienbetriebe zu entern. Der vierte im Bunde heißt Sayed Barsim und ist Sommelier.
Entsprungen ist die Idee des Quartetts einem Schülerprojekt von 20 Meister-und Technikern für Weinbau und Önologie an der bayerischen Landesanstalt für Wein-und Gartenbau in Veitshöchheim - nun wollen sie neue Marktsegmente für Wein begeistern.
Nichts ist 13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall an den Big-Bang-Weinen so, wie man es gewohnt ist - mit Ausnahme des Weins. Zylindrische 250 ml Flaschen - oder sollte man Flacons dazu sagen? -, die die Macher als "Rettungskapseln" bezeichnen, grelle Etiketten und ein griffiger junger Claim:
"Take it! Shake it! Drink it! - Das Schütteln aktiviert die Rettungskapsel. Unkomplizierter Genuss - ganz ohne Glas. Big Bang - die lässige Art Wein zu trinken."
von Robert Bock
Unumwunden zugegeben: Zur Zielgruppe dieser beiden Weine zähle ich mich nicht. Erstens zu alt und zweitens in Sachen Wein zu wertkonservativ.
Aber ich habe in meinem Beruf tagtäglich mit jungen Leuten zu tun, die ich mir zur Zielgruppe zugehörig vorstellen kann ... Sommerfest auf dem Campus der Uni und OTH Regensburg? Die einen nuckeln an ihrem Pils oder Craft Beer, die anderen wissen nicht wohin mit ihrem hauchzarten, mundgeblasenem Weinglas? Da kommt so ein gut in der Hand liegendes Fläschchen womöglich gerade Recht ...
Dem guten Lukas Schmidt seien diese Craft-Beer-Heinis schön langsam auf den Sack gegangen, hat er er in einem Interview verraten. Wo kämen wir auch hin, wenn die Bierbrauer den Winzern Mainfrankens auf ihrem eigenen Terrain die jungen Zielgruppen abspenstig machten?
Ich hab beide Weine "nach Bedienungsanleitung" aus der Flasche probiert - es schadet meinem Empfinden nach dem Geschmackseindruck, drum bleibe ich für die Verkostung beim Glas.
Soll er zeigen, was er kann, dieser Big Bang. 4,49 EUR soll dem Endverbraucher ein Fläschchen kosten. Das läuft auf ambitionierte 17,96 EUR/Liter hinaus. Dafür bekommt man in herkömmlichen Flaschen richtig, richtig guten Wein. Wer den allerdings aus der Flasche trinkt, setzt sich dem Verdacht aus ein Prolet mit Alkoholproblem zu sein ...
Meine Verkostungsnotizen:
Big Bang White | Deutscher Wein | Weißweincuvee | Big Bang Winemaking GmbH | Bullenheim | Franken
10,5% Alc., 250ml Schraubverschluss
Im Glas (Spiegelau Authentis Weißweinkelch): Trüb, weiße Gummibärchen
Nase: Pampelmuse
Zunge & Gaumen: Holunderblüten, Zitrusfrüchte, weiße Johannisbeeren | mineralisch, kein Moussieren, trocken
Big Bang Pink | Deutscher Wein | Rotling | Big Bang Winemaking GmbH | Bullenheim | Franken
10,5% Alc., 250ml Schraubverschluss
Glas: Rosarot, trüb
Nase: Erdbeeren, Erdbeerkonfitüre
Zunge & Gaumen: Sauerkirschen, Zitrusfrüchte | samtig, trocken aber fruchtig
Fazit: Nein, entgegen meiner Befürchtung sind beide Varianten zwar nicht sonderlich frisch auf der Zunge, aber trockene Wein mit jeweils schmalem aber relativ leicht zu dechiffrierendem Fruchtaromenmuster. Gut, dass es sich um keinen lieblichen Ausbau handelt. ich weiß nicht, ob das je zur Debatte stand.
In der Nase tut sich meiner Meinung nach in beiden Varianten zu wenig, der Mundeindruck ist jedoch factettenreicher. Das wiederum könnte Weinanfänger durchaus auf den Geschmack bringen. Welcher Weinhaudegen erinnert sich nicht dieses Erfolgs-, ja Erweckungserlebnisses, als er zum ersten Mal glasklar die Aromen eines Weines erkannt und treffend beschrieben hat ...?
Ich bin gespannt, wie Big Bang einschlägt. Den vier jungen Leuten ist ein Erfolg zu gönnen. Jeder junge Mensch, der auf diesem Weg dem Thema Wein ein Schlückchen näher kommt und sich von Alcopops und harten Spirituosen verabschiedet, ist ein Gewinn für die Zukunft der deutschen Weinkultur - selbst wenn so mancher Weinfreund beim Anblick dieser frechen Fläschchen eher an deren Untergang glauben mag ...
Viel Glück und Erfolg, Julia, Lukas, Markus und Sayed! Verliert nie den Glauben an Euch und Euer Konzept!
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